Chefredakteur kommentiert Vollversammlung der Bischöfe

Einheit oder Einheitlichkeit?

Viele Stimmen in Deutschland hoffen auf Reformen der Kirche. Gleichzeitig macht der Vatikan klar, dass der Spielraum dafür Grenzen hat. In diesem Spannungsfeld zu navigieren, ist nicht ganz einfach. Renardo Schlegelmilch kommentiert.

Deutsche Bischöfe bei der Herbstvollversammlung in Fulda / © Harald Oppitz (KNA)
Deutsche Bischöfe bei der Herbstvollversammlung in Fulda / © Harald Oppitz ( KNA )
Renardo Schlegelmilch / © Beatrice Tomasetti (DR)
Renardo Schlegelmilch / © Beatrice Tomasetti ( DR )

Es war ein Interview, das erst in der vergangenen Woche weltweit und auch bei den deutschen Bischöfen für Aufmerksamkeit gesorgt hat. Erstmals hat sich der neue Papst Leo XIV. zu seinen Ansichten über Politik, Gesellschaft und Kirche geäußert. Besonders in Deutschland ist dabei ein Aspekt negativ aufgeschlagen: Segensfeiern für homosexuelle Paare widersprechen laut Leo eindeutig den Regeln, die sein Vorgänger Franziskus gegen Ende seines Pontifikats im Dokument "Fiducia supplicans" festgelegt hat. Leo bezog sich im Interview mit dem US-Magazin Crux auf "Nordeuropa", womit unmissverständlich Deutschland gemeint sein muss, da hier bereits mehrere Handreichungen mit Ideen für solche Feiern veröffentlicht wurden: Beschlossen vom Synodalen Weg und umgesetzt von mehreren Diözesen.

Wie geht die Bischofskonferenz nun mit dieser Kritik aus Rom um? Einerseits haben die Bischöfe dem Papst Treue geschworen und sind zur Einheit mit der Weltkirche verpflichtet. Andererseits gibt es in vielen Gemeinden aber auch in der Öffentlichkeit die klare Erwartung, die Kirche zu reformieren. So hat die Etablierung von Segensfeiern 2023 beim Synodalen Weg eine klare Zweidrittelmehrheit sowohl bei den Laien als auch bei den Bischöfen gefunden.

Kein Zurückrudern?

Kardinal Reinhard Marx (l) und Georg Bätzing, Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz, geben nach der Trauermesse für den verstorbenen Papst Franziskus vor der Villa Mater Dei, dem Gästehaus der Deutschen Bischofskonferenz, ein Statement / © Michael Kappeler (dpa)
Kardinal Reinhard Marx (l) und Georg Bätzing, Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz, geben nach der Trauermesse für den verstorbenen Papst Franziskus vor der Villa Mater Dei, dem Gästehaus der Deutschen Bischofskonferenz, ein Statement / © Michael Kappeler ( dpa )
Reinhard Kardinal Marx (l.) und Bischof Georg Bätzing

Ein Zurückrudern ist also schwer möglich, was den Konflikt mit dem Vatikan nicht einfacher macht. Die Lösung dafür scheint für die verantwortlichen Bischöfe in rhetorischen Feinheiten zu liegen: "Weltkirchliche Einheit ist nicht Einheitlichkeit" betonte der Vorsitzende, Bischof Bätzing am Montag. Ähnlich drückt sich der Münchner Kardinal Marx aus: "Das Prinzip der Einheit kann auch überzogen werden. Einheit in der Vielfalt, aber doch gemeinsames Zeugnis. Darum beten wir." Das sagte Marx in einer Predigt am Mittwochmorgen.

Man kann nach Überzeugung der beiden Bischöfe also in Einheit verbunden sein, ohne alle Schritte als Weltkirche simultan zu gehen. Eine andere Definition von Einheit vertritt der Papstbotschafter in Deutschland, Nuntius Nikola Eterovic, der als Vertreter des Heiligen Stuhls traditionell ein Grußwort an die Bischöfe richtet. Wer Rom verstehen will, für den lohnt sich ein Blick in diesen Text. Eterovic ruft die deutschen Bischöfe zu einer anderen Art von Einheit auf: Einheit untereinander wie auch mit dem Heiligen Vater. "Die Einheit ist eines der zentralen Themen des Heiligen Vaters Leo XIV." 

Was bedeutet Einheit?

Erzbischof Nikola Eterovic / © Lars Berg (KNA)
Erzbischof Nikola Eterovic / © Lars Berg ( KNA )

Der Nuntius liefert eine ganze Reihe von Zitaten, in denen Papst Leo die Bedeutung der Einheit und Mission der Bischöfe wie auch der gesamten Kirche betont. Das Grußwort bezieht sich dabei mit Blick auf das Zweite Vatikanische Konzil explizit auf die Rolle des Papstes als Bewahrer der Einheit der Kirche. Die Botschaft ist also klar: Die politische Linie kommt aus Rom, die Umsetzung liegt bei den Ortsbischöfen.

Nun befinden sich die deutschen Bischöfe inzwischen in gutem Austausch mit den verschiedenen Dikasterien in Rom, und stimmen nach eigenen Angaben ihre Reformschritte mit der römischen Zentrale ab. In der Tat ist das Verhältnis im Moment nicht mehr so frostig wie noch vor wenigen Jahren, als man über offene Briefe und Protestnoten kommunizierte. Der Grundkonflikt ist und bleibt aber bestehen: Wie weit darf eine Teilkirche mit ihren Reformen gehen, bevor es Rom zu viel wird? Eine einfache Betonung der "Einheit in Viefalt" wird die Gemüter im Vatikan sicher nicht befrieden.

Deutsche Bischofskonferenz

Die Deutsche Bischofskonferenz ist der Zusammenschluss der katholischen Bischöfe in Deutschland. Sie leiten als Ortsbischöfe eines der 27 Bistümer oder unterstützen als Weihbischöfe. Insgesamt gehören ihr derzeit (Oktober 2025) 61 Mitglieder an.

Ebenfalls zur Konferenz gehören - auch wenn sie nicht Bischöfe sind - Diözesanadministratoren, die ein Bistum nach Rücktritt oder Tod eines Ortsbischofs übergangsweise verwalten.

Logo der Deutschen Bischofskonferenz auf einem Schild neben dem Eingang zum Sekretariat der DBK / © Julia Steinbrecht (KNA)
Logo der Deutschen Bischofskonferenz auf einem Schild neben dem Eingang zum Sekretariat der DBK / © Julia Steinbrecht ( KNA )
Quelle:
DR

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