Unvergessen ist, wie er einst die Kirchen mit Kleingarten-Vereinen auf eine Stufe stellte. Besonders zäh erwies sich Klaus immer auch im seit Jahren schwelenden Streit darüber, wem das wichtigste Gotteshaus des Landes, der Prager Veitsdom, gehört. Der Präsident, der ein besonderes Gespür für die Stimmung in der überwiegend kirchenfeindlichen tschechischen Gesellschaft offenbarte, beharrte stets darauf, dass das Gotteshaus dem Staat zustehe - wie es einst die Kommunisten per Handstreich verfügt hatten.
Als 2003 nach langen Mühen der Vertrag zwischen Prag und dem Vatikan auf dem Tisch lag, kündigte Klaus sein Veto an. Angeblich, weil der Vertrag den Staat gegenüber der Kirche benachteilige. Bemerkenswert war, dass Klaus seinerzeit sein Abneigung zu einem Zeitpunkt äußerte, da das Konkordat noch nicht mal im Parlament behandelt worden war. Sein Wort genügte aber, um den Abgeordneten die Richtung zu weisen; sie lehnten den Staatsvertrag mit dem Vatikan ab.
Nun ist alles ganz anders
Aber nun ist offenbar alles ganz anders. 18 Jahre nach der "Wende" sind sich Staat und Kirchen in der Tschechischen Republik endlich über die Grundsätze der Rückgabe des von den Kommunisten geraubten Kircheneigentums einig geworden. Ein Drittel soll direkt zurückgegeben werden; für die restlichen zwei Drittel soll es eine milliardenschwere finanzielle Entschädigung geben. Nicht auf einmal, sondern über einen Zeitraum von bis zu 70 Jahren.
Im Ergebnis würden die Kirchen in Tschechien finanziell nicht mehr am Tropf - und am Einfluss - des Staates hängen. Beide Seiten sprechen von einem tragfähigen Kompromiss. Dass er den Segen der Regierung und der beiden Kammern des Parlaments bekommen wird, scheint klar. Die Koalition aus Demokratischer Bürgerpartei, Christdemokraten und Grünen hatte die überfällige Klärung der Restitutionsfrage zu einem festen Ziel ihrer Arbeit erklärt. Dass auch Klaus schon jetzt sein Ja signalisierte, lässt die Hoffnung keimen, dass der Kirchenrestitution kein Hindernis mehr im Weg steht. Ähnliches gilt für das Konkordat. Auch hierfür kündigte Klaus an, dass der Vertrag zwischen Tschechien und dem Vatikan nicht an ihm scheitern werde.
Die Gründe für die wandelbare Gunst des Prager Burgherren liegen jedoch nicht in der neuen Qualität der ausgehandelten Verträge. Und schon gar nicht daran, dass aus Klaus über Nacht ein wahrer Freund der Kirche geworden wäre. An der Moldau pfeifen die Spatzen von den Dächern, dass der Präsident vor allem an sich selbst denkt: Am 8. Februar steht in beiden Parlamentskammern die erste Runde der Präsidentenwahl an. Klaus hat Gefallen an dem Amt gefunden und stellt sich zur Wiederwahl.
Dafür braucht er freilich die Stimmen der bislang wankelmütigen Christdemokraten. Klaus' Demokratische Bürgerpartei (ODS) hatte bislang versucht, den christdemokratischen Koalitionspartner mit Druck zur Wiederwahl zu bewegen. Ein Scheitern des Präsidenten bedeute das sofortige Ende der Koalition, tönte es jüngst vom ODS-Parteitag. Als das ohne die erhoffte Wirkung blieb, änderte man die Taktik. Klaus nahm die Sache selbst in die Hand.
Der Kurs in den Wettbüros steigt
Zunächst reichte er dem tief gefallenen Chef der Christdemokraten (KDU-CSL), Jiri Cunek, eine helfende Hand. Cunek hatte sein Amt als Vizepremier räumen müssen, weil gegen ihn wegen Korruptionsverdachts ermittelt wurde. Zudem wurde ruchbar, dass er vor einigen Jahren Sozialhilfe in Anspruch genommen hatte, obwohl er über mehrere Millionen Kronen auf Privatkonten verfügte. Peinlich, war Cunek doch in die Politik gegangen, um unter anderem dem Missbrauch des Sozialsystems den Kampf anzusagen.
Mittlerweile ist das Korruptionsverfahren eingestellt - auf politischen Druck hin, wie nicht nur die linke Opposition beklagt. Die Christdemokraten, deren Personaldecke dünn ist, wollen seither Cunek wieder zurück in der Regierung. Und Klaus beeilte sich, ihm seinen Segen zu geben: Er werde sich Cuneks neuerlicher Nominierung nicht in den Weg stellen.
Die letzten Zweifler in der KDU-CSL versucht Klaus nun mit seiner Zustimmung zu den beiden Kirchengesetzen zu ködern. Kirchenfragen, das weiß er nur zu gut, sind für die Christdemokraten von erstrangiger Bedeutung. Die konservative Prager Zeitung "Lidove noviny" zeigte sich am Freitag sicher: Sollten die Kirchengesetze durchkommen, "dürfte sich der Kurs für die Wiederwahl von Klaus in den Wettbüros neuerlich verbessern".
Von KNA-Mitarbeiter Hans-Jörg Schmidt
Der Wandel des tschechischen Präsidenten
Plötzlich "Freund der Kirche"
Muss der Prager Kardinal Miloslav Vlk nun sein Bild von Vaclav Klaus über den Haufen werfen? Bislang galt der tschechische Staatspräsident nicht gerade als ein Ausbund von Kirchenfreundlichkeit. Aber nun ist offenbar alles ganz anders.
Share on