Experte fordert klare Haltung zu KI und spiritueller Sprache

"Fatale" pastorale und theologische Lücke

Theologe Michael Brendel sieht Künstliche Intelligenz als religiöse Herausforderung. Er sagt, dass KI in die Zone vordringt, in der Sprache Sinn und Offenbarung schafft. Er vermisst bestimmte Diskussionen die Kirche.

Symbolbild Mensch und Künstliche Intelligenz / © Summit Art Creations (shutterstock)
Symbolbild Mensch und Künstliche Intelligenz / © Summit Art Creations ( shutterstock )

Eine "fatale" pastorale und theologische Lücke hat Michael Brendel mit Blick auf die Diskussion um Künstliche Intelligenz (KI) bemängelt. 

Der Theologe und KI-Experte erklärte am Freitag im theologischen Portal feinschwarz.net, bislang reichten die Thesen der kirchlichen Verantwortungsträger zum Thema KI nicht bis in die Gemeinden hinein: 

KI nur selten ein Thema

"Auf der Kanzel und am Ambo, in kfd (Katholische Frauengemeinschaft Deutschlands) und Seniorengruppen ist Künstliche Intelligenz bislang nur selten Thema".

Doch die Provokation durch KI ziele "ins Herz des christlichen Glaubens". So sei zu hoffen, dass Papst Leo XIV. sich - wie angekündigt - am gesellschaftlichen Diskurs zu KI beteiligen werde, meint der Studienleiter im Fachbereich Digitaler Wandel und Theologie am Ludwig-Windthorst-Haus in Lingen (Emsland). 

KI sei deshalb für den Glauben so relevant, weil sie über das Medium Wort, über Sprache Bedeutung schaffe. Zuvor sei das Gott und den Menschen vorbehalten gewesen: "Das Wort Gottes wirkt also in der Sinn-, Heils- und Offenbarungsdimension. Und in diese Zone dringt nun Künstliche Intelligenz ein." 

Die KI spreche, wisse und verstehe zwar nicht im eigentlichen Sinne, doch "mit dem, was KI-Chatbots fabrizieren, können wir Menschen etwas anfangen", schrieb Brendel.

Wenn die KI den Menschen am besten kennt

Mit Blick auf die Personalisierungsmöglichkeiten von KI fragte der Theologe: "Wenn die datenhungrigen KI-Algorithmen in Smartphone, Internet und Social Media die Nutzer*innen besser kennen als ihre Freundeskreise, wie es bereits vor Jahren für Facebook behauptet wurde, ist computergenerierte spirituelle Sprache dann nicht auch persönlicher als die von Prediger*innen und Seelsorger*innen genutzte?" Solche Fragen verlangen laut Brendel nach "einem weiten Raum im innerkirchlichen Diskurs".

Provokante Vergleiche von KI mit göttlichen Attributen wie allwissend, allmächtig und allgütig seien ein "Angebot zur Vergegenwärtigung der eigenen Glaubenssätze" und für einen "Austausch mit anderen Christen über das, was Menschen menschlich und Gott göttlich macht". 

Es ist laut Brendel für Christen an der Zeit, "eine Haltung gegenüber nichtmenschlicher Intelligenz und nichtmenschlicher (religiöser) Sprache zu finden, um dieser weltverändernden Technologie nicht sprachlos gegenüberzustehen".

Was ist Künstliche Intelligenz?

Der Begriff Künstliche Intelligenz (KI) wurde vor mehr als 60 Jahren geprägt durch den US-Informatiker John McCarthy. Er stellte einen Antrag für ein Forschungsprojekt zu Maschinen, die Schach spielten, mathematische Probleme lösten und selbstständig lernten. Im Sommer 1956 stellte er seine Erkenntnisse anderen Wissenschaftlern vor. Der britische Mathematiker Alan Turing hatte sechs Jahre zuvor bereits den "Turing Test" entwickelt, der bestimmen kann, ob das Gegenüber ein Mensch ist oder eine Maschine, die sich als Mensch ausgibt.

Symbolbild Künstliche Intelligenz / © maxuser (shutterstock)
Symbolbild Künstliche Intelligenz / © maxuser ( shutterstock )
Quelle:
KNA