Weihbischof Steinhäuser weiht fünf Männer zu Ständigen Diakonen

"Absichtslos und vorbehaltlos den Menschen begegnen"

Diakon bedeutet aus dem Griechischen übersetzt Diener oder Helfer. Schon der Apostel Paulus hat den Diakon als "Gottes Mitarbeiter am Evangelium Christi" bezeichnet. Was aber ist sein Selbstverständnis, was seine Rolle und Aufgabe?

Autor/in:
Beatrice Tomasetti
Der Familienvater Julius Teders wird an diesem Samstag zum Ständigen Diakon geweiht / © Beatrice Tomasetti (DR)
Der Familienvater Julius Teders wird an diesem Samstag zum Ständigen Diakon geweiht / © Beatrice Tomasetti ( DR )

DOMRADIO.DE: Parallel zu Ihrer Arbeit in der Studienpräfektur des Kölner Priesterseminars St. Albert haben Sie sich seit Januar 2021 auf die Weihe zum Ständigen Diakon vorbereitet. Wann haben Sie gespürt, dass Ihnen die Bürotätigkeit allein nicht mehr reicht, und Ihre Berufung für die Pastoral entdeckt?

Julius Teders (Verwaltungsangestellter im Priesterseminar St. Albert und Weihekandidat): Das Schöne an der Berufung zum Ständigen Diakon ist ja gerade, dass man sich nicht zwischen seinem Beruf und dem Diakonat entscheiden muss, sondern – wie es ursprünglich das Zweite Vatikanische Konzil vorgesehen hat – der Diakon mitten in seiner Arbeitswelt den Glauben und das Evangelium verkündet, sich also beides miteinander verbindet. 

Für mich war immer klar, Ehemann und Familienvater zu sein, ist meine Berufung. 2018 habe ich geheiratet, 2019 kam unsere erste Tochter zur Welt. Und eigentlich war ich damit am Ziel, habe aber irgendwann gemerkt, dass das noch nicht alles ist. Mit meiner Frau und einem geistlichen Begleiter habe ich dann meiner inneren Unruhe nachzuspüren versucht. Eine Option war die Ausbildung im Diakoneninstitut, wobei eine solche Zeit immer auch die Beschäftigung mit der Berufungsfrage impliziert. 

Wenn man dann eine solche Ausbildung beginnt, heißt das trotzdem noch nicht, dass es das Richtige für einen ist und man diesen Weg auch zu Ende geht. In meinem Fall aber war es die richtige Antwort auf den Ruf Gottes. Das macht mich froh und dankbar, und nun freue ich mich aus ganzem Herzen auf die Weihe.

DOMRADIO.DE: Die Ständigen Diakone haben in den Pfarreien bisher vor allem liturgische Dienste übernommen. Inzwischen liegt der Fokus dieses Weiheamtes verstärkt auf der Diakonia, also dem dienenden Charakter der Kirche, was sich im Bild der Fußwaschung konkretisiert. Dabei soll der Diakon nicht nur im karitativen Bereich tätig, sondern auch in der Liturgie und Verkündigung des Wortes Gottes präsent sein. Was genau reizt Sie daran? 

Teders: Das Bild des dienenden Christus, das schon der Apostel Paulus in der frühen Kirche skizziert und das zentral für jeden Diakon ist, hat sich wie ein roter Faden durch meine Ausbildung gezogen, wobei Christus ja selbst den Auftrag des Diakons definiert, indem er sagt "Geht und handelt genauso!". Was mich immer schon an der Person Jesu Christi fasziniert hat, sind seine für die damalige Zeit schonungslose Radikalität und Konsequenz im Handeln, wenn er sich Menschen, die am Rande der Gesellschaft stehen, zuwendet und ihnen mit offenem Herzen begegnet.

Julius Teders

"Mich zieht die Vielfalt der Aufgaben an, die mich zu den Menschen führt und mir erlaubt, ihnen in ihren Lebenssituationen beizustehen."

