Die Kirche feiert das Hochfest der Unbefleckten Empfängnis Mariens

Maria ohne Erbsünde

Am 8. Dezember feiert die Kirche das Hochfest der Unbefleckten Empfängnis Mariens. Es erinnert daran, dass Maria von Anfang an frei von der Erbsünde war. Ein Zeichen dafür, wie früh und hoffnungsvoll Gottes Heil in der Welt ansetzt.

Autor/in:
Jan Hendrik Stens
Die Säule der Unbefleckten Empfängnis in Rom / © Nathan Engle (shutterstock)
Die Säule der Unbefleckten Empfängnis in Rom / © Nathan Engle ( shutterstock )

Das Hochfest der ohne Erbsünde empfangenen Jungfrau und Gottesmutter Maria – kurz: Mariä Empfängnis – ist eines der markantesten Hochfeste in der römisch-katholischen Kirche. Der Name führt oft zu Missverständnissen. Viele denken zunächst an die jungfräuliche Geburt Jesu. Doch das Hochfest meint etwas anderes und rückt Maria selbst in den Blick: Es geht um ihre eigene Empfängnis und darum, dass sie von Anfang an frei von der Erbsünde gewesen ist.

Was bedeutet "Unbefleckte Empfängnis"?

Die Kirche lehrt, dass Maria im ersten Augenblick ihres Daseins von Gott vor der Erbsünde bewahrt wurde. Damit wird nichts über die Art und Weise ihrer biologischen Empfängnis ausgesagt. Gemeint ist vielmehr ein besonderer Schutz Gottes, ein Geschenk, das Maria von Beginn an in jene Freiheit stellte, die Gott ursprünglich für jeden Menschen vorgesehen hat.

Kölner Dom, Älteres Bibelfenster: Christi Geburt / © Dombauhütte, Glasrestaurierungswerkstatt (Kölner Dom)
Kölner Dom, Älteres Bibelfenster: Christi Geburt / © Dombauhütte, Glasrestaurierungswerkstatt ( Kölner Dom )

Der Gedanke dahinter: Wenn Maria jene Frau sein sollte, durch die Christus – das Heil für die Welt – zur Welt kommt, dann sollte auch ihr eigenes Leben ein Ort sein, an dem Gottes Heil ungehindert ansetzen kann. Die Unbefleckte Empfängnis versteht die Kirche deshalb nicht als Distanzierung von der "normalen" menschlichen Wirklichkeit, sondern als ein Hoffnungszeichen: Gott beginnt sein Heilshandeln mitten in der Menschheit.

Was ist eigentlich die "Erbsünde"?

Der Begriff "Erbsünde" klingt heute schwerfällig, doch seine Grundidee ist leicht nachvollziehbar: Die Welt ist nicht so, wie sie sein könnte. Menschen tun einander Leid an, sind verletzlich, egoistisch oder gefangen in Strukturen, die ihnen und anderen schaden. Diese Erfahrung der "gebrochenen" Welt fasst die Kirche traditionell unter dem Wort Erbsünde zusammen.

Gemeint ist also keine persönliche Schuld eines Neugeborenen, sondern eine grundlegende Schieflage, die jeden Menschen betrifft. Man könnte sagen: Wir alle werden in eine Welt hineingeboren, in der Vertrauen oft schwer, Liebe manchmal gefährdet und Freiheit nie ganz selbstverständlich ist. Die Erbsünde beschreibt diese Ausgangslage.

Warum wurde Maria ausgenommen?

Die Verkündigung von Botticelli (1485-92) / © Everett Collection (shutterstock)
Die Verkündigung von Botticelli (1485-92) / © Everett Collection ( shutterstock )

Die Kirche glaubt, dass Gottes Heil in Jesus Christus radikal neu ansetzt. Dieser Neubeginn sollte dort starten, wo Gott einen Menschen ganz für sich gewinnen kann – ohne die übliche Belastung der Erbsünde. Maria, so die Vorstellung, konnte ohne innere Zerrissenheit auf Gottes Ruf antworten. Ihr "Ja" gegenüber dem Engelsgruß ist deshalb Symbol und Widerhall jener ursprünglichen Freiheit, die Gott der Menschheit zugedacht hat.

