EU-Tag gegen Todesstrafe: Protest gegen polnisches Veto

"Hässliche Überraschung"

Das polnische Veto gegen einen "Europäischen Tag gegen die Todesstrafe" stößt auf deutliche Kritik. Der italienische Außenminister Massimo D'Alema nannte die Blockade Warschaus gegen einen solchen Aktionstag eine "hässliche Überraschung", wie polnische Medien am Freitag berichteten. Zugleich rief D'Alema indirekt zur Abwahl der polnischen Minderheitsregierung auf. Auch EU-Vertreter äußerten sich kritisch.

 (DR)

Warschau für"Tag für den Lebensschutz"
Wörtlich sagte der italienische Vizeregierungschef: "Ich hoffe, dass die bevorstehenden Parlamentswahlen eine nette Überraschung und eine Niederlage der rückständigen und nationalistischen Rechten bringt." Polen hatte am Donnerstag in Brüssel bei einer Sitzung der Botschafter aller EU-Staaten als einziges Land die Einführung eines "Europäischen Tages gegen die Todesstrafe" am 10. Oktober abgelehnt. Warschau schlägt stattdessen einen "Tag für den Lebensschutz" vor.

Polens Regierung protestiere mit ihrem Veto "gegen die selektive Behandlung des Rechts auf Leben", erklärte der stellvertretende polnische Justizminister Andrzej Duda. So seien Abtreibung und Sterbehilfe vielfach erlaubt.

Neue Abstimmung kommende Woche
Die portugiesische EU-Ratspräsidentschaft bedauerte das polnische Veto. Die Einführung des Tages gegen die Todesstrafe werde in der kommenden Woche erneut zur Abstimmung gestellt, so ein Sprecher. Portugal habe als erstes europäisches Land schon im 19. Jahrhundert die Todesstrafe abgeschafft.

Der Vorsitzende der christdemokratisch-konservativen EVP-Fraktion im Europaparlament, Joseph Daul, hatte bereits am Donnerstag Polen dazu aufgerufen, seine Haltung zu überdenken. Die Fraktion unterstütze den Vorschlag, den 10. Oktober zum "Europäischen Tag gegen die Todesstrafe" zu machen, sagte Daul in Straßburg. Er erinnerte daran, dass laut Angaben von amnesty international allein im Jahr 2006 weltweit knapp 1.600 Hinrichtungen stattgefunden hätten.

EU-Parlament forderte 2001 Aktionstag
Auf Vorschlag der EU-Kommission soll am 9. Oktober eine gemeinsame Erklärung der EU und des Europarates zur Einführung des "Europäischen Tages gegen die Todesstrafe" unterzeichnet werden. Das Europaparlament und die EU-Kommission hatten dies bereits befürwortet. Die Initiative für den Aktionstag ging vom EU-Parlament aus. Es beschloss im Juli 2001 einen entsprechenden Entschließungsantrag.

Zuvor hatten im Juni 15 Parlamentspräsidenten aus vier Kontinenten in Straßburg einen Aufruf für eine weltweite Abschaffung der Todesstrafe und ein Moratorium für Hinrichtungen unterzeichnet.