In Köln werden 25 Porträts der Malerin (1876-1907) aus den Jahren 1903-1907 den gut erhaltenen Mumienbildnissen aus der ägyptischen Oase Fayun direkt gegenübergestellt. In den Jahren 100 bis 300 nach Christus angefertigt, wurden die dünnen Holztafeln auf die Gesichter der Toten gelegt und in die Mumien eingebunden.
"Wir sind sehr froh, dass wir diese wertvollen und empfindlichen Arbeiten aus Paris, London und Berlin nach Köln holen konnten. So können wir den Besuchern die auffälligen Parallelen zu den antiken Vorbildern nachweisen", sagte die Kuratorin Julia Friedrich. Angeregte durch die Vorbilder habe sich Modersohn-Becker für das extreme Hochformat entschieden. "Auch betonte sie wie in den historischen Vorlagen die Augen und gab den frontal gezeigten Porträtierten jeweils ein Accessoire in die Hand", erläuterte Friedrich.
Überwiegend schuf Modersohn-Becker Selbstbildnisse, weil sie dabei in der Darstellung der gezeigten Person keine Kompromisse eingehen musste, wie die Kunsthistorikerin betonte. So hatte sich der befreundete Dichter Rainer Maria Rilke nicht sehr angetan von dem Porträt gezeigt, das Modersohn-Becker von ihm gemalt hatte: "Schließlich rasierte er sich sogar den Bart ab, mit dem er auf dem Bild gezeigt wird." Auch diese Arbeit wird in Köln gezeigt.
Während die früh verstorbene Modersohn-Becker zu Lebzeiten nur etwa fünf Bilder verkauft hatte, wurden ihre Werke in den 20er Jahren sehr populär. Die Nationalsozialisten verbannten die Gemälde dann als "Entartete Kunst". In den 50er Jahren wurde Paula Modersohn-Becker als Wegbereiterin des Expressionismus wiederentdeckt.
Die Kölner Ausstellung orientiert sich an der Schau, die im vergangenen Jahr in Bremen anlässlich des 100. Todestages der Künstlerin gezeigt wurde, ergänzt um zwei weitere Gemälde und ein Skizzenbuch.
"köln progressiv 1920 - 33"
Ebenfalls ab Samstag zeigt das Museum Ludwig die Ausstellung "köln progressiv 1920 - 33". Aus einem ursprünglich lockeren Zusammentreffen politisch und künstlerisch Gleichgesinnter hatte sich in den 20er Jahren in Köln die "Gruppe Progressiver Künstler" entwickelt. Mit einer geometrischen Bildsprache und dem reduzierten Realismus spielt die Gruppe eine Sonderrolle in der Geschichte der Moderne. Ihre zentrale Frage sei gewesen, wie Kunst und Politik miteinander zu vereinbaren sind, erläuterte am Freitag Museumsdirektor Kasper König. Ihm sei es ein Anliegen, die bisher zu wenig erkannte außerordentliche Bedeutung der Kölner Progressiven zu verdeutlichen, betonte König.
Die Schau konzentriert sich mit den Arbeiten von Franz Wilhelm Seiwert, Heinrich Hoerle und Gerd Arntz auf drei zentrale Vertreter der Gruppe. Zusammen mit dem eigenen Bestand werden über 50 Gemälde und 90 Papierarbeiten aus internationalen Sammlungen präsentiert.
Beide Ausstellungen werden bis 15. Juni gezeigt. Das Museum Ludwig ist dienstags bis sonntags von 10.00 bis 18.00 Uhr geöffnet.
Von ddp-Korrespondent Markus Peters
Modersohn-Becker-Ausstellung in Köln
Die Offenbarung der Paula
Für die Malerin Paula Modersohn-Becker muss der Besuch im Louvre eine geradezu aufwühlende Erfahrung gewesen sein. "Jetzt fühle ich tief, wie ich an den Köpfen der Antike lernen kann", schrieb sie in ihr Tagebuch, nachdem sie 1903 in Paris erstmals antike Mumienporträts gesehen hatte. Ab Samstag können die Besucher des Kölner Museums Ludwig erleben, wie sehr die historischen Stücke das Spätwerk der Malerin beeinflusst haben.
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