Theologe Peter Hünermann im Alter von 96 Jahren verstorben

Prägende Gestalt der katholischen Theologie

Der Konzilstheologe Peter Hünermann ist im Alter von 96 Jahren gestorben. Er prägte die Theologie nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil maßgeblich und setzte als Dogmatiker und Herausgeber bleibende Akzente in Kirche und Wissenschaft.

Der Dogmatiker Peter Hünermann ist tot. Das Foto zeigt ihn am 5. März 2024 in Rottenburg. / © Rudi Hönle (KNA)
Der Dogmatiker Peter Hünermann ist tot. Das Foto zeigt ihn am 5. März 2024 in Rottenburg. / © Rudi Hönle ( KNA )

Er war ein katholischer Theologe mit weitreichender Wirkung und hoher Schaffenskraft bis ins hohe Alter. Am Abend des vierten Adventssonntags (21. Dezember) ist Peter Hünermann im Alter von 96 Jahren in Erligheim im Landkreis Ludwigsburg gestorben, wie der Theologe Klaus Vellguth - ein langjähriger Weggefährte Hünermanns - der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in Stuttgart mitteilte.

Prof. Dr. mult. Klaus Vellguth (privat)
Prof. Dr. mult. Klaus Vellguth / ( privat )

Hünermann gehörte zu den prägenden katholischen Theologen nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-1965) und in den darauffolgenden Jahrzehnten bis in die Gegenwart. Noch im September 2025 - also 60 Jahre nach dem Zweiten Vatikanum - mahnte Hünermann zusammen mit Vellguth umfassende Reformen in der katholischen Kirche an.

"Weihe-Ausschluss von Frauen ein Skandal"

In der Zeitschrift "Herder Korrespondenz" forderten beide Theologen unter anderem die Gleichstellung von Frauen: "Auch wenn Frauen in Theologie und kirchlichen Praxisfeldern zunehmend präsenter sind, bleibt ihr Ausschluss von Leitungs- und Weiheämtern ein Skandal - insbesondere angesichts des gesellschaftlichen Fortschritts und theologischer Einsichten der vergangenen Jahrzehnte."

Von 1982 bis zu seiner Emeritierung 1997 war Hünermann Professor für katholische Dogmatik an der Eberhard Karls Universität Tübingen. Zum 70. Geburtstag bescheinigte ihm der damalige Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Karl Lehmann, ein "vielbeachtetes theologisches Werk". Hünermann stehe für eine fundierte und weltoffene katholische Dogmatik. 1989 wurde Hünermann zum Gründungspräsidenten der Europäischen Gesellschaft für Katholische Theologie gewählt.

Mit Seilspringen fit gehalten

Wer Hünermann zu seinem 95. Geburtstag am Telefon erreichte, erlebte einen hellwachen Zeitgenossen. Auf die Frage, wie es ihm gehe, sagte er damals lachend: "Mir geht es eigentlich unverschämt gut." Mit "Seilspringen am Morgen" konnte er sich lange fit halten.

Bis ins hohe Alter mischte er sich in tagesaktuelle Fragen ein. Der KNA sagte Hünermann 2024: "Die Kirche befindet sich in einer massiven Krise, weil der Glaube an Gott in der Öffentlichkeit nicht mehr genug sichtbar wird." Es gebe "eine Menge Reformbedarf".

Eine Weihe von Diakoninnen sei überfällig. "Das ist spruchreif, hier ist eine Entscheidung notwendig", betonte er. Auch gegen eine Priesterweihe von Frauen hätte er nichts einzuwenden gehabt. "Ja, warum denn nicht?", fragte Hünermann. Er sehe keine sachlichen oder dogmatischen Gründe, die dagegensprächen.

Schuldeingeständnis von Kirche gefordert

Angesichts des Missbrauchsskandals der katholischen Kirche rief Hünermann im Oktober 2022 die Weltkirche zu einem öffentlichen Schuldeingeständnis auf. Das aber sei bis heute nicht wirklich erfolgt, bilanzierte er 2024.

Am 8. März 1929 in Berlin geboren, wurde Hünermann nach dem Studium der Philosophie und Theologie 1955 zum Priester geweiht. Ab 1967 war er Dozent in Freiburg, von 1971 bis 1982 lehrte er in Münster und folgte dann dem Ruf nach Tübingen als Nachfolger Hans Küngs, dem die Lehrbefugnis entzogen worden war.

Peter Hünermann: Ein eifriger Gründervater und ein Mahner (KNA)
Peter Hünermann: Ein eifriger Gründervater und ein Mahner / ( KNA )

Von 1994 bis 2019 war Hünermann Herausgeber der im Herder-Verlag erscheinenden theologischen Buchreihe "Quaestiones Disputatae". 1989 erhielt der Theologe das Bundesverdienstkreuz. Außer den Universitäten Freiburg und Erfurt verliehen ihm auch Hochschulen in Argentinien und Bolivien die Ehrendoktorwürde.

Von 1985 bis 2003 war Hünermann auch Präsident des Katholischen Akademischen Ausländer-Dienstes (KAAD), einem Stipendienwerk der katholischen Kirche in Deutschland für Wissenschaftler aus Afrika, Asien, dem Nahen Osten, Lateinamerika und Osteuropa. Der KAAD gründete 2008 unter dem Dach der Diözese Rottenburg-Stuttgart die "Stiftung Peter Hünermann", die die "fachliche Vernetzung" bei der Stipendienarbeit unterstützen soll.

Zuletzt hatte Hünermann noch ein großes Forschungsprojekt mitangestoßen. Der Titel war für ihn Programm: "Das Zweite Vatikanische Konzil: Ereignis und Auftrag."

Der renommierte Konzilstheologe Peter Hünermann ist am Sonntagabend im Alter von 96 Jahren verstorben. Das teilte der Theologe Klaus Vellguth mit. Hünermann zählte zu den prägenden Gestalten der katholischen Theologie nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil und wirkte maßgeblich an dessen theologischer Rezeption mit.

Als Dogmatiker, langjähriger Hochschullehrer und Herausgeber bedeutender theologischer Werke setzte er bleibende Akzente in der Verbindung von kirchlicher Lehre, Zeitdiagnose und ökumenischer Offenheit. Sein wissenschaftliches Werk hat Generationen von Theologinnen und Theologen geprägt.

Zweites Vatikanisches Konzil

Das Zweite Vatikanische Konzil (1962-1965) war die bislang letzte beschlussfassende Versammlung aller Bischöfe der katholischen Weltkirche. Insgesamt rund 2.800 Konzilsväter debattierten im Petersdom darüber, wie die Kirche ihre Botschaft unter den Bedingungen der modernen Welt und von weltanschaulichem Pluralismus verkünden kann. Weitere Themen waren eine Reform von Liturgie und Priesterausbildung, die Einheit der Christen und die Aussöhnung von Kirche und Judentum.

II. Vatikanisches Konzil vom 11. Oktober 1962 bis zum 8. Dezember 1965 / © N.N. (KNA)
II. Vatikanisches Konzil vom 11. Oktober 1962 bis zum 8. Dezember 1965 / © N.N. ( KNA )
Quelle:
KNA