Bundesverfassungsgericht kippt Triage-Regelungen

Ethisches Dilemma

Das Bundesverfassungsgericht hat Regelungen zur sogenannten Triage bei medizinischen Behandlungen für nichtig erklärt. Dabei geht es um die Zuteilung von Kapazitäten im Fall zu knapper Ressourcen. Anlass war eine Verfassungsbeschwerde.

Kritik an gesetzlicher Regelung zur Triage  / © Terelyuk (shutterstock)
Kritik an gesetzlicher Regelung zur Triage / © Terelyuk ( shutterstock )

Zwei Verfassungsbeschwerden von Notfall- und Intensivmedizinern hatten in Karlsruhe Erfolg, wie das Gericht mitteilte. (Az. 1 BvR 2284/23, 1 BvR 2285/23)

Triage bedeutet, dass Ärztinnen und Ärzte in bestimmten Situationen entscheiden müssen, in welcher Reihenfolge sie Menschen helfen. Das Konzept gibt es etwa bei großen Unglücken mit vielen Verletzten, um meist eine kurzfristige Notlage zu überbrücken. In der Corona-Pandemie war das Thema angesichts voller Intensivstationen grundsätzlich in den Fokus gerückt. In Karlsruhe ging es um eine 2022 vom Bundestag beschlossene Neuregelung.

Karlsruhe betont Berufsfreiheit der Ärzte

Die Beschwerde richtete sich unter anderem gegen ein darin geregeltes Verbot einer nachträglichen Triage ("ex post") - also, dass die Behandlung eines Patienten mit geringer Überlebenswahrscheinlichkeit abgebrochen wird, um einen Patienten mit besserer Prognose zu versorgen. Die Kläger sahen darin einen Konflikt mit dem Berufsethos: Ärzten werde die Möglichkeit genommen, in einer Notlage die größtmögliche Zahl an Menschen zu retten.

Triage für Coronavirus-Notfälle in Bergamo / © Claudio Furlan (dpa)
Triage für Coronavirus-Notfälle in Bergamo / © Claudio Furlan ( dpa )

Das Bundesverfassungsgericht erklärte die angegriffenen Vorgaben "wegen fehlender Bundeskompetenz für die konkreten Regelungen" nun für mit dem Grundgesetz unvereinbar und nichtig. Es werde in die Berufsfreiheit der Ärztinnen und Ärzte eingegriffen, die – im Rahmen therapeutischer Verantwortung – auch deren Entscheidung über das "Ob" und "Wie" einer Heilbehandlung schütze. Dieser Eingriff sei verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt.

Die Triage als ethisches Problem

Triage bezeichnet eine Methode in der Medizin, um in
Notfällen oder bei Katastrophen die Patienten zu bestimmen, die
zuerst medizinisch versorgt werden. Das Wort Triage kommt aus dem
Französischen und bedeutet übersetzt "Auswahl" oder "sortieren". Der
Begriff stammt aus der Militärmedizin und bezieht sich ursprünglich
auf die Versorgung von verletzten Soldaten auf dem Schlachtfeld. Er
wird aber auch in der Notfallmedizin oder im Zivilschutz verwendet,
etwa bei Katastrophen, Terroranschlägen oder Pandemien.

Zimmer auf der Intensivstation / © Harald Oppitz (KNA)
Zimmer auf der Intensivstation / © Harald Oppitz ( KNA )

 

Quelle:
dpa