In der demokratischen Weimarer Republik hatten die Regierungen wegen der Vielzahl von Parteien und mangels stabiler Mehrheiten rasch gewechselt, was zu großer politischer Instabilität führte. Oft griffen die Regierungschefs damals auf das Instrument der sogenannten Notverordnung zurück, um überhaupt etwas beschließen zu können. Erschwerend hinzu kam die schlechte wirtschaftliche Lage mit Millionen von Arbeitslosen und hoher Inflation in den 30er Jahren. Am 30. Januar 1933 schließlich berief der greise Reichspräsident Paul von Hindenburg den von ihm nicht geschätzten Hitler zum neuen Reichskanzler. Zu diesem Zeitpunkt war Hitlers Partei, die NSDAP,
bereits klar stärkste Kraft im Reichstag.
Suche nach politischer Stabilität
In Paul von Hindenburg sahen viele Christen nach dem Ende der Monarchie eine Art "Ersatzkaiser". Zusammen mit Adolf Hitler, so ihre Hoffnung, würde Hindenburg nach 14 Jahren Weimarer Republik die ersehnte politische Stabilität herstellen. Ein Großteil der traditionell nationalkonservativ geprägten Protestanten glaubte der Propaganda, dass mit Hitler eine neue Zeit angebrochen sei. Und so wurde es freudig begrüßt, dass die Nazis dem Kommunismus den Kampf ansagten. Denn die "Abwehr des Bolschewismus" rechtfertigte für die damaligen Kirchenmänner vieles, waren doch die Betroffenen - Kommunisten, Schriftsteller, Juden - fast ausnahmslos Menschen, denen die Kirche distanziert bis ablehnend gegenüberstand. Parolen gegen "Sittenzerfall" fanden offene Ohren.
Und so schwieg die Kirche im Frühjahr 1933 zu den Verhaftungen zahlreicher Kommunisten, Sozialdemokraten und Gewerkschaftler.
Adolf Hitler schlug in den ersten Monaten seiner Regierungszeit darüber hinaus immer wieder christlich-religiöse Töne an und beteuerte die Gemeinsamkeiten des Nationalsozialismus mit den christlichen Grundwerten. Am 21. März, dem "Tag von Potsdam", als der neue Reichstag in der Potsdamer Garnisonkirche eröffnet wurde, gab Hitler eine explizit kirchenfreundliche Erklärung ab: Die Eigenständigkeit der Kirchen werde nicht angetastet. 1933 noch glaubte man in den Kirchen diesen Versprechungen. Und wurde im Gegenzug nicht müde, die "nationale Revolution" zu begrüßen.
Aus für das Menschenrecht
Die anderen maßgeblichen politischen Kräfte meinten damals, sie könnten den bekanntermaßen radikalen Hitler unter Kontrolle halten. Dies gelang von Anfang an nicht. Hitler selbst hatte nie einen Zweifel daran gelassen, dass er die Demokratie und die damit verbundenen Institutionen so bald wie möglich abschaffen würde.
Den Reichstagsbrand vom 27. Februar 1933 nutzten die Nazis zur Durchsetzung einer Verordnung, mittels derer Grundrechte außer Kraft gesetzt wurden. Bei Neuwahlen am 5. März 1933 verfehlte die NSDAP die absolute Mehrheit. Am 23. März 1933 setzte Hitler mit dem "Ermächtigungsgesetz" die demokratische Verfassung außer Kraft. Die SPD stimmte dagegen, die anderen noch im Parlament vertretenen Parteien dafür. Fortan regierten im Reichstag nur noch die Nazis. Andere Parteien wurden verboten, deren Repräsentanten ermordet, verhaftet, verfolgt oder kaltgestellt.
"Den Anfängen wehren"
Die Machtergreifung der Nationalsozialisten am 30. Januar 1933 müsse eine ständige Mahnung sein, den Anfängen zu wehren. Die Umwandlung der Demokratie in eine Diktatur hätte damals verhindert werden können, so Knobloch. Mit Blick auf die zunehmende zeitliche Distanz zum NS-Regime warnte Knobloch vor einem Verlust des historischen Wissens. Bald werde es keine Überlebenden mehr geben, die authentisch Zeugnis ablegen könnten von den Verbrechen der Vergangenheit. Politik und Gesellschaft hätten die Erinnerung an die Vergangenheit wach zu halten und an die nächste Generation weiterzugeben. Nur so sei die Gesellschaft in der Lage, antidemokratische Gefahren rechtzeitig zu erkennen und zu intervenieren. Die Präsidentin: "Uns allen muss bewusst sein, dass Demokratie keine Selbstverständlichkeit ist, sondern dass jeder Einzelne sie jeden Tag aufs Neue erobern und mit Leben erfüllen muß."
75. Jahrestag der Machtergreifung Hitlers - Papst Benedikt XVI. erinnert sich
Die Erinnerung wach halten
Mit dem 30. Januar 1933 begann in Deutschland die zwölf Jahre währende Herrschaft der Nationalsozialisten mit Adolf Hitler an der Spitze. Es war der Anfang vom Ende der Demokratie. Stefan Kempis von Radio Vatikan blickt 75 Jahre später zurück auf die Geschehnisse und die Rolle der Kirchen - und hat im Archiv Erinnerungen des heutigen Papstes an die damalige Zeit gefunden.
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