Bei einem Attentat an einer Rabbinerschule sterben acht Menschen

Trauriger Abend für Jerusalem

Nach Monaten scheinbarer Ruhe ist die Gewalt nach Jerusalem zurückgekehrt: Bei einem Attentat in Jerusalem sind mindestens acht Menschen getötet und bis zu 35 verletzt worden. Ein Attentäter war am Donnerstagabend in eine jüdische Religionsschule eingedrungen und hatte dort mit hunderten Kugeln um sich geschossen. Es war der erste Anschlag in der israelischen Hauptstadt seit einem Jahr.

 (DR)

Der als orthodoxer Jude verkleidete Palästinenser war in die Religionsschule Merkas Harav in der Nähe des Jerusalemer Hauptbahnhofs eingedrungen. Der mit einer Kalaschnikow und einer Pistole bewaffnete Attentäter schoss laut Augenzeugenberichten rund zehn Minuten lang um sich. Ein Offizier der israelischen Armee hörte die Schüsse, eilte zu Hilfe und erschoss den Angreifer. Die Polizei sprach zunächst von zwei Attentätern , revidierte das jedoch später.

Die Talmud-Schule Mercas Harav im Viertel Kirjat Mosche ist ein bekanntes Studienzentrum. Ihr werden enge Verbindungen zur Führung der jüdischen Siedler im Westjordanland nachgesagt. Der Jerusalemer Bürgermeister Uri Lupolianski sprach im Fernsehen von einem "sehr traurigen Abend" für die Stadt: "Viele Menschen wurden im Herzen Jerusalems getötet."

Jubel in Gaza
Nach Bekanntwerden der Bluttat strömten in Gaza tausende Palästinenser auf die Straße. Viele feuerten Freudenschüsse in die Luft. Die radikale Hamas-Organisation, die den Gazastreifen regiert, bekannte sich nicht direkt zu der Tat, erklärte aber: "Wir segnen diese Aktion. Es wird nicht die letzte gewesen sein." Israel hatte erst vor kurzem eine Militäraktion im Gazastreifen beendet, der mehr als 120 Palästinenser zum Opfer gefallen waren, etwa die Hälfte davon Zivilpersonen. Als Grund für die Offensive nannte Israel den andauernden Raketenbeschuss militanter Palästinenser aus dem Gazastreifen heraus auf israelisches Territorium.

Unmittelbar vor dem Attentat waren Vertreter der Hamas und der militanten Palästinenserorganisation Islamischer Heiliger Krieg aus Ägypten von Waffenstillstandsgesprächen zurückgekommen. Bereits dort hatte sich die Hamas unversöhnlich gezeigt. Israel solle alle Militäroperationen im Gazastreifen und im Westjordanland einstellen, forderte Hamas-Sprecher Aiman Taha. Erst dann sei die Hamas zu einer Waffenruhe bereit.
Im Jahr 2007 gab es in Jerusalem keine Anschläge militanter Palästinenser. Die israelischen Sicherheitskräfte haben allerdings erklärt, viele Attentate vereitelt zu haben. Zwischen 2001 und 2004, dem Höhepunkt der israelisch-palästinensischen Kämpfe, war Jerusalem häufig der Schauplatz palästinensischer Anschläge, darunter zahlreiche Selbstmordattentate auf Busse.

Israel kündigt Reaktion an
Die israelische Regierung kündigte ein hartes Vorgehen gegen die Hintermänner an. "Wir werden die Terroristen weiter bekämpfen", sagte Regierungssprecher Arie Mekel. "Die Terroristen versuchen, die Chancen auf Frieden zu töten."

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon verurteilte den "grausamen Angriff". Die anhaltende Gewalt gefährde den politischen Prozess zur Vereinbarung eines dauerhaften Friedensschlusses. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) verurteilte den Anschlag. "Der heutige Anschlag in Jerusalem erfüllt mich mit Entsetzen", sagte Steinmeier in Berlin. "Ich verurteile diesen verbrecherischen Akt auf das Schärfste. Unser Mitgefühl gilt in dieser schweren Stunde den Familien und Angehörigen der Opfer."

Jerusalemer Kirchenführer verurteilen Attentat
Vier Jerusalemer Kirchenführer haben das Attentat in einem gemeinsamen Brief verurteilt. Dieses "traurige und tragische Ereignis" sei Teil der Gewaltspirale, deren Opfer das gesamte Land sei, heißt es in einem an den israelischen Premierminister Ehud Olmert und das Jerusalemer Oberrabbinat gerichteten Schreiben. In einem gleichzeitig veröffentlichten Brief an Palästinenserpräsident Mahmud Abbas gedenken die Kirchenführer der Opfer der aktuellen "Welle der Gewalt im Gazastreifen".

Den Angehörigen aller Opfer des Konflikts sprechen die Kirchenführer ihr Beileid aus. Unterzeichnet sind die beiden am Freitag veröffentlichten Schreiben von dem griechisch-orthodoxen Patriarchen Theophilos III., dem Lateinischen Patriarchen Michel Sabbah, dem armenischen Patriarchen Torkom Manoogian sowie von Franziskanerkustos Pierbattista Pizzaballa.

"Ein Heiliges Land für zwei Völker"
In dem Brief an Olmert fordern die Kirchenführer die politischen und religiösen Führer Israels auf, Wege aus dem "höllischen Kreislauf der Gewalt zu suchen". Juden wie Palästinenser hätten ein Anrecht darauf, in dem Heiligen Land beider Völker in Sicherheit zu leben. Präsident Abbas forderten sie auf, mehr zu unternehmen, um das palästinensische Volk wieder zur Einheit zu führen.