Aber auch in der Liturgie ist für mich der dienende Christus, der sich in der Feier der Eucharistie schenkt, gegenwärtig. Im Diakonat verbindet sich deshalb das liturgische Handeln mit der Verkündigung und dem Dienst am Menschen, denn schon das Wort "Gottes-Dienst" zeigt, dass Feiern und Dienen ein gemeinsames Geschehen bilden. Wer einem Gottesdienst vorsteht, tut dies nicht für sich, sondern im Auftrag dessen, der sich den Menschen zuwendet. Darum zieht mich die Vielfalt der Aufgaben an, die mich zu den Menschen führt und mir erlaubt, ihnen in ihren Lebenssituationen beizustehen. Zugleich wäre es zu wenig, die Entscheidung für den Diakonat auf eine soziale Tätigkeit zu reduzieren. Der Dienst am Nächsten erhält seinen Sinn aus der theologischen und geistlichen Verwurzelung, die mich trägt und erfüllt.

DOMRADIO.DE: Wo würden Sie denn gerne Ihren eigenen Pflock einschlagen, Ihren Schwerpunkt setzen?

Teders: Was unsere Gesellschaft heute in besonderer Weise betrifft und dennoch kaum beachtet wird, ist das Thema Einsamkeit. Viele Menschen, nicht nur alte und kranke, sind einsam und vergessen. Auch sie gehören zu den Menschen am Rand, die übersehen werden, nicht vorkommen, nicht laut sind und keine Stimme haben.

Sie sollten wir als Kirche bewusst in den Blick nehmen. Denn eigentlich darf in der Kirche niemand einsam sein. Unsere Gemeinden leben aus dem Geist der Gemeinschaft und der Gastfreundschaft. Daraus ergibt sich auch die Aufgabe des Diakons, für jene Menschen einzustehen, die uns in den Kirchen nicht begegnen, weil sie nicht da sind, und zugleich die Gemeinde für das Phänomen der Einsamkeit zu sensibilisieren.

DOMRADIO.DE: Die große Krise der Glaubwürdigkeit – gerade auch aufgrund der Missbrauchsthematik – hat vor allem die Kirche, aber auch unsere Gesellschaft erschüttert. Geht es letztlich nicht darum, durch konkretes karitatives Handeln am Mitmenschen wieder an Glaubwürdigkeit zu gewinnen? Oder mit welcher Zukunftshoffnung gehen Sie in Ihre neue Aufgabe?

Julius Teders

"Ich sehe zuerst den Menschen, und in ihm kann ich Christus erkennen. Aus diesem Grund steht der Dienst im Vordergrund."

Teders: Als Seelsorger sollte man das Ganze im Blick behalten, doch niemand trägt die Last, die Kirche retten zu müssen. Entscheidend bleiben das konkrete Handeln und die Hinwendung zu Menschen, unabhängig davon, ob sie der Kirche nahe sind oder weit entfernt leben. Der Diakon ist gerufen, ihnen ohne Absicht und ohne Vorbehalt zu begegnen, wenn er Hilfe anbietet. Zugleich ist sein Dienst immer auch Zeugnis. Für mich wäre es jedoch falsch, zu Menschen zu gehen, um ihre Not zu lindern, damit die Kirche glaubwürdiger erscheint oder verlorenes Vertrauen zurückgewinnt. 

Ich sehe zuerst den Menschen, und in ihm kann ich Christus erkennen. Aus diesem Grund steht der Dienst im Vordergrund. Der Heilige Martin hat den Bettler ja auch nicht nach seiner religiösen Überzeugung gefragt. Auch Mutter Teresa hat ihre Kranken nicht geprüft, bevor sie sich ihnen zugewandt hat. Die Hinwendung bleibt der erste Schritt. Wenn sich daraus ein Gespräch über den Glauben ergibt und ich die Hoffnung, die ich empfangen habe, teilen darf, tue ich das gern. Doch dies ist für mich niemals Voraussetzung und niemals Mittel zur Erreichung eines anderen Ziels.

