Finanzmarktkrise erhitzt weiter die Gemüter

Ruf nach neuen Regeln hält an

Die Debatte über Konsequenzen aus der weltweiten Finanzmarktkrise reißt nicht ab. Zahlreiche Politiker sprachen sich am Donnerstag für schärfere Spielregeln aus. Staatliche Eingriffe wurden allerdings erneut mehrheitlich abgelehnt.

 (DR)

Dies hatte Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann zu Wochenbeginn gefordert, seine Aussagen nun allerdings relativiert. Unterdessen gaben das Kreditinstitut IKB und der Versicherungs- und Finanzdienstleistungskonzern Allianz weitere Abschreibungen bekannt.

Die jetzige Situation zeige, dass der Jagd nach "irrsinnig hohen Profiten" auch "irrsinnig hohe Risiken" gegenüberstünden, sagte der frühere Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) im Deutschlandfunk. Er forderte grundlegende Veränderungen der Regeln für den US-Finanzmarkt. Die Ablehnung staatlicher Eingriffe durch die Bundesregierung begrüßte er. Allerdings müsse über neue Eigenkapitalregeln entschieden werden.

Trittin: Bankrott des Neoliberalismus
Der designierte Spitzenkandidat der Grünen für die Bundestagswahl, Jürgen Trittin, sieht in der Krise den "Bankrott des Neoliberalismus". Scharf kritisierte er den Chef der Deutschen Bank. "Jetzt ruft Josef Ackermann nach dem Staat, den er sonst aus allem raushalten will", sagte er der "Berliner Zeitung" (Donnerstagausgabe). "Erst verzocken die Banken das Geld, und jetzt soll der Steuerzahler dafür einstehen. Das ist abenteuerlich."

Ackermann hatte am Montag erklärt, die Selbstheilungskräfte des Marktes allein reichten nicht mehr aus, um die Finanzmarktkrise einzudämmen. In der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (Donnerstagausgabe) relativierte er diese Äußerung nun. Er halte das weltweite Finanzmarktsystem auch ohne staatliche Unterstützung für stabil. Nötig sei aber eine konzertierte Aktion von Regierungen, Notenbanken und Marktteilnehmern, um das Finanzsystem zu stabilisieren und die sozialen Kosten der Krise zu begrenzen. Zugleich bedauerte er, dass er eine "Systemdiskussion zur Rolle des Staates" ausgelöst habe.

Lafontaine: Offensichtlich weiß das Kapital nicht mehr weiter
Für ein Eingreifen des Staates sprach sich allerdings der Vorsitzende der Linkspartei, Oskar Lafontaine, aus. "Offensichtlich weiß das Kapital nicht mehr weiter. Die Banken haben sich so verzockt, dass sie nur noch mit Hilfe des Staates die Krise bewältigen können", sagte er im Deutschlandradio Kultur. Neben der Stabilisierung der Wechselkurse und der Kontrolle des Kapitalverkehrs fordere die Linke stärkere Regeln für die Geschäftsbanken in allen Einzelstaaten, sagte er.

Das Bundesfinanzministerium sieht die Folgen der Finanzkrise für Deutschland indes offenbar gelassen. Bislang habe Deutschland die Turbulenzen der Finanzkrise "vergleichsweise gut abgefedert", sagte Finanzstaatssekretär Thomas Mirow (SPD). Der Aufschwung sei intakt und gehe mit einer starken Beschäftigungsexpansion einher, heißt es im aktuellen Monatsbericht des Ministeriums.

Unterdessen reißen die Hiobsbotschaften aus der deutschen Finanzbranche nicht ab. Die angeschlagene IKB Deutsche Industriebank muss weitere 590 Millionen Euro abschreiben. Sie habe den beabsichtigten Verkauf von Wertpapierpaketen wegen der aktuellen Marktbedingungen ausgesetzt, teilte die Düsseldorfer Mittelstandsbank mit. Auch der Versicherungskonzern Allianz, zu dem auch die Dresdner Bank gehört, erwartet für das erste Quartal dieses Jahres weitere Abschreibungen.