Diese besondere Gnade ist nach kirchlicher Auffassung nicht Marias eigenes Verdienst, sondern ein Vorausgeschenk Jesu selbst: Maria wird durch Christus erlöst, allerdings "im Voraus". Es ist ein theologisches Bild, das verdeutlichen soll: Gottes Heil ist nicht an die Zeit gebunden.

Ein langer Weg zum Dogma

Auch wenn die Feier des Hochfestes erst im 19. Jahrhundert dogmatisch festgelegt wurde, reichen seine Wurzeln weit zurück. In der Ostkirche begegnet bereits im frühen Mittelalter ein Fest, das die Empfängnis Mariens im Schoß ihrer Mutter Anna feiert. Im Westen entwickelte sich die Feier später, stieß aber zunächst auf Vorbehalte. Selbst große Theologen wie Thomas von Aquin taten sich schwer damit, die Sonderstellung Marias mit der universalen Erlösungstat Christi zu verbinden.

Erst in der Spätscholastik kam es zu einer breiteren Zustimmung. Der franziskanische Theologe Johannes Duns Scotus brachte einen Gedanken ein, der für den späteren Durchbruch entscheidend wurde: Wenn Christus der vollkommene Erlöser ist, dann kann er auch bewahren – nicht nur heilen. Maria wäre demnach nicht von der Befleckung befreit worden, sondern davor geschützt.

Das Pontifikat Papst Pius des IX. dauerte von 1846 bis 1878 an und prägte die katholische Kirche des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts maßgeblich. (KNA)
Das Pontifikat Papst Pius des IX. dauerte von 1846 bis 1878 an und prägte die katholische Kirche des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts maßgeblich. / ( KNA )

Diese Sichtweise setzte sich langsam durch, begleitet von einer lebendigen Volksfrömmigkeit, die Maria seit jeher als besonders nahe bei Gott verstand. Im Jahr 1854 erklärte Papst Pius IX. das Glaubensgut schließlich zum Dogma. Mit seiner Verkündigung wollte er nicht eine neue Lehre einführen, sondern ausdrücken, was sich in Liturgie und Glaubensbewusstsein über Jahrhunderte entwickelt hatte.

Spirituelle Bedeutung im Heute

Das Hochfest ist mehr als ein theologischer Blick in die Vergangenheit. Es erzählt von einem Gott, der den Menschen zutraut, neu zu beginnen – und der Heil nicht nur verspricht, sondern konkret werden lässt. Maria wird zum Bild einer Menschlichkeit, die ganz auf Gott vertraut und zugleich ihre eigene Freiheit ernst nimmt.

Darum ist die Unbefleckte Empfängnis kein Hochfest der Distanz, sondern eines der Hoffnung. Sie zeigt, dass Gott im menschlichen Leben Handlungsräume öffnet, die größer sind als unsere Erfahrung von Bruch und Grenzen. Maria ist das "erste Licht" dieser neuen Wirklichkeit – aber nicht das einzige. Ihr Hochfest erinnert daran, dass der Advent nicht nur eine Zeit der Erwartung ist, sondern schon jetzt eine Spur von Erneuerung in die Welt bringt.

Ein Fest mitten im Advent

Dass die Kirche dieses Geheimnis in der Adventszeit feiert, ist kein Zufall. Der 8. Dezember liegt genau neun Monate vor dem Geburtsfest der Gottesmutter, das am 8. September gefeiert wird. Das Hochfest Mariä Empfängnis liegt aber auch am Beginn jener Wochen, in denen Christen der Geburt Christi entgegengehen. Maria ist in dieser Zeit die Wegbereiterin des Kommens Jesu. Ihr Leben macht sichtbar, dass Gott immer schon einen Schritt vorausgeht – und dass Heil dort beginnt, wo Menschen sich von ihm ansprechen lassen.

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Marienverehrung in Spanien (dpa)
Marienverehrung in Spanien / ( dpa )
Quelle:
DR

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