Die Positionen von SPD und Union

Mindestlöhne, Entsendegesetz und sittenwidrige Löhne

Die Koalition verhandelt bereits seit Monaten über eines ihrer wichtigsten Projekte, die Reform des Niedriglohnbereichs. Vor allem bei den Mindestlöhnen gehen die Meinungen deutlich auseinander. Im Koalitionsausschuss am Montag den 19.06. soll eine Entscheidung fallen.

 (DR)

Bundesarbeitsminister Franz Müntefering (SPD) hätte am liebsten einen generellen gesetzlichen Mindestlohn. Als Alternative hält er aber auch tarifliche Mindestlöhne nach dem Entsendegesetz und zusätzlich den so genannten Auffangmindestlohn für möglich, die in jenen Branchen zum Tragen kommen, in denen es keine tariflichen Regelungen gibt. Dieser soll höher sein als der Bruttolohn eines Arbeitslosengeld-II-Empfängers.

Zehn Branchen kommen für das Entsendegesetz in Frage
Die Union lehnt allgemeine Mindestlöhne ab, signalisiert aber Einigungsmöglichkeiten bei der Aufnahme weiterer Branchen in das Entsendegesetz. Müntefering strebt das bereits seit längerer Zeit für zehn Bereiche an.
In Frage kommen: das Friseurgewerbe, der Einzelhandel, die Land- und Forstwirtschaft, die Zeitarbeitsbranche, die Fleischverarbeitende Industrie, das Bewachungsgewerbe, Postdienste, das Hotel- und Gaststättengewerbe sowie die Entsorgungswirtschaft. Derzeit gilt das Arbeitnehmer-Entsendegesetz für die Baubranche. Ab Juli kommen die Gebäudereiniger hinzu.

Mit dieser Regelung können tarifliche Mindestlöhne für allgemeinverbindlich erklärt werden. Strittig ist in der Koalition aber noch, ob das auch künftig noch per Rechtsverordnung (SPD) geschehen soll, oder ob ein Tarifausschuss aus Arbeitgebern und Arbeitnehmern (Union) darüber entscheidet.

Darüber hinaus brachte die Union das in Vergessenheit geratene MINDESTARBEITSBEDINGUNGSGESETZ aus dem Jahr 1952 ins Gespräch. Das Regelwerk sieht die mögliche Festsetzung einer Lohnuntergrenze vor, wenn keine Tarifregelungen bestehen. Zudem sprach sich die Union für eine gesetzliche Fixierung so genannter SITTENWIDRIGER LÖHNE aus. Nach der aktuellen Rechtsprechung sind Löhne dann sittenwidrig, wenn sie mehr als ein Drittel unter dem in der Branche oder vor Ort üblichen Tarif liegen.

Eine Einigung ist beim Treffen der Koalitionsspitzen hinsichtlich der so genannten AUFSTOCKER wahrscheinlich. Vollzeit tätige Arbeitnehmer, die so wenig verdienen, dass sie zusätzlich noch Arbeitslosengeld II beziehen müssen, sollen nach dem Willen von Union und SPD künftig staatliche Lohnzuschüsse erhalten. Diese Arbeitnehmer müssten dann nicht mehr alle drei Monate eine Bedürftigkeitsprüfung durchlaufen. Betroffen wären rund 500 000 Menschen. Der Koalitionssausschuss hatte sich bereits im Mai auf den Grundsatz verständigt, die Lage dieser Geringverdiener zu verbessern. Details soll Müntefering am Montag vorlegen.

Bei der Reform des Niedriglohnbereichs hat die Koalition unter anderem die Einführung der EU-Dienstleistungsrichtlinie 2009 sowie die Regelung zur Arbeitnehmer-Freizügigkeit im Blick. Dann können EU-Firmen ihre Dienste in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union anbieten.