Papst Leo XIV. erhebt britischen Kardinal Newman zum Kirchenlehrer

"Brücke zwischen Anglikanern und Katholiken"

Sein Übertritt von der anglikanischen zur katholischen Kirche sorgte einst nicht nur in England für Aufsehen. Heute gilt John Henry Newman als Brücke zwischen den Konfessionen. Nun ist er "Lehrer der universalen Kirche."

Bildnis von Kardinal Henry Newman an der Fassade des Petersdoms im Vatikan bei der Heiligsprechung / © Cristian Gennari/Romano Siciliani (KNA)
Bildnis von Kardinal Henry Newman an der Fassade des Petersdoms im Vatikan bei der Heiligsprechung / © Cristian Gennari/Romano Siciliani ( KNA )

Papst Leo XIV. hat den ehemals anglikanischen Geistlichen und späteren katholischen Kardinal John Henry Newman (1801-1890) zum Kirchenlehrer erhoben. Der Akt erfolgte zu Beginn eines feierlichen Gottesdienstes am Samstag auf dem Petersplatz. 

Mehrere Zehntausend anwesende Christen quittierten die vom Papst ausgesprochene lateinische Formel mit langem Beifall. 

Delegationen aus Großbritannien

Anwesend waren auch Delegationen aus Großbritannien, darunter hochrangige anglikanische Vertreter. Laut Vatikanangaben war die Church of England durch den Erzbischof von York, Stephen Cottrell, vertreten. Die Regierung des Vereinigten Königreichs repräsentierte der stellvertretende Premierminister David Lammy.

König Charles III. wird von Papst Leo XIV. bei einem Treffen im Vatikan während eines Staatsbesuchs begrüßt / © Simone Risoluti//Vatican Media via PA Media (dpa)
König Charles III. wird von Papst Leo XIV. bei einem Treffen im Vatikan während eines Staatsbesuchs begrüßt / © Simone Risoluti//Vatican Media via PA Media ( dpa )

Nach dem feierlichen Gottesdienst grüßte der Papst beim Mittagsgebet auf dem Petersplatz mit herzlichen Worten die anwesende Delegation der Church of England. Zugleich erinnerte der Papst an das "historische Gebetstreffen" mit König Charles III., das am 23. Oktober in der Sixtinischen Kapelle stattfand. 

An die Delegation aus England richtete er die Worte: "Eure Anwesenheit heute bringt unsere gemeinsame Freude über die Erhebung von John Henry Newman zum Kirchenlehrer zum Ausdruck. Möge er vom Himmel aus den Weg der Christen zur vollen Einheit begleiten." Ferner rief der Papst anlässlich des Allerheiligenfestes die Menschen dazu auf, angesichts von Ungerechtigkeiten und Kriegen eine geschwisterliche und friedliche Welt aufzubauen.

Schutzpatron der katholischen Schulen

Der Papst hat Newman auch zum Schutzpatron des katholischen Bildungswesens ernannt. Diesen Rang teilt sich Newman nun mit dem mittelalterlichen Kirchenlehrer Thomas von Aquin (1225-1274).

Papst Leo XIV.  / © Romano Siciliani (VM)
Papst Leo XIV. / © Romano Siciliani ( VM )

Dies gab der Papst am Samstag in seiner Predigt beim Gottesdienst auf dem Petersplatz anlässlich der Erhebung Newmans zum Kirchenlehrer bekannt. Zusammen mit dem großen Philosophen der Scholastik sei Newman nun "Mit-Patron all jener, die am Bildungsprozess teilhaben". 

Viele Gläubige waren auch aus Anlass der Heilig-Jahr-Feier der katholischen Schulen nach Rom gekommen.

Gegen Pessimismus und Nihilismus

In seiner Predigt erinnerte der Papst an die "beeindruckende kulturelle und geistliche Größe Newmans". Sie werde "inspirierend
sein für kommende Generationen, deren Herzen sich nach Unendlichkeit sehnen".

