2004 hatten die Länder Bayern und Baden-Württemberg einen Gesetzentwurf zur anonymen Geburt in den Bundesrat eingebracht, der aber wegen verfassungsrechtlicher Bedenken nicht zu einem Abschluss kam. Der Vertreter Bayerns sagte, die neue Vorlage werde vermutlich eine "geringfügig modifizierte" Fassung des damaligen Entwurfs darstellen. Derweil kündigte Eva Welskop-Deffaa, Ministerialdirektorin im Bundesfamilienministerium, eine bundesweite Untersuchung zu dieser Thematik an. Ob die Regierung eine gesetzliche Regelung anstrebt, ließ sie offen.
Mehrere Expertinnen betonten das Grundrecht eines Kindes auf Wissen um seine Herkunft. Die Bonner Psychiaterin Anke Rohde sagte, anonyme Geburten und Babyklappen führten zu einer "Produktion" von Findelkindern ohne Wurzeln. Die Absicht, durch Babyklappen Abtreibungen verhindern zu wollen, nannte sie weltfremd.
Die Berliner Juristin Ulrike Riedel betonte, Babyklappen und anonyme Geburten wirkten "tiefgreifend, nachhaltig und unkorrigierbar" in die Identität eines Kindes ein. In mehreren Fällen seien mittlerweile auch behinderte Kinder in Babyklappen gelegt worden, einmal auch ein sechs Monate alter Säugling. Die zuständige Referatsleiterin der Berliner Senatsverwaltung, Ulrike Herpich-Behrens, wandte sich gegen eine Aushebelung üblicher Adoptionsverfahren. Sie könnten schon heute im Bedarfsfall unter größtmöglicher Vertraulichkeit erfolgen.
Dagegen verteidigte die Chefärztin der Regensburger Frauenklinik St.
Hedwig, Birgit Seelbach-Göbel, die Babyklappen. Ihr Haus unterhalte eine solche Einrichtung seit sieben Jahren und praktiziere sogenannte vertrauliche Geburten. Es gehe um Hilfe in Extremsituationen. Sie sehe keine Gefahr eines Missbrauchs.
Die erste Babyklappe bundesweit gab es im Jahr 2000. Nach Angaben der Bundesregierung gibt es heute 76 solcher Einrichtungen, meist in Großstädten. Zwischen 2001 und 2007 seien in allen Bundesländern außerhalb Bayerns und Nordrhein-Westfalens 143 Kinder in solche Einrichtungen gelegt worden.
Bayern kündigt neuen Gesetzentwurf zur anonymen Geburt an
"Produktion" von Findelkindern?
Bayern will in Kürze erneut einen Gesetzentwurf zur Regelung der anonymen Geburt in den Bundesrat einbringen. Das kündigte ein Vertreter der Berliner Landesvertretung des Freistaats am Dienstagabend in der Hauptstadt an. Zugleich äußerten Expertinnen bei einem Symposium der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG) massive Vorbehalte gegen die derzeitige Praxis und jede Regelung anonymer Geburten. Zum Teil sprachen sie sich auch für ein Verbot von sogenannten Babyklappen aus.
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