Diese Stunden könnten entscheidend sein für die Zukunft der Kirche in Deutschland: Denn momentan tagt die fünfte und (wahrscheinlich) letzte Sitzung des Synodalen Ausschusses in Fulda. Dort stellen die Delegierten des als Übergangsgremium eingesetzten Ausschusses diesen Freitag und Samstag die Weichen für die Einrichtung der sogenannten Synodalkonferenz. Dieses neue Gremium des kirchlichen Reformprozesses Synodaler Weg soll die gemeinsamen Beratungen und Entscheidungen von Bischöfen und Laien auf nationaler Ebene verstetigen. Doch wie genau das in der Synodalkonferenz geschehen wird, ist noch nicht klar – und sehr anfällig für Fallstricke.
Vier "heiße Eisen" benannt
Diese gibt es seit 2019, als sich die Deutsche Bischofskonferenz (DBK) und das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) darauf einigten, einen Reformprozess für die Kirche in Deutschland ins Leben zu rufen. Die erschreckenden Ergebnisse der MHG-Studie zum sexuellen Missbrauch durch Priester und Kirchenmitarbeiter aus dem Jahr 2018 hatten den Anlass dazu gegeben, über damit zusammenhängende Themen zu diskutieren. Konkret wurden von Vertreterinnen und Vertretern von DBK und ZdK vier "heiße Eisen" benannt: der Umgang mit Macht, die Rolle der Kleriker, die katholische Sexualmoral und Frauen in der Kirche.
Damit begannen die Auseinandersetzungen um die konkrete Ausgestaltung des fortan als Synodaler Weg bekannten Gesprächsformats: Kardinal Rainer Maria Woelki und Bischof Rudolf Voderholzer forderten im August 2019, die Themenschwerpunkte auf Evangelisierung, Katechese und Pastoral auszurichten. Auch in Rom wurden die Planungen zum Reformprozess kritisch beäugt, sodass sich Papst Franziskus mit einem Brief "an das pilgernde Volk Gottes in Deutschland" wandte. Darin ermutigte er die Kirche hierzulande zwar zu Reformen, warnte sie aber auch vor einer Anpassung an den Zeitgeist und ausschließlich strukturellen Reformen.
Immer wieder wurde auch Kritik an der rechtlichen Ausgestaltung des Synodalen Wegs laut – sowohl von Reformern als auch von Seiten des Vatikan: Die einen bemängelten, dass die ab 2020 stattfindenden Synodalversammlungen des Reformvorhabens die Bischöfe nicht an Beschlüsse binden würden. Die anderen kritisierten die gemeinsamen Entscheidungen von Oberhirten und Laien über Themen, die laut geltendem Kirchenrecht allein den Bischöfen vorbehalten seien.
Insgesamt wurde dem Synodalen Weg immer wieder vorgeworfen, ein "Etikettenschwindel" zu sein und falsche Erwartungen hinsichtlich der Partizipation der Laien an Entscheidungen in der Kirche zu wecken. Denn schon die Satzung des Reformprozesses stellt klar: "Beschlüsse der Synodalversammlung entfalten von sich aus keine Rechtswirkung". Doch in der Öffentlichkeit wurden die Beratungen bei den bislang fünf Plenartreffen des Synodalen Wegs oftmals als eine Art katholisches Kirchenparlament wahrgenommen.
Ringen um den Weg der Kirche in die Zukunft
Bei den Synodalversammlungen entwickelte sich jedoch eine Art der synodalen Beratung und Entscheidung, die von geistlichen Impulsen, intensiven Diskussionen und einem Ringen um den Weg der Kirche in die Zukunft gekennzeichnet ist. Bei den Abstimmungen blieb der kirchenrechtliche Status der Bischöfe gewahrt, weil Beschlüsse nicht nur eine Mehrheit aller Mitglieder des Gremiums, sondern auch der Bischöfe benötigten. Das führte gerade gegen Ende dieser Phase des Synodalen Wegs auch zu Verstimmungen bei der Gruppe der Reformer, wenn das episkopale Quorum nicht erreicht wurde.
Erfolgreich beschlossen wurde 2022 jedoch die Einrichtung eines Synodalen Rates für die Kirche in Deutschland. Um dieses dauerhafte Gremium einzurichten, votierten die Delegierten dafür, den Synodalen Ausschuss als Interims-Rat zu gründen. Wegen kirchenrechtlicher Bedenken zogen sich die vier Oberhirten aus Köln, Eichstätt, Passau und Regensburg aus dem Gremium zurück. Ob sie das künftige dauerhafte Gremium, das nach einer Intervention des Vatikan in Synodalkonferenz umbenannt wird, anerkennen werden, hängt wohl von der konkreten Ausgestaltung der Satzung des neuen Gremiums ab.
Was bedeutet "entscheiden"?
Laut dem unveröffentlichten Satzungsentwurf, aus dem Medien bereits zitiert haben, soll die Synodalkonferenz unter anderem zu "wesentlichen Entwicklungen in Staat, Gesellschaft und Kirche" Stellung beziehen. Weiter soll sie in "wichtigen Fragen des kirchlichen Lebens von überdiözesaner Bedeutung" beraten – und auch entscheiden. Doch was in diesem Zusammenhang "entscheiden" bedeutet, muss mit dem Vatikan genau abgestimmt werden. Die derzeit laufenden Beratungen in Fulda sind mit Sicherheit hitzig, auch weil die Mitglieder des Synodalen Ausschusses in den vergangenen Monaten offenbar reichlich Änderungsanträge eingereicht haben.
Was vom kirchlichen Reformprojekt Synodaler Weg letztlich bleiben wird, wird sich zeigen. In den vergangenen sechs Jahren ist der Graben zwischen dem Wunsch nach Kirchenreform und der umsetzbaren Wirklichkeit jedenfalls enorm gewachsen. Bei der letzten Synodalversammlung im kommenden Januar werden die Synodalen die Ergebnisse des Übergangsgremiums intensiv besprechen können. In jedem Fall stellt die Einrichtung einer Synodalkonferenz einen historischen Einschnitt dar: So etwas gab es in Deutschland noch nicht. Doch was das Gremium wirklich bewirken kann, muss sich erst noch zeigen.
Die erste Möglichkeit dazu bietet sich am 6. und 7. November 2026 in Stuttgart. Dann könnte das erste Treffen der Synodalkonferenz stattfinden, wie die ZdK-Präsidentin Irme Stetter-Karp in Fulda in Aussicht stellte. Für den 16. und 17. April 2027 in Würzburg ist bereits ein weiterer Termin angedacht.