Zwischen der katholischen Kirche in Deutschland und Papst Leo XIV. hat eine Phase des vorsichtigen Abtastens der inhaltlichen Positionen und kirchenpolitischen Spielräume begonnen.
Den Auftakt machte am 4. September der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, mit seiner Antrittsaudienz beim Papst. Dem offiziellen Foto (ohne störenden Schreibtisch dazwischen) und der anschließenden Erklärung Bätzings lässt sich entnehmen, dass die beiden sich offenbar gut verstanden.
Den neuen Papst hatte Bätzing bereits als Kardinal Robert Francis Prevost im Rahmen eines deutsch-vatikanischen "Gipfeltreffens" im März 2024 kennengelernt. Damals hieß es aus dem Umfeld des deutschen Bischofs, er habe Prevosts besonnene Art des Zuhörens und Fragens als sehr wohltuend empfunden.
Diesmal schrieb Bätzing, er habe Leo XIV. "als aufmerksamen Zuhörer und interessierten Seelsorger erlebt. Wir hatten viele Themen, über die ich die Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz in einigen Wochen in Fulda informieren werde. Ich bin sehr froh, dass Papst Leo XIV. die Kirche in Deutschland mit Vertrauen begleitet."
"Herausfordernde Situation in Deutschland"
Vier Tage nach dem Vorsitzenden folgte der Passauer Bischof Stefan Oster, der zur konservativen Minderheit der Kritiker des Synodalen Wegs zählt. Er legte in seiner anschließenden Mitteilung Wert darauf festzustellen, dass sich der Papst mit ihm nicht nur über das Bistum im Südosten Bayerns unterhielt, sondern "sich geduldig Zeit genommen hat, um mit mir über die herausfordernde Situation der Kirche in Deutschland insgesamt zu sprechen".
Weitere Bischöfe aus Deutschland werden in den kommenden Tagen und Wochen im Vatikan erwartet. Neben der Lage der katholischen Kirche im Allgemeinen könnte dabei auch die anstehende Nachbesetzung der Bischofssitze in Eichstätt und Münster eine Rolle spielen. Hier könnte der neue Papst klare personelle Akzente setzen - oder im Sinne der Wahrung der Einheit je einen eher konservativen und einen eher reformorientierten Bischof ernennen.
Ebenfalls in den kommenden Wochen steht der Antrittsbesuch des neuen deutschen Botschafters beim Papst an. Der praktizierende Katholik Bruno Kahl hat sich zwar bislang hauptamtlich um den eher weltlichen Bundesnachrichtendienst gekümmert, doch er kennt auch die Debatten und Konflikte in der katholischen Kirche in Deutschland seit langem.
Nicht nur Bischof Bätzing hofft, dass Kahl wie sein Vorgänger Bernhard Kotsch in der schwierigen Gemengelage zwischen deutschem Synodalen Weg, deutschen Bischöfen, Weltsynode und Vatikan eine vermittelnde Rolle einnehmen wird - vor allem, indem er die deutsche Vatikan-Botschaft weiterhin als "Ort der Begegnung" zwischen katholischen Vertretern aus Deutschland und Akteuren der römischen Kurie anbietet.
Synodaler Weg trifft auf Weltkirche
Austausch über die Grenzen der eigenen «Blase» hinweg ist auch das Ziel der Mitwirkung von Teilnehmern des deutschen Synodalen Wegs sowie der Reformgruppierung "Wir sind Kirche" an der weltweiten Heilig-Jahr-Feier für nationale Synoden-Teams in Rom. Vom 24. bis 26.
Oktober haben dann synodal Bewegte aus Deutschland Gelegenheit, sich mit Katholiken anderer Länder zu treffen, die sich darum bemühen, die etwas anders akzentuierten Reform-Ideen der Weltsynode in ihren Ortskirchen umzusetzen. So kommen, zumindest auf der persönlichen Ebene, die beiden eher disparaten Ansätze des deutschen Synodalen Wegs und der Weltsynode in Rom zusammen.
Ob und wie die Erfahrungen der Teilnehmer aus Rom dann in die nächsten Etappen des deutschen Synodalen Wegs einfließen werden, bleibt abzuwarten. Am 21. und 22. November will der Synodale Ausschuss eine Satzung für das künftige "nationale synodale Gremium" beschließen. Diese soll vom ZdK in seiner Vollversammlung Ende November und von der Bischofskonferenz - in Abstimmung mit Rom - ebenfalls in einer Vollversammlung beschlossen werden.
Letzte Synodalversammlung
Auch der Synodale Weg insgesamt, der sich Ende Januar 2026 zum vermutlich letzten Mal in Stuttgart zu einer großen Vollversammlung treffen wird, spricht darüber. Die Struktur des gemeinsamen synodalen Gremiums von Laien und Bischöfen in Deutschland wird jedenfalls in Stuttgart auf der Tagesordnung stehen.
Dass dieses Gremium nicht "Synodaler Rat" nach dem Vorbild des "Rats der EKD" heißen soll, geht unter anderem auf eine Anregung des heutigen Papstes zurück, der als Präfekt des Bischofsdikasteriums gegen diesen Namen Einspruch erhob.
In der Bischofskonferenz und im ZdK geht man nach den bisher mit Prevost/Leo gemachten Erfahrungen davon aus, dass der Papst aus den USA dem deutschen Synodalen Weg nicht so schroff ablehnend gegenübersteht wie sein Vorgänger Franziskus. Dessen polemisches Diktum von einer "weiteren protestantischen Kirche in Deutschland", die man nicht brauche, wird der neue Papst vermutlich nicht wiederholen.
Er sieht es erklärtermaßen als seinen Auftrag, vorhandene Risse und Spannungen in der Kirche zu überwinden und mehr Einheit zu stiften. Deshalb dürfte er künftig eher Kompromissformeln unterstützen, die den deutschen Reformdrang ernstnehmen - jedoch ohne andere Teile der Weltkirche damit zu verprellen oder das allgemeine Kirchenrecht zu umgehen.