Parlamentswahlen in Spanien - Indirekte Wahlempfehlung der Kirche für Konservative Partei

Eingeschränkte Unparteilichkeit

Am Sonntag wird in Spanien ein neues Parlament gewählt. Umfragen sehen den Ministerpräsidenten und Kandidat der sozialistischen PSOE, José Luis Rodríguez Zapatero, vorne. Sein Herausforderer Mariano Rajoy (PP) wird allerdings von der in Spanien einflussreichen katholischen Kirche indirekt unterstützt, denn die Bischöfe werfen der amtierenden Regierung «radikalen Laizismus» vor. Die Bischofskonferenz hatte vor einem Monat eine «Note vor den allgemeinen Wahlen 2008» herausgegeben, die nur eine Interpretation zuliess: Sie forderte ihre Gläubigen auf, PP zu wählen.

 (DR)

Diese Richtung verfolgt auch der neue Vorsitzende der spanischen Bischofskonferenz, Kardinal Antonio Maria Rouco Varela (71), Erzbischof von Madrid. Er wurde am Dienstag gewählt und löst damit nach nur einer Amtszeit den Bischof von Bilbao, Ricardo Blazquez Perez, ab. Dieser unterlag knapp mit 37 zu 39 Stimmen und wurde zum stellvertretenden Vorsitzenden gewählt. Rouco leitete die spanische Bischofskonferenz bereits zwischen 1999 und 2005.

Üblicherweise erhalten Vorsitzende eine zweite Amtszeit.
Kirchenexperten interpretieren die ungewöhnlich frühe Abwahl von Blazquez als Zeichen des Unmuts über den liberaleren Kurs des Bischofs gegenüber der sozialistischen Regierung von Jose Luis Rodriguez Zapatero. Kardinal Rouco hingegen hatte Teile ihrer Politik in den vergangenen zwei Jahren immer wieder als unchristlich und kirchenfeindlich kritisiert.

Zapatero gratulierte dem Madrider Erzbischof in einem Telegramm zur Wahl und äußerte die Hoffnung auf eine gute und dialogbereite Zusammenarbeit. Der Sprecher der Sozialisten, Jose Blanco, sagte, er hoffe, dass Rouco die katholische Kirche in Spanien unter dem Vorsatz leiten werde, «den Dialog und nicht die Konfrontation zu suchen».

Rouco selbst bot vor dem Parlamentswahlen am Sonntag der künftigen Regierung im «Sinne des Allgemeinwohls» Zusammenarbeit an.

Gefahr für Moralmonopol gefürchtet
In der «Note vor den allgemeinen Wahlen 2008» wurden die Katholiken aufgefordert, solche Parteien und Programme zu unterstützen, «die mit dem Glauben und den Forderungen des christlichen Lebens vereinbar sind». Dazu gehöre «die Verteidigung des Lebens ab dem Moment der Empfängnis» und die Förderung der Familie, «die auf der Ehe zwischen Mann und Frau gründet». Und schliesslich dürfe «eine gerechte Gesellschaft keine Terrororganisation als politischen Gesprächspartner anerkennen».

Der Hinweis auf die Gespräche von Gesandten der Regierung mit der ETA, die von der PP immer als politische Verhandlungen interpretiert worden sind, kam für die Sozialisten am überraschendsten. Zur Antiterrorpolitik äussert sich die katholische Kirche gewöhnlich nicht.

Besonders aber die Ausweitung des Eherechts auf Homosexuelle, die das spanische Parlament im Sommer 2005 gegen die Stimmen der PP beschloss, sind der Kirche ein Dorn im Auge. «Ruchlose Gesetze» wie dieses und die dahinter steckende «Kultur des radikalen Laizismus» führten zur «Auflösung der Demokratie», sagte der Valencianer Kardinal Agustín García-Gasco vor 160'000 Demonstranten «Für die christliche Familie» vor zwei Monaten in Madrid.

Als einen zweiten Schlag nach der Homosexuellenehe empfand Spaniens katholische Kirche die Einführung des Unterrichtsfaches «Erziehung zum Staatsbürger» an den allgemeinbildenden Schulen: Dort sollen die Schüler die Grundlagen des demokratischen Systems kennen lernen und zu toleranten, kritischen Mitgliedern der Gesellschaft erzogen werden. Doch die Kirche sieht ihr Moralmonopol gefährdet.

«Es ist nicht gerecht, künstlich eine Gesellschaft ohne religiöse Bezüge, ohne Dienst an Gott noch Streben nach dem ewigen Leben schaffen zu wollen», schreibt die Bischofskonferenz in ihrer «Note vor den Wahlen».