DOMRADIO.DE: Der älteste bekannte Nachweis für den Nürnberger Christkindlesmarkt ist eine historische Spanschachtel, die aber durch einen Tintenklecks nicht so recht lesbar war. Entweder hieß das 1628 oder 1678. Neuesten Untersuchungen zufolge ist tatsächlich 1678 gemeint. Was haben Sie denn gedacht, als Sie davon hörten, dass der Christkindlesmarkt wohl 50 Jahre jünger ist als bisher gedacht?
Markus Bolowich (Leitender Pfarrer im Seelsorgebereich Nürnberg Mitte-Nord-West): Das war schon eine Überraschung. Man hat festgestellt, dass das Geschenk von Leuten übergeben worden ist in der damaligen Zeit, die eben nicht zu der Zeit um 1628 gelebt hatten. Die Lebensdaten hat man feststellen können. Das war schon eine Überraschung, aber es war kein Schreck, eher ein Erstaunen.
DOMRADIO.DE: Welche Wellen schlägt das bei Ihnen in der Stadt?
Markus Bolowich: Also ich würde mal sagen, da gab es eine Aufregung, ein Erstaunen. Aber die Nürnberger, denke ich, freuen sich trotzdem auf den Christkindlesmarkt und feiern das dann mit einem gewissen Selbstbewusstsein, mit Stolz und auch Dankbarkeit. Auch wenn sich das Ganze jetzt verjüngt hat.
DOMRADIO.DE: Aber dann wird es wohl nichts mit der geplanten 400-Jahr-Feier in drei Jahren.
Markus Bolowich: Wie das gelöst wird, weiß ich nicht. Der Oberbürgermeister hat bereits gesagt, sie feiern trotzdem ein Jubiläum, aber lassen wir uns mal überraschen. Also ich denke, wenn der Markt dann mal beginnt, dann hat es auch eine eigene Dynamik und einen eigenen Charme. Und dann spielt die eigentliche Jahreszahl meiner Ansicht nach nicht so eine große Rolle. Aber es wird sicherlich eine Lösung geben, wie man das dann begeht.
DOMRADIO.DE: In weniger als einem Monat wird der Christkindlesmarkt 2025 eröffnet. Was für ein Moment ist das für Sie und die Frauenkirche?
Markus Bolowich: Das ist schon etwas Besonderes. Das ist eine Zeit, die Nürnberg ausmacht, diese vier Wochen vor Weihnachten. In wenigen Tagen beginnt schon der Aufbau des Marktes - übrigens damit, dass zuallererst die große Holzkrippe mit den Figuren aufgebaut wird, um die herum dann die Marktstände angeordnet sind.
Und dann haben wir natürlich in den Tagen des Christkindlesmarktes sehr, sehr viele Menschen aus aller Welt, nicht nur aus der Stadt und der Region, die kommen, sich Zeit nehmen, durch die Budengassen zu gehen und entsprechend auch die Frauenkirche zu besuchen.
DOMRADIO.DE: Welche Bedeutung hat der Christkindlesmarkt für die Stadt, auch für Sie, für die Frauenkirche immer wieder jedes Jahr?
Markus Bolowich: Es ist eine Zeit, in der sich die Besucherfrequenz schon noch einmal verdichtet. Aber uns beschäftigt auch die Frage: Wie kann man Weihnachten und das Geschehen, was wir als Christen an Weihnachten feiern, so übersetzen in eine Gesellschaft, in eine Zeit, in der doch viele Menschen das Ganze eher als eine Tradition oder Folklore, als eine Geschichte sehen.
Viele tun sich schwer mit der Frage, was Weihnachten als christliches Fest mit ihnen heute zu tun hat. Also die Frage der Übersetzung der Weihnachtsbotschaft in die Gegenwart, das finde ich für uns als Kirche und als Gemeinde eine große Frage und Aufgabe, damit das Ganze nicht nur eine museale oder touristische Attraktion ist.
DOMRADIO.DE: Wie schauen Sie denn auf Weihnachten in diesem Jahr 2025? Was ist Ihnen da wichtig?
Markus Bolowich: Es ist ja das Jahr der Hoffnung, das zu Ende gehen wird nach Weihnachten. Ich merke schon, dass an diesen Tagen vor und rund um Weihnachten viele Menschen sehr offen sind für Kirche und für die Gottesdienste. Sie kommen, zünden Kerzen an und nehmen die Kirche auch als Hoffnungsorte wahr.
Mir ist es wichtig, dass da die Menschen auch gesehen werden, dass es da Begegnung gibt. Und dass sie auch von den Orten weitergehen, in ein neues Jahr oder ins Weihnachtsfest hinein, in der Hoffnung bestärkt.
Das scheint mir wirklich ein Auftrag zu bleiben, auch wenn das Jahr der Hoffnung zu Ende geht, dass wir Hoffnungsboten, Hoffnungszeugen als Christen sind, gerade auch in den Städten und gerade auch hier in Nürnberg in der Innenstadt.
Das Interview führte Carsten Döpp.