"Das heißt leider nicht, dass die Arbeiten beginnen können", seufzt der franziskanische Verantwortliche für das ökumenische Miteinander an den Heiligen Stätten, Athanasius Macora. Außer den katholischen "Lateinern" haben in der Grabeskirche die Griechisch-Orthodoxen und die Armenier viel zu sagen - Mitspracherechte haben auch Kopten, Syrer und Äthiopier. Die Franziskaner nennen das "multikulturelle Mietshausökumene".
In der Toilettenfrage mussten etwa die Kopten gewonnen werden, unter deren Räumlichkeiten der Abwasserkanal verläuft. Und, wie im Nahen Osten üblich, geht so etwas nicht ohne Feilschen und Handeln - auch nicht am heiligsten Ort der Christenheit. Was für das Okay zur Instandsetzung der Toiletten angeboten wurde, verrät Pater Athanasius nicht. Aber der Amerikaner fürchtet, dass die Geschichte noch nicht ausgestanden ist: Im Orient hätten Abkommen nicht dieselbe Verbindlichkeit wie im Westen. Jetzt gehe es um die Einzelheiten, den kompliziertesten Teil der Verhandlungen.
Die Grabeskirche ist seit Jahrhunderten Aug- und Zankapfel der christlichen Gemeinschaften, die sich und ihren Pilgern am Ort der Auferstehung Zugangsgarantie und Gottesdienste zu sichern versuchten. Zusammen mit der Bethlehemer Geburtsbasilika ist sie die einzige Kirche weltweit, die sich so viele und so unterschiedliche Konfessionen teilen. Widerwillig zwar, aber immerhin.
Einen gewissen Burgfrieden brachte - nach schier endlosem Tauziehen um Besitz und liturgische Rechte unter Beteiligung von Zaren, Kaisern und Königen - das Jahr 1852: Damals entschied der türkische Sultan Abdul Mejid kurzerhand, dass von jetzt an alles so zu bleiben habe, wie es in diesem Moment war: Der Status quo war geboren.
Pech für die Franziskaner, die einst als päpstliche Beauftragte für die Heiligen Stätten in der Heimat Jesu viel weitreichendere Rechte gehabt hatten. Aber zum Zeitpunkt der Fixierung des Status quo hatten die Griechisch-Orthodoxen dank finanzkräftiger Rückendeckung aus Russland einen besseren Stand: In der Grabeskirche gehören ihnen unter anderem die Kreuzigungsstelle und das zentrale Katholikon.
Jede Minute ist heute in der Basilika eingeteilt, jede Lampe, jeder Stein notiert. Starren Stillstand gibt es dennoch nicht. 1960 etwa einigten die Konfessionen sich auf die Restaurierung der einsturzgefährdeten Kuppel. Ein anonymer Spender finanzierte die Arbeiten, die Dank eines diplomatischen Tricks durchgeführt werden konnten: Das Geld wurde in drei Teilen Griechen, Armeniern und Franziskanern übergeben; so war gesichert, dass jeder gleich viel zu den Arbeiten beitrug.
Auch im Alltag geht das Ringen um Details weiter: Als vor Kurzem die Franziskaner eine wackelige Bank im Torbogen gegenüber der Grabeskapelle mit einem Holzbrett stabilisierten, nagelten Griechen und Armenier sofort eine eigene Latte darunter: So demonstriert man in der Grabeskirche Besitzansprüche.
Sechs christliche Gemeinschaften feilschen am "heiligsten Ort der Christenheit" um neue Toiletten
"Es stinkt zum Himmel"
Kurz vor Ostern gab es große Neuigkeiten in der Grabeskirche: ein Abkommen über die Renovierung der Toiletten wurde vereinbart. Erleichterung herrscht vor allem bei den katholischen Franziskanern, denen der Geruch aus der öffentlichen WC-Anlage seit Jahrzehnten eine spezielle Note in die Weihrauchdüfte mischt. Auch die angrenzenden Räume des Klosters sind betroffen, den Bewohnern stinkt es entsetzlich. Nun also, nach zähen Verhandlungen mit den anderen christlichen Gemeinschaften der Grabeskirche, endlich eine Einigung - zumindest auf dem Papier.
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