Mission bedeutet für den neu ernannten Erzbischof von Wien das Sichtbar-Machen der eigenen Haltung. Josef Grünwidl sagte am Sonntag in der ORF2-Sendung kreuz und quer: "Wir müssen missionarisch werden. Das heißt nicht, ich überrede oder überzeuge andere Menschen, sondern ich steh zu meinem Glauben." Es gehe darum, offen auf Menschen zuzugehen, unabhängig davon, ob sie der Kirche nahe stünden oder nicht. Das persönliche Zeugnis sei dabei zentral: "Nur wer innerlich brennt, kann leuchten. Ich brenne für das Evangelium, weil ich überzeugt bin: Das ist eine Botschaft, die unsere Welt braucht."
Ziel sei es, über den engen Kreis der Kirchgänger hinaus Menschen anzusprechen, indem man ihre Fragen und Lebensrealitäten ernst nehme. Der 62-Jährige erklärte: "Wir sollen auf Menschen zugehen, mit ihnen ins Gespräch kommen, ihre Sorgen und Hoffnungen finden, versuchen darauf zu antworten." Kirche dürfe sich nicht auf bestehende Strukturen zurückziehen, sondern müsse sich in neue gesellschaftliche Kontexte hineinbegeben. In einem Kulturwandel, wie ihn Grünwidl diagnostiziert, sei es notwendig, auch die eigene Haltung zu hinterfragen: "Wir müssen unsere Art und Weise, auf andere zuzugehen, verändern."
Mit leichtem Gepäck unterwegs
Für die Kirche der Zukunft sieht Grünwidl eine stärkere Ausrichtung auf das Wesentliche als erforderlich an. Angesichts des Rückgangs an personellen und finanziellen Ressourcen sehe es aus, als ob künftig nicht alle Pfarreien einen Priester bekommen könnten, woraus er schließe: "Die Kirche der Zukunft wird eine Kirche mit leichtem Gepäck sein. Jesus hat seine Apostel ausgesandt mit: Nehmt nichts mit auf den Weg - ihr braucht nur das Evangelium und meinen Auftrag", so Grünwidl. Zugleich hob er die bleibende Bedeutung der Sakramente hervor. Taufe, Erstkommunion, Firmung, Ehe und Krankensalbung seien Angebote der Kirche an neuralgischen Punkten des Lebens, "das gehört zum Gepäck dazu". Es gelte, sich auf diese Kernaufgaben zu konzentrieren und dort präsent zu sein, wo Menschen Halt und Begleitung suchten.
Grünwidl betonte zudem, dass auch Verwaltung und Organisation - etwa die zahlreichen Gespräche, Besprechungen und Abstimmungen in einer Diözese - als pastorale Aufgabe verstanden werden müssten. Es gehe darum, auch in bürokratischen Abläufen die Haltung des Zuhörens und Mitgehens zu bewahren. Nicht zuletzt gehe es darum, ein "Leben aus dem Glauben" vorzuleben, das als stimmig und glaubwürdig empfunden werde. "Ich möchte zeigen, dass ein Leben aus dem Glauben Freude macht und Erfüllung und Sinn bringt."