Zusammenfassung des amnesty-Berichts zur Meinungs- und Pressefreiheit in Russland

Eingeschränkte Freiheit

Anlässlich der Präsidentenwahlen am 2. März 2008 in Russland zeigt sich amnesty international besorgt über die Beschneidung der Rechte auf freie Meinungsäußerung, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit in Russland. Die zunehmenden Einschränkungen der zivilen und politischen Rechte in den vergangenen Jahren treffen sowohl Menschenrechter, unabhängige nichtstaatliche Organisationen (NGOs) und die politische Opposition sowie normale Bürger.

 (DR)

Das Recht auf freie Meinungsäußerung sowie die Rechte auf Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit (die ihrerseits letztlich als spezifische Unterformen des erstgenannten Rechts angesehen werden können) sind fest in internationalen Menschenrechtsverträgen verankert und werden auch durch die russische Verfassung geschützt. Als Unterzeichnerstaat internationaler Menschenrechtsverträge ist Russland verpflichtet, diese Rechte zu fördern, zu schützen und sicherzustellen, dass sie für alle Menschen in Russland gewährleistet sind.

Dennoch schränkt Russland diese drei Rechte immer weiter ein. In den vergangenen Jahren erließ die Regierung vage formulierte Gesetze, die eine willkürliche Auslegung erlauben und ur Beschneidung der Grundrechte beitragen. Schon die Existenz dieser Gesetze wirkt sich einschränkend auf das Recht auf freie Meinungsäußerung aus. Die russischen Behörden nutzen Gesetze wie das über NGOs, um Druck auf Menschenrechtsverteidiger und all jene auszuüben, die regierungskritische Ansichten vertreten. Nach Ansicht von amnesty international hat dieses Vorgehen schwerwiegende Auswirkungen auf die gesamte Zivilgesellschaft. Denn das Recht auf freie Meinungsäußerung ist unersetzlicher Bestandteil jeder Zivilgesellschaft und ein wichtiger Schutzfaktor für andere grundlegende Menschenrechte.

Für kritische Äußerungen sowie unabhängige Medien und Organisationen gibt es in Russland immer weniger Raum. Wer sich kritisch gegenüber der offiziellen Meinung äußert, läuft Gefahr, verfolgt, eingeschüchtert oder Opfer von Menschenrechtsverletzungen zu werden. Unter dem Vorwurf, unpatriotisch zu sein und nicht genügend für die russischen Interessen einzutreten, werden nach Informationen von amnesty international besonders häufig aus dem Ausland finanzierte Organisationen Opfer von Verfolgung und Einschüchterung.

Zahlreichen Menschenrechtsverteidigern und zivilgesellschaftlichen Aktivisten werfen die  Behörden vor, extremistische Straftaten begangen und zum Hass gegen bestimmte Bevölkerungsgruppen aufgerufen zu haben. Die daraus folgende strafrechtliche Verfolgung wiederum hat eine Einschränkung des Rechts auf freie Meinungsäußerung zur Folge. Unter dem Recht auf Versammlungsfreiheit versteht man das Recht, private und öffentliche Veranstaltungen, Versammlungen, Demonstrationen und Mahnwachen zu organisieren bzw. an solchen teilzunehmen. Nach Ansicht von amnesty international, haben Polizei und Behörden in Russland in jüngerer Vergangenheit auf einige Demonstrationen mit unverhältnismäßiger Gewalt reagiert und dadurch das Recht auf Versammlungsfreiheit beschnitten. Behörden ließen Demonstrationen und Versammlungen aus fadenscheinigen Gründen verbieten oder behinderten Veranstaltungen mit dem Hinweis auf Sicherheitsrisiken oder eine Störung der öffentlichen Ordnung. Die Polizei ging 2007 mehrmals gewaltsam gegen Demonstrationen der Opposition vor, während Veranstaltungen zur Unterstützung der Regierung ungehindert stattfanden. Außerdem hinderten die Behörden zahlreiche Menschen daran, Züge oder Flugzeuge zu besteigen und so überhaupt an den Veranstaltungsort zu
gelangen. Schließlich sorgten die Behörden dafür, dass möglichst wenige Journalisten und Menschenrechtler solche Veranstaltungen beobachten und darüber berichten konnten.

Das Recht auf Vereinigungsfreiheit beinhaltet, dass einzelne Personen gemeinsam mit anderen agieren und beispielsweise Vereine oder NGOs gründen dürfen. Die Änderungen des russischen Gesetzes über nichtstaatliche Organisationen im Jahr 2006 haben zu deutlichen Beschränkungen dieses Rechts geführt. amnesty international kritisiert einerseits, dass die neuen Bestimmungen des Gesetzes unverhältnismäßig hohe Anforderungen an NGOs stellen und andererseits, dass die Behörden das Gesetz willkürlich ausgelegen können. Eine Vielzahl von Beispielen beweist, dass das Gesetz in seiner jetzigen Form gegen zahlreiche NGOs eingesetzt wurde und weiterhin eingesetzt wird.

Die Änderungen im Gesetz über nichtstaatliche Organisationen sind nicht die einzigen juristischen Instrumente, die der Behinderung der Arbeit zivilgesellschaftlicher Organisationen dienen. So wird auch das Gesetz zur Bekämpfung extremistischer Aktivitäten benutzt, um die Registrierung von Organisationen zu verhindern.

Menschenrechtsorganisationen und andere NGOs spielen in einer Zivilgesellschaft eine wichtige Rolle. Das gilt auch für der Russische Föderation. NGOs sollte deshalb mehr Raum und die Möglichkeit gewährt werden, durch ihre Arbeit im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen einen Beitrag zur Lösung gesamtgesellschaftlicher Probleme zu leisten. amnesty international fordert die russische Regierung auf, die Rechte auf freie Meinungsäußerung, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit zu schützen und die Mängel im Gesetz über nichtstaatliche Organisationen zu beseitigen. Die Entwicklung unabhängiger zivilgesellschaftlicher Organisationen muss gefördert, statt sie wie bisher behindert werden. Gesetze wie das zur Bekämpfung extremistischer Aktivitäten dürfen nicht zur Einschränkung des Rechts auf freie Meinungsäußerung missbraucht werden. Es sollten klare Richtlinien geschaffen werden, damit Polizei, öffentliche Veranstaltungen im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen kontrollieren kann, ohne dabei das Recht auf Versammlungsfreiheit zu verletzen. Journalisten dürfen nicht in ihrer legalen Arbeit durch die Polizei behindert werden. Schließlich sollten die Behörden jeden Angriff gegen Menschenrechtsverteidiger, Journalisten und Mitglieder der Opposition unverzüglich und unabhängig untersuchen. Die Täter und Verantwortlichen müssen in fairen Gerichtsverfahren gemäß internationalen Standards zur Verantwortung gezogen werden.