Der diesjährige Weihekurs mit Markus Erdmann, Christof Hoschek, Julius Teders, Fernando de la Torre Vega und Marc Weichhaus
 (EBK)
Der diesjährige Weihekurs mit Markus Erdmann, Christof Hoschek, Julius Teders, Fernando de la Torre Vega und Marc Weichhaus / ( EBK )

DOMRADIO.DE: Ich zitiere aus dem "Pastoralen Profil für den Ständigen Diakonat", das Kardinal Woelki im letzten Jahr in Kraft gesetzt hat: "Als ‚Stachel im Fleisch’ halten die Diakone die diakonale Berufung der Kirche wach, geben Zeugnis von einer Kirche der Armen und auch einer armen Kirche, die eintritt für den unlösbaren Zusammenhang von Gottesdienst, Verkündigung und Dienst am Nächsten." Und weiter: "Der Diakon ist Brückenbauer zwischen Kirche und Welt und trägt das Evangelium bewusst zu den Menschen ‚an den Rändern’ von Kirche und Gesellschaft." Wo sehen Sie sich da als Ehemann und Familienvater?

Teders: Die Voraussetzung dafür, dass ich mich als Diakon in unserem Erzbistum sehen kann, liegt darin, dass die Ehe meine erste Berufung ist. Ehe und Familie sind die Wurzel. Die Berufung zum Ständigen Diakon kam dazu. Dafür bin ich meiner Frau dankbar, denn ohne das Mittragen der Familie wäre dieser Dienst nicht möglich. Wenn das Fehlen dieser inneren Zustimmung entsteht, besteht die Gefahr, dass der Diakon seine Aufgabe überhöht und die Berufung zum Ehemann und Vater an Gewicht verliert. Diese Gefahr ist real, weshalb eine ständige Selbstreflexion notwendig bleibt. 

Meine Mentoren sowie die Ausbildungsverantwortlichen betonen immer wieder, wie entscheidend es ist, jede Konkurrenz zwischen Weiheamt und Familie zu vermeiden, damit beide Bereiche in Freiheit gelebt werden können. Man darf die beiden Sakramente nicht gegeneinander ausspielen. Mir muss bewusst bleiben, dass ich in allem, was ich tue, nicht nur Diakon, sondern auch Ehemann und Vater bin. Aus der Liebe meiner Frau und meiner Familie schöpfe ich die Kraft für meinen pastoralen Dienst. Die Vereinbarkeit beider Berufungen muss man sich erarbeiten – im Austausch mit der Familie, die in den Weg einbezogen sein sollte. Andernfalls trägt es sich auf Dauer nicht.

Julius Teders

"Am Altar stehe ich nicht für mich selbst, sondern als Zeichen dafür, dass die Eucharistie mit dem Leben der Menschen verbunden bleibt, besonders mit denen, die fern sind oder fehlen."

Der Gedanke vom Stachel im Fleisch beschreibt, dass der Diakon, der beinahe wie ein störendes Moment neben dem Priester am Altar steht, jene vertritt, die nicht anwesend sein können. Darin liegt für mich ein wesentlicher Kern des diakonalen Dienstes. Der Diakon ruft der Kirche in Erinnerung, dass Verkündigung, Liturgie, Gemeinschaft und der Dienst am Nächsten zusammengehören und einander prägen. 

Am Altar stehe ich nicht für mich selbst, sondern als Zeichen dafür, dass die Eucharistie mit dem Leben der Menschen verbunden bleibt, besonders mit denen, die fern sind oder fehlen. Aus der Liturgie wächst der Auftrag, die frohe Botschaft zu Menschen zu tragen, die leicht übersehen werden und im Verborgenen leben. Als Diakon möchte ich dazu beitragen, sensibel für sie zu bleiben. Ich möchte Wege öffnen zwischen Kirche und Alltag, zwischen liturgischem Feiern und gelebter Nächstenliebe. Was wir in der Liturgie empfangen, soll weiterwirken, damit die Kirche eine diakonische Kirche bleibt, die aus dem Gebet Kraft schöpft, um zu dienen.

