DOMRADIO.DE: Die skandinavische Kirche ist von Einwanderern geprägt. Sie gehören zu einer Riege junger, einheimischer Bischöfe, die in den vergangenen Jahren Verantwortung übernommen haben. Welche Impulse bringen Sie aus ihrem Lebenslauf mit?
Fredrik Hansen (Bischof von Oslo, Norwegen): Die Kirche in Norwegen und generell in Skandinavien ist eine Kirche von Einwanderern. In unserer Dompfarrei in Oslo werden Sonntagsgottesdienste jede Woche in um die 14 verschiedenen Sprachen gefeiert.
Weltkirche ist in jeder unserer Gemeinden sichtbar. Es ist aber auch wichtig, dass wir nicht nur eine Kirche von Einwanderern sind, sondern auch die Kirche von Norwegen. Eine Kirche, die in vor Ort lebt und etwas Gutes für unser Land trägt. Sie soll eine Rolle in der norwegischen Gesellschaft haben.
Meine Erfahrungen in Wien, New York, London, Rom, und auch im lateinamerikanischen Honduras ist ein Geschenk. Sie gaben mir die Möglichkeit verschiedene Teile der Weltkirche kennenzulernen. Deshalb fällt es mir vielleicht leichter in Kontakt mit unseren verschiedenen Gruppen zu treten.
Verschiedene Sprachen zu sprechen, ist auch eine Hilfe. Ich kenne unterschiedliche katholische Kulturen, kann deswegen in den Dialog gehen und Hirte für alle katholischen Christen in Oslo sein.
DOMRADIO.DE: Obwohl sie eine Minderheit vertritt, wächst die Kirche in Norwegen. Was zieht die Menschen in Norwegen zur katholischen Kirche?
Hansen: In unserem Bistum sehen wir zwei verschiedene Bewegungen. Zum Einen kommen neue Gruppen aus dem Ausland. Wir sehen mehr und mehr Afrikaner. Zum anderen sagen viele Pfarreien, dass junge norwegische Leute eintreten.
Es seien vor allem junge Männer, die kommen. Ich glaube, die Menschen suchen Wahrheit. Sie suchen etwas, das deutlich ist, etwas, dass über Gott spricht, etwas, das sagt, Gott ist wichtig. Die Welt allein ist nicht genug, um ein schönes, wahres Leben zu führen. 16- und 17-Jährige kommen in unsere Pfarreien und wollen mehr über die katholische Kirche lernen.
Wir überlegen was wir bieten müssen, um diesen neuen Leuten zu begegnen. Ein 16-jähriger norwegischer Junge ist anders als eine Familie aus Ruanda. Diesen verschiedenen Hintergründen eine gute, pastorale Begegnung zu geben ist alles, was sie von der Katholischen Kirche brauchen.
DOMRADIO.DE: In Deutschland nehmen die Kirchenmitgliedszahlen ab. Was kann man sich davon abgucken, einerseits in einer Minderheitensituation zu leben, aber auch auf der anderen Seite aus dieser Minderheiten-Situation mit einem Zuwachs rechnen zu können?
Hansen: Wir als Minderheitskirche müssen uns jeden Tag die Frage stellen: was ist jetzt wichtig? Wir können nicht alles machen, wir haben nicht so große Ressourcen. Wir müssen sagen, heute ist diese Aktivität wichtig, dieses Jahr müssen wir weiter in diese Richtung gehen.
Das heißt wir müssen priorisieren und das führt uns immer zu der Überlegung, was unsere Grundlage ist. Was ist wichtig, nicht nur heute, aber auch in der Zukunft? Planen ist für uns wichtig.
Ich finde auch, dass wir etwas von der Kirche in Deutschland lernen können. Die Kirche hier ist sehr organisiert und hat eine lange Erfahrung mit dem Planen von Großveranstaltungen.
DOMRADIO.DE: Sie sind diesen Sommer Bischof von Oslo geworden. Sie sind damit einer der ersten Bischöfe, der jetzt sein Amt unter Papst Leo XIV. aufnimmt. Wie blicken Sie auf den Heiligen Vater oder was erwarten Sie vom neuen Papst?
Hansen: Anfang September war ich in Rom für den diesjährigen Bischofskurs für neue Bischöfe, der Baby-Bischofs-Kurs, wie man oft sagt. Wir haben drei Stunden mit Papst Leo verbracht. Er hat eine kurze Rede gehalten und sich mit uns ausgetauscht.
Ich fand den Papst nicht nur freundlich, offen und interessiert, er ist auch ein Bischof, der die ganze Welt kennt. Er war Missionspriester in Peru und auch Ordensgeneral. Deshalb hat er viel Erfahrung und auch eine gewisse Kenntnis.
Ich denke, dass wir vom neuen Papst eine pastorale Vision bekommen, die die weltweite Kirche anspricht. Er wird für die Kirche in Deutschland sprechen sowie für die Kirche Skandinavien. Ich glaube, wir bekommen einen neuen großen Impuls der Evangelisierung vom Stuhl Petri.
Das Interview führte Renardo Schlegelmilch.
Bischof Hansen konzelebriert am Sonntag um 10 Uhr im Pontifikalamt zur Eröffnung der diesjährigen Diaspora-Aktion des Bonifatiuswerks. DOMRADIO.DE überträgt live!