An alle, die an katholischen Schulen lernen und lehren, appellierte der Papst, sich nicht vom Pessimismus überwältigen zu lassen. "Wir müssen gemeinsam daran arbeiten, die Menschheit aus dem Dunkel des Nihilismus zu befreien, der sie umgibt und vielleicht die gefährlichste Krankheit der gegenwärtigen Kultur ist, da er die Hoffnung 'auszulöschen' droht." Er erinnerte auch an den bekanntesten Hymnus Newmans, den er im englischen Original mit den Worten "Lead, kindly light" ("Führ, freundlich Licht") rezitierte.

Papst Leo XIV.

"Das Leben wird hell, wenn einer in sich diese Wahrheit entdeckt: Ich bin von Gott gerufen, ich habe eine Berufung."

Weiter erklärte der Papst: "Das Leben wird nicht dadurch hell, dass wir reich, schön oder mächtig sind. Es wird hell, wenn einer in sich diese Wahrheit entdeckt: Ich bin von Gott gerufen, ich habe eine Berufung, ich habe eine Mission, mein Leben dient etwas, das größer ist als ich!"

Die Aufgabe katholischer Bildung umschrieb Leo XIV. mit den Worten: "Im Mittelpunkt der Bildungswege stehen keine abstrakten Individuen, sondern Menschen aus Fleisch und Blut, insbesondere diejenigen, die nach den Maßstäben einer Wirtschaft, die ausgrenzt und tötet, scheinbar wenig leisten. Wir sind dazu aufgerufen, Menschen zu bilden, damit sie in ihrer vollen Würde wie Sterne leuchten."

Außergewöhnlicher Lebenslauf 

Newman wurde 1801 in London geboren und 1825 in Oxford zum anglikanischen Priester geweiht. Nach langen inneren Kämpfen konvertierte der inzwischen bekannte Gelehrte 1845 zum Katholizismus.

1847 folgte seine Priesterweihe in Rom. Sein Schritt sorgte in beiden Kirchen für Aufsehen. In der katholischen Kirche entwickelte er eine prägende Rolle als neuzeitlicher Theologe. Leo XIII. ernannte ihn 1879 zum Kardinal. In England gründete er die Oratorianergemeinschaft. Er starb am 11. August 1890 in Edgbaston, heute Birmingham.

John Henry Kardinal Newman / © Romano Siciliani (KNA)
John Henry Kardinal Newman / © Romano Siciliani ( KNA )

Anfangs Kritik und Misstrauen ausgesetzt, gilt er inzwischen als "Brücke zwischen Anglikanern und Katholiken". 2010 wurde Newman von Benedikt XVI. bei seinem Großbritannien-Besuch in Birmingham seliggesprochen. 2019 folgte Newmans Heiligsprechung durch Papst Franziskus.

Wie Augustinus und Hildegard von Bingen

Den sehr selten verliehenen Ehrentitel Kirchenlehrer oder Kirchenlehrerin erhalten Theologen und Heilige, denen ein prägender Einfluss auf die Lehre der christlichen Kirche zugesprochen wird. 

Zu ihnen zählen etwa Gregor der Große (540-604), Anselm von Canterbury (1033-1109), Thomas von Aquin (1225-1274), Katharina von Siena (1347-1380) und Hildegard von Bingen (1098-1197). Newman, 38. Kirchenlehrer, ist der erste unter ihnen, der auf Englisch publizierte.

Heiligsprechung

Die Heiligsprechung in der katholischen Kirche ist eine feierliche Erklärung des Papstes über das vorbildlich christliche Leben eines Menschen und über dessen endgültige Aufnahme bei Gott. Nach dieser Kanonisation, die im Rahmen eines Festgottesdienstes vollzogen wird, darf die betreffende Person weltweit verehrt werden.

Heiligsprechung (dpa)
Heiligsprechung / ( dpa )
Quelle:
KNA
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