DOMRADIO.DE: Erlauben Sie mir noch ein Zitat aus dem "Pastoralen Profil": "Ständige Diakone sind weder auf den Dienst eines christlichen Sozialarbeiters reduziert, noch übernehmen sie in Situationen des zunehmenden Mangels die Aufgaben eines ‚Ersatzpriesters’." Besteht in der heutigen Zeit aber nicht genau diese Gefahr?

Teders: Diese Gefahr besteht im Innen und im Außen, also dann, wenn ich mich selbst in der Rolle eines Ersatzpriesters sehe oder wenn andere mich in eine solche Rolle drängen. Angesichts des Priestermangels werden Diakone gerne zu den sogenannten Kasualien herangezogen, etwa für Taufen, Trauungen oder Bestattungen. Das ist an sich nicht falsch, da gerade die Bestattung zu den Werken der Barmherzigkeit gehört. 

Entscheidend bleibt jedoch das eigene Selbstverständnis. Die Frage lautet, ob ich als Diakon jemanden ersetze oder wie ich meinen Dienst verstehe. Dafür braucht es ein Korrektiv, das mich daran erinnert, weshalb ich den Weg des Diakonats gehe. Ich werde nicht Diakon, um regelmäßig am Altar zu stehen oder die Sakramentenvorbereitung zu übernehmen. Auch wenn der kirchliche Dienst mit sich bringt, dass ich in der Messassistenz, der Verkündigung und im Bereich der Sakramentalien eingesetzt werde, bleibt der Grundvollzug der diakonale Dienst. Genau um diese Klärung geht es im Pastoralen Profil für den Ständigen Diakonat.

Julius Teders

"Der Dienst am Altar wird in persona Christi ausgeübt. Der Dienst an den Tischen wendet sich unmittelbar den Menschen zu, die Unterstützung benötigen."

Es besteht zudem ein Unterschied zwischen der Berufung ins Priesteramt und der Berufung in den Ständigen Diakonat. In der Weihehierarchie wird sichtbar, dass der Priester immer auch Diakon ist, bevor er zum Priester geweiht wird. Das Besondere des Ständigen Diakons ist jedoch der Dienst, der aus seiner eigenen Berufung erwächst. Der Priester trägt die Aufgabe der Leitung und der Hirtensorge, wie es die Apostelgeschichte beschreibt. Dort rufen die Apostel bewährte Männer, weil sie erkennen, dass sie die Verkündigung und die Feier der Liturgie nicht mit der Sorge für die Bedürftigen verbinden können. In dieser Szene zeigt sich der Ursprung jener beiden Dienste, die einander zugeordnet bleiben. Der Dienst am Altar wird in persona Christi ausgeübt. Der Dienst an den Tischen wendet sich unmittelbar den Menschen zu, die Unterstützung benötigen. Jeder Diakon ist für diesen Dienst bestellt und in besonderer Weise auf die Menschen hin gesandt.

Das Interview führte Beatrice Tomasetti.

Diakon/Diakonat

Das Diakonen-Amt ist eines der ältesten der Kirche und steht zunächst für soziale Verantwortung. Der Begriff Diakon leitet sich vom griechischen Wort "diakonos" ab und bedeutet Diener oder Helfer. In der römischen Kirche der ersten Jahrhunderte wirkten Diakone in der Armen- und Krankenpflege oder als Gehilfen des Bischofs in der Gemeindeverwaltung und beim Gottesdienst.

Eine Diakonstola / © Harald Oppitz (KNA)
Eine Diakonstola / © Harald Oppitz ( KNA )
Quelle:
DR

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