Die Kirche rede über Liebe, handle aber zu wenig danach, kritisiert Reinhard Marx. "Es wäre wunderbar, wenn wir sagen könnten, dass wir diesen Auftrag schon erfüllen. Das tun wir nicht", sagte Marx laut Mitteilung des Erzbistums in einem Beitrag für die BR-Sendereihe "Zum Sonntag", der am 7. Dezember ausgestrahlt wird. Die Kirche müsse die Liebe Gottes nicht nur predigen, sondern mindestens versuchen, selbst daraus zu leben. Der wichtigste Test dafür sei die Zuwendung zu den Armen und Bedrängten.
Die Welt sei nicht nur gut
Marx forderte auf, sich "in der Familie, im Freundeskreis, dort wo wir arbeiten und leben" umzuschauen. "Wir werden allerorten Menschen in Bedrängnis und Armut sehen", so der Erzbischof. Die Welt sei nicht nur gut, immer wieder versänken Menschen in Resignation und Lähmung. Doch Dankbarkeit, Freude, Hoffnung und Zuversicht wüchsen, wenn man sie teile. Das gelte auch für den Glauben.
Die Welt sei keine Gegenwelt zur Kirche, betonte Marx mit Blick auf das Schreiben "Gaudium et Spes", das vor 60 Jahren vom Zweiten Vatikanischen Konzil verabschiedet wurde. Darin geht es um das Verhältnis von Welt und Kirche. Dieses Programm müsse die Kirche nach vorn stellen. "Wir sind Kirche für alle Menschen." Und: "Wir sind nicht nur für uns selbst da als Kirche." – Mit dem von Papst Johannes XXIII. (1958–1963) einberufenen Konzil hatte im 20. Jahrhundert eine Erneuerung in Struktur und Liturgie der katholischen Kirche begonnen.