Stadt Kiel beantragt weitgehende Sonntagsöffnung

Absturz "von der Sailing-City zur Konsum-City"?

Die schleswig-holsteinische Landeshauptstadt Kiel hat einen erneuten Vorstoß zur weitgehenden Ladenöffnung an Sonn- und Feiertagen gestartet. Die Geschäfte sollen an diesen Tagen laut einem Antrag an das Landes-Wirtschaftsministerium von 11.00 bis 19.00 Uhr öffnen dürfen, wie die "Kieler Nachrichten" berichten. Die sogenannte Bäderregelung soll im gesamten Stadtgebiet und fast das ganze Jahr mit Ausnahme der Zeit von Anfang November bis Mitte Dezember gelten. Die katholische Kirche übte scharfe Kritik an den Plänen.

 (DR)

Auch Gewerkschaften und SPD hatten sich mehrfach vehement dagegen ausgesprochen. Mit einer Entscheidung des Ministeriums wird nach Angaben der Zeitung in den nächsten Tagen gerechnet. Oberbürgermeisterin Angelika Volquartz (CDU) begründet das Ansinnen mit dem boomenden Kreuzfahrtgeschäft sowie der gestiegenen Zahl von Tagesgästen.

Ein ähnlicher Vorstoß der schleswig-holsteinischen Landeshauptstadt war im Jahr 2005 gescheitert. Eine Sondergenehmigung könne nur Gebiete erfassen, die vom Urlaubstourismus geprägt seien, hieß es damals aus dem Ministerium.

Kirche kritisiert Pläne
Die katholische Kirche in Schleswig-Holstein warf der Stadt Ignoranz gegenüber der Kritik an den Plänen vor. Kiel drohe der Absturz "von der Sailing-City zur Konsum-City", erklärte der stellvertretende Leiter des Katholischen Büros in Kiel, Martin Lätzel. Er hoffe auf eine Ablehnung durch das Ministerium. Lätzel zeigte sich zugleich enttäuscht über Volquartz. Offensichtlich interessiere sie sich nur für das Wohlergehen der Wirtschaft. "Die Menschen, denen ein freier Sonntag wichtig ist und gut tut, liegen ihr anscheinend nicht am Herzen."

Das Bundesverfassungsgericht hatte 2004 in seinem Urteil zum Ladenschlussgesetz das grundsätzliche Verbot der Ladenöffnung an Sonn- und Feiertagen bestätigt. Der Sonntag und die staatlich anerkannten Feiertage seien "als Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung" durch Artikel 140 des Grundgesetzes geschützt.

In Berlin haben die beiden großen Kirchen eine Verfassungsbeschwerde gegen das neue Ladenschlussgesetz in der Hauptstadt angekündigt. Das Berliner Gesetz gilt mit bis zu zehn verkaufsoffenen Sonntagen - darunter alle vier Adventssonntage - als das bundesweit liberalste.