Die neu gestaltete Kathedrale begrüßt Gläubige und Besucher mit einem Spiel aus Licht und Schatten. Während die lichtdurchflutete Oberkirche in hellem Weiß erstrahlt, betritt man über eine Treppe die dunkle Unterkirche. Hier steht ein Taufbecken im Zentrum des Hauptraums. Hier finden sich in kleinen Seitenräumen auch Grabstätten.
"Heute will ich alles im Licht der Ewigkeit ansehen"
Einen besonderen Platz hat hier der ehemalige Dompropst Bernhard Lichtenberg gefunden. Neben der Grabstätte befindet sich eines der wenigen Farbfenster. "Dieses Licht strahlt einem schon entgegen, wenn man die Krypta betritt", sagt der heutige Berliner Dompropst Tobias Przytarski im Gespräch mit DOMRADIO.DE. Auf dem Fenster ist ein Spruch verewigt, den Lichtenberg in Nazi-Haft verfasst hat: "Heute will ich alles im Licht der Ewigkeit ansehen."
Bernhard Lichtenberg wurde am 3. Dezember 1875 im schlesischen Ohlau geboren. Lichtenberg wurde 1932 Berliner Dompfarrer und schließlich 1938 Dompropst. Wegen öffentlichen Gebets für die verfolgten Juden und Kritik an den "Euthanasie"-Morden wurde er im Nationalsozialismus von der Gestapo verhaftet und von einem Sondergericht verurteilt. Nach zweijähriger Strafhaft schwerkrank, verstarb er auf dem Transport in das Konzentrationslager Dachau am 5. November 1943.
"Jetzt muss man klare Kante zeigen"
"Bernhard Lichtenbergs Mut ist zu bewundern, aber auch die Erkenntnis, dass man irgendwann an einen Punkt kommt, wo man sagt: Jetzt sind keine Kompromisse mehr möglich, jetzt muss man klare Kante zeigen", würdigt Przytarski seinen damaligen Vorgänger im Amt des Dompropsts.
Lichtenbergs Vermächtnis wirkt heute aktueller denn je. Przytarski meint: "Lichtenberg hat klar gesagt: Das, was hier vom Staat gefordert wird, widerspricht dem Gesetz Christi zur Nächstenliebe und deswegen dürfen wir das nicht befolgen, was der Staat hier anordnet. Das ist, was man vielen Vertretern der Kirchen in der Nazizeit zum Vorwurf gemacht hat, dass sie sich da irgendwie durchlaviert haben. Das hat Bernhard Lichtenberg nicht getan."
Seine Seligsprechung als Märtyrer erfolgte durch Papst Johannes Paul II. am 23. Juni 1996 in Berlin. Die israelische Gedenkstätte Yad Vashem verlieh ihm 2004 die Auszeichnung als "Righteous among the Nations".
Ganzer Tag im Zeichen von Bernhard Lichtenberg
Anlässlich des 150. Geburtstags von Bernhard Lichtenberg wird an den seliggesprochenen Berliner Dompropst in besonderer Weise erinnert. Den Auftakt bildet – an seinem Todes- und liturgischen Gedenktag dem 5. November – die zwölfte Bernhard Lichtenberg-Wallfahrt unter dem Motto "Aus Verantwortung vor der Ewigkeit" zu seinem Grab in der Sankt Hedwigs-Kathedrale. "Wir versuchen diesen ganzen Tag unter das Zeichen von Bernhard Lichtenberg zu stellen", verrät Dompropst Przytarski.
Mehrere Wallfahrtsmessen werden in der Kathedrale mit den Menschen gefeiert, die am Mittwoch zu seinem Grab pilgern und für seine Heiligsprechung beten. DOMRADIO.DE überträgt in Zusammenarbeit mit dem Erzbistum Berlin am 5. November um 18 Uhr die Wallfahrtsmesse, die die Erzbischöfe Heiner Koch (Erzbistum Berlin) und Wiesław Śmigiel (Erzbistum Stettin-Cammin) gemeinsam feiern.