Israels Botschaft kritisiert den Vatikan

Papst verteidigt Äußerungen

Die Vatikan-Diplomatie versucht, einseitige Positionierungen zu vermeiden. Bei einem Interview zum 7. Oktober hat das nach Ansicht der Botschaft Israels nicht geklappt. Papst Leo XIV. sieht das anders, wie er deutlich machte.

Vatikan-Flagge vor der Kuppel des Petersdoms / © Stefano Dal Pozzolo/Romano Siciliani (KNA)
Vatikan-Flagge vor der Kuppel des Petersdoms / © Stefano Dal Pozzolo/Romano Siciliani ( KNA )

Israels Botschaft beim Heiligen Stuhl hat Äußerungen von Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin zum Gaza-Krieg scharf kritisiert. Das jüngste Interview Parolins sei sicher gut gemeint, so die Botschaft auf X. Es berge aber die Gefahr, die Bemühungen zur Beendigung des Krieges in Gaza und zur Bekämpfung eines zunehmenden Antisemitismus zu untergraben.

Papst Leo XIV. und Pietro Parolin / © Vatican Media/Romano Siciliani (KNA)
Papst Leo XIV. und Pietro Parolin / © Vatican Media/Romano Siciliani ( KNA )

Nach Ansicht der Botschaft konzentrieren sich die Äußerungen des Kardinals auf die Kritik an Israel. Die anhaltende Weigerung der Hamas, Geiseln freizulassen oder die Gewalt zu beenden, werde dagegen übersehen. Am meisten Besorgnis müsse eine problematische Verwendung moralischer Äquidistanz erregen, die dort nicht hingehöre.

Als Beispiel führt die Botschaft die Verwendung des Begriffs "Massaker" sowohl für den "genozidalen Angriff der Hamas am 7.

Oktober als auch für das legitime Recht Israels auf Selbstverteidigung" an. Es gebe moralisch große Unterschiede zwischen einem demokratischen Staat, der seine Bürger schütze, und einer terroristischen Organisation, die darauf aus sei, sie zu töten: "Wir hoffen, dass künftige Erklärungen diese wichtige Unterscheidung widerspiegeln werden."

Papst verteidigt Aussagen Parolins

Papst Leo XIV. hat die Äußerungen seines Staatssekretärs am Dienstagabend verteidigt. Bei der Rückkehr von seiner Residenz in Castel Gandolfo sagte er laut "La Repubblica" vor Journalisten: "Ich möchte mich dazu derzeit nicht äußern, der Kardinal hat die Meinung des Heiligen Stuhls sehr gut zum Ausdruck gebracht."

Papst Leo XIV. / © Gregorio Borgia/AP (dpa)
Papst Leo XIV. / © Gregorio Borgia/AP ( dpa )

Zum zweiten Jahrestag des Angriffs der Hamas auf Israel hatten die Vatikanmedien am Montagabend ein Interview mit Parolin veröffentlicht. Darin bezeichnete er den Hamas-Angriff als unwürdiges und unmenschliches Massaker, das durch nichts zu rechtfertigen sei.

"Massaker" und "Gemetzel"

Auf die Frage, warum der Krieg nicht ende, antwortete Parolin unter anderem: "Ebenso offensichtlich scheint mir, dass die internationale Gemeinschaft leider machtlos ist und dass die Länder, die bisher wirklich Einfluss nehmen konnten, dies nicht getan haben, um das derzeitige Gemetzel zu beenden." Im italienischen Original bezeichnete der Kardinal das Vorgehen der Hamas am 7. Oktober als "massacro" (Massaker), das Töten im Gaza-Krieg als "carneficina" (Gemetzel oder Abschlachten). In der englischen Übersetzung wurde beides als "massacre" wiedergegeben.

Verhältnismäßige Verteidigung

In dem Interview forderte Parolin ein Ende "der perversen Spirale aus Hass und Gewalt" in der Region. Er bekräftigte die Verbundenheit des Vatikans mit israelischen Geiseln und ihren Familien und bezeichnete Antisemitismus als "Krebsgeschwür", das bekämpft und ausgerottet werden müsse.

Zugleich zeigte er sich "erschüttert und zutiefst betrübt" über die täglichen Todesopfer in Palästina und rief zu Vernunft auf. Jene, die angegriffen würden, hätten das Recht, sich zu verteidigen; aber auch legitime Verteidigung müsse das Prinzip der Verhältnismäßigkeit respektieren, so Parolin. Der Kardinal nannte es "inakzeptabel und ungerechtfertigt, Menschen auf bloße 'Kollateralschäden' zu reduzieren".

Vatikandiplomatie

Der Heilige Stuhl unterhält derzeit diplomatische Beziehungen zu 183 Staaten weltweit. Hinzu kommen die EU und der Souveräne Malteserorden. 88 Staaten sowie die EU und der Malteserorden lassen ihre Botschafter beim Heiligen Stuhl in Rom residieren. Ferner sind die Arabische Liga, die Internationale Organisation für Migration und das UN-Hochkommissariat für Flüchtlinge UNHCR mit eigenen Gesandten beim Vatikan vertreten.

Vatikanflagge zwischen USA-Flaggen / © Michael Reynolds (dpa)
Vatikanflagge zwischen USA-Flaggen / © Michael Reynolds ( dpa )
Quelle:
KNA