Nahostexperte im domradio zur erneuten Mohammed-Provokation in Dänemark

"Wir alle haben dazu gelernt"

Eine Karikatur, die den Propheten Mohammed zeigt und auf seinem Kopf eine zum Turban geformte Bombe - eine von zwölf Mohammed-Darstellungen, die vor zwei Jahren in der muslimischen Welt für Empörung sorgten. Nun haben führende Zeitungen in Dänemark erneut eine umstrittene Karikatur Mohammeds veröffentlicht. Warum diesmal der weltweite Aufschrei ausbleibt - darüber spricht Professor Udo Steinbach, Experte für Nah- und Mitteloststudien an der Universität Marburg, im domradio-Interview.

 (DR)

Die Zeitungen reagierten mit dem Abdruck der Karrikatur auf die Aufdeckung von Mordplänen gegen den Urheber der Bilder, den dänischen Zeichner Kurt Westergaard. Die Polizei hatte dabei gestern drei Männer mit islamistischem Hintergrund festgenommen.

Nach der ersten Veröffentlichung von zwölf Mohammed-Karikaturen in der größten dänischen Zeitung war es vor mehr als zwei Jahren zu massiven Protesten in islamischen Ländern gekommen.

"Bloß alte Wunden aufgerissen"
"Man hätte es als das behandeln sollen, was es ist - ein krimineller Versuch, einen Journalisten umzubringen", sagt Professor Udo Steinbach im domradio-Interview. Auf diese Weise habe man bloß alte Wunden wieder aufgerissen und sich der Möglichkeit gewalttätiger Reaktionen ausgesetzt. "Vielleicht nicht in dem Umfang, wie wir das vor zwei Jahren erlebt haben", so Steinbach. "Aber natürlich gibt es radikale Gruppen, die das benutzen, um Stimmung zu machen."

Die dänischen Zeitungen rechtfertigen den Abdruck damit, dass die Meinungsfreiheit und damit auch die Pressefreiheit ein höheres Gut seien als die Religionsfreiheit. Andererseits dürfe es an einer gewissen Sensibilität nicht fehlen, wenn es um Fragen der Religiösität geht, argumentiert Steinbach. "Wir haben darüber zwei Jahre lang gesprochen und dazu gelernt. Warum also jetzt einmal mehr einander provozieren?"

Vor zwei Jahren waren 150 Menschen während der gewaltsamen Ausschreitungen im Streit um die Karrikaturen gestorben. Die Reaktionen der islamischen Welt auf den erneuten Abdruck der Mohammed Karrikatur schätzt Steinbach aber als gemäßigt ein. "Den großen Unmut, der sowohl die Massen als auch die Regierung erfasst hatte, den kann ich hier nicht erkennen."