DOMRADIO.DE: Mit der Milieukrippe verbinden Sie das biblische Geschehen mit der Lebenswirklichkeit der Menschen in Hamm. Wie sieht das aus?
Bernd Mönkebüscher (Pfarrer in der kath. St. Agnes-Kirche in Hamm, Westfalen): Unsere Milieukrippe zeigt auf großen Bildtafeln Kulissen, die markante Orte aus Hamm darstellen. Beispielsweise zeigen sie die Wassertürme oder den Bahnhof, den viele vom Durchfahren kennen, der aber eine zentrale Bedeutung für Hamm hatte und immer noch hat.
Es gibt ein Bild der Agnes-Kirche im Zweiten Weltkrieg, die an Nikolaus 1944 fast völlig zerstört wurde. Davor steht übrigens eine Figur, die an den heiligen Franziskus erinnert, der am Kreuz von San Damiano die Botschaft bekam, die Kirche wieder aufzubauen. Er dachte dabei zunächst an den Aufbau einer Kirche aus Steinen, verstand später aber, dass es um die lebendigen Steine geht.
DOMRADIO.DE: Der Krippenbauer Benjamin Marx hat Ihnen bei dieser Installation geholfen. Er hat schon vor 30 Jahren eine Milieukrippe in Köln geschaffen. Was machen Sie in Hamm anders?
Mönkebüscher: Zum einen ist es ein anderer Ort, also sind die lokalen Bezüge anders. Unsere Krippe steht mitten in der Kirche, weil wir eine ellipsenförmige Stuhlanordnung haben. Allein dadurch, dass man um die Krippe herumgeht, gibt es schon einen Unterschied. Außerdem haben wir keine festen Kulissen, wie in St. Maria in Lyskirchen in Köln, sondern die Bildtafeln, die die Darstellungen anders erscheinen lassen.
DOMRADIO.DE: Wie reagieren die Besucher auf die Krippe?
Mönkebüscher: Es gibt ein starkes Interesse vor und nach den Gottesdiensten, und auch zu den bekannten Öffnungszeiten schauen sich die Menschen die Darstellungen an. Diejenigen, die kommen, verweilen auch länger. Sie lassen sich tatsächlich ansprechen und setzen sich mit der Krippe auseinander.
Die Milieukrippe spricht einerseits das Gemüt an, hat aber auch immer Botschaften, an denen man zu kauen hat. Wir haben ein Jahresthema, das lautet: "Warum bist du nicht wie wir?" Das ist eine provokante Frage, die sich durch die Darstellungen zieht.
DOMRADIO.DE: Wir haben noch knapp zwei Wochen bis Heiligabend. Was verändert sich bis dahin noch an der Krippe?
Mönkebüscher: Zum dritten Advent – Gaudete, der auch der Rosa-Sonntag genannt wird – wird die Kulisse ein bisschen blühen. Wir haben in der Landschaft im Moment sehr viel Sand, der für versandete Hoffnungen, versandete Gespräche, versandete Ziele steht.
Die Lesung an diesem Wochenende, in der es heißt, "die Steppe wird blühen", hat uns dazu inspiriert, Blüte in die Landschaft zu bringen. Die Figuren verändern sich, Josef wird bereits mit dem Esel unterwegs sein. Die Krippe zeigt immer eine Mischung aus biblischer Erzählung, aber auch heutiger Zeit.
Das Interview führte Carsten Döpp.