DOMRADIO.DE: Die Weinlese hat begonnen. Können Sie schon sagen, ob es ein gutes Jahr wird?
Julia Lübcke (Geschäftsführerin der Bischöflichen Weingüter Trier): Das werde ich oft gefragt. Ich sage immer: Fragen Sie mich noch einmal, wenn die Trauben geerntet sind. Wir haben vor drei Wochen mit der Lese angefangen. Hier in Trier regnet es. Wir müssen pausieren und können erst dann weitermachen. Ich glaube, dass die Qualitäten, die wir ernten werden, sehr gut sein werden. Aber eine trockene Woche wäre jetzt sehr hilfreich.
DOMRADIO.DE: Die bischöflichen Weingüter Trier tragen ihre kirchliche Verbindung schon im Namen. Welche Rolle spielt denn der Glaube oder die kirchlichen Tradition heutzutage für Ihre Arbeit?
Lübcke: Sicherlich stehen wir komplett in dieser kirchlichen Tradition. Ich bezeichne uns immer als ein Weinkulturerbe, gerade hier in der Region Mosel. Die Römer haben diese Tradition hierher gebracht, aber durch die Christianisierung wurde sie gerade durch die Kirchen und Klöster fortgeführt, weiterentwickelt und sehr maßgeblich beeinflusst. Das ist in der Region Mosel täglich spürbar.
Ansonsten sind wir ein unabhängiges Unternehmen. Wir verkaufen unsere Weine auf der ganzen Welt an Handelskunden, Gastronomie, aber gerade in Deutschland und in der Region auch sehr viel an Kirchengemeinden oder in andere Bistümer hinein. Wir sind mit unseren Kellern und Räumlichkeiten mitten in Trier und sind Teil des Priesterseminars, womit wir auch räumlich eine große Nähe zur Kirche haben.
DOMRADIO.DE: Viele Menschen verbinden Wein mit Genuss, aber auch mit Spiritualität – gerade in der Eucharistie. Wie sehen Sie diese Verbindung von Wein und christlichem Glauben in Ihrem täglichen Tun?
Lübcke: Was uns fast täglich in unseren Kundengesprächen begegnet, ist dieses Urvertrauen, dass Wein und Kirche gut zusammenpassen. Das kommt durch diese lange Tradition. Ich glaube, es hat tatsächlich mit dieser spirituellen, religiösen Bedeutung von Wein zu tun.
Die liegt einerseits in dieser Vergärung, dass aus diesem Traubenmost durch die alkoholische Gärung Wein wird. Das ist ein besonderer Prozess, den ich nach wie vor sehr geheimnisvoll finde und den wir immer noch nicht zu einhundert Prozent verstehen.
Heute wird Wein daher als sehr anregendes Getränk empfunden. Es wirkt verbindend und vielleicht erhebend, wenn es ein besonders guter Wein ist. Was wir wirklich sagen können: Wein bringt Menschen zusammen und da, glaube ich, ist so eine ganz große Verbindung.
DOMRADIO.DE: Ihr Weingut bewirtschaftet jahrhundertealte Geschichte. Wie gelingt es, dieses kulturelle und spirituelle Erbe zu bewahren und gleichzeitig modern und zukunftsfähig zu bewirtschaften?
Lübcke: Es ist eine Herausforderung. Wir haben unser Handwerk, das muss man nicht ständig modernisieren. Unser Winzer- und Kellermeisterhandwerk bleibt bestehen und das pflegen.
Das ist oft eine Art kontrolliertes Nichtstun. Wir machen, was wir müssen. Ansonsten müssen wir offen sein – auch für die digitale Welt. Zudem haben wir seit zwei Jahren alkoholfreie Weine im Sortiment.
Das ist etwas ganz Neues, womit man sich am Anfang ein bisschen schwergetan hat. Heute gehört es fest zu unserem Sortiment.
DOMRADIO.DE: Nachhaltigkeit, Bewahrung der Schöpfung und Verantwortung für die Region sind Werte, die im christlichen Denken tief verankert sind. Wie setzen Sie diese Prinzipien im Weinbau um?
Lübcke: Ich glaube, der größte Faktor in der Nachhaltigkeit unseres Weingutes ist die absolut langfristige Denke und das langfristige Handeln durch unsere Gesellschafter. Unsere Gesellschafter sind zum Beispiel die Hohe Domkirche in Trier oder das Bischöfliche Priesterseminar. Da ist im Tun und Handeln eine ganz große Langfristigkeit enthalten.
Wir wollen dieses Weinkulturerbe, die bischöflichen Weingüter, in die Zukunft bringen und für nachkommende Generationen diese wunderbare Weinkultur ehren und bewahren. Darüber hinaus haben wir ein konkretes Nachhaltigkeitsleitbild entwickelt, dem wir folgen. Da geht es um Dinge wie Flaschenglasgewichte und Kartongewichte, also Maßnahmen, die unseren CO₂‑Fußabdruck verringern können.
Das Interview führte Dagmar Peters.