Päpstlicher Legat Schönborn feiert 350 Jahre Schwarze Muttergottes

"Bin gekommen, um Mut und Hoffnung zu machen"

Mit einem festlichen Pontifikalamt hat Christoph Kardinal Schönborn aus Wien die Kölner Wallfahrtskirche St. Maria in der Kupfergasse geehrt. Das große Jubiläum endete mit der traditionellen Lichterprozession und päpstlichem Segen.

Autor/in:
Beatrice Tomasetti
Kardinal Christoph Schönborn feiert 350 Jahre Schwarze Muttergottes in Kölner Kirche Sankt Maria in der Kupfergasse / © Beatrice Tomasetti (DR)
Kardinal Christoph Schönborn feiert 350 Jahre Schwarze Muttergottes in Kölner Kirche Sankt Maria in der Kupfergasse / © Beatrice Tomasetti ( DR )

Schon zur Vesper gibt es in dem vollbesetzten Gotteshaus nur noch Stehplätze. Alle Bänke sind mit Reservierungsschildchen versehen. Auf die vorderen Plätze wird nur vorgelassen, wer sich angemeldet hatte und zum Kern dieser Gemeinde gehört.

Die ersten Reihen sind für die an der nun angekündigten Festmesse teilnehmenden Priester, Ordensleute und Ritter vom Heiligen Grab vorgesehen. Mehrere hundert Menschen werden zum Abschluss der Festwoche, in der der 350. Weihetag der Schwarzen Muttergottes in der Kupfergasse täglich mit Messen und Andachten gefeiert wurde, erwartet. Aber schnell ist klar, die Wallfahrtskirche in der Kupfergasse ist für einen solchen Ansturm an Gläubigen, die diesen besonderen Tag mitfeiern und dabei sein wollen, wenn der Papst eigens einen Vertreter aus Rom nach Köln entsendet, viel zu klein. Und so drängen sich die Menschen auch an den Seiten, im Nebenschiff und in der Loreto-Kapelle. 

Sankt Maria in der Kupfergasse feiert Jubiläum / © Beatrice Tomasetti (DR)
Sankt Maria in der Kupfergasse feiert Jubiläum / © Beatrice Tomasetti ( DR )

Doch die Schwarze Muttergottes, die hier sonst jeden Tag zu Gebet und Andacht Menschen aus Nah und Fern anzieht, ist an diesem Abend "ausgezogen", um anlässlich ihres 350. Geburtstages zum Blickfang im Altarraum zu werden und im Anschluss in langer Prozession durch die Straßen Kölns getragen zu werden.

Die Anwesenheit von gleich zwei Kardinälen unterstreicht die Bedeutung dieses beliebten Ortes mit seiner jahrhundertealten Tradition der Marienverehrung. Während der Kölner Erzbischof Rainer Maria Woelki, flankiert von Pfarrer Monsignore Thomas Vollmer und Domkapitular Markus Hofmann, der Gastgeber ist, kommt der frühere Erzbischof von Wien, Christoph Schönborn, einem Auftrag von Papst Leo XIV. als eigens Gesandter nach. Mehr Auszeichnung für diese Wallfahrtsstätte im Herzen Kölns geht nicht. Und so dankt Woelki seinem "Mitbruder Christoph" für dieses "besondere Zeichen der Wertschätzung" und die "Ehre, die unserem Gnadenbild durch den Heiligen Vater zuteil wird". Vor allem aber dankt er auch den vielen, die gekommen sind, um dieses Fest mitzufeiern. Erneut zitiert er Joseph Kardinal Frings, der gesagt haben soll: "In Köln ist der Dom das Haupt und St. Maria in der Kupfergasse das Herz"; einen Satz, der viel über das Selbstverständnis derer sagt, für die dieser Marienort über die Jahre – mitunter Jahrzehnte – das emotionale Zentrum ihres Glaubens geworden ist. 

Woelki dankt Mitbruder Schönborn für sein Kommen

Entsprechend folgert Woelki bei seiner Begrüßung, dass die Frömmigkeit der vielen Kupfergassenbesucher, ihr tiefes Vertrauen in die Gottesmutter dann der Herzschlag sei, mit dem diese Kirche belebt werde. Und er dankt Schönborn ausdrücklich dafür, dass dieser die ihm vom Papst übertragene Aufgabe angenommen habe. "Das ist für uns eine große Freude und eine große Ehre. Herzlich willkommen in Köln und bei der Schwarzen Muttergottes!"

Sankt Maria in der Kupfergasse feiert Jubiläum / © Beatrice Tomasetti (DR)
Sankt Maria in der Kupfergasse feiert Jubiläum / © Beatrice Tomasetti ( DR )
Rainer Maria Kardinal Woelki

Eine besondere Würdigung aber richtet er auch an die Person von Kardinal Schönborn selbst, der vor genau 30 Jahren als Erzbischof von Wien in sein Amt eingeführt worden sei und wie kein anderer die Kirche in Österreich geprägt und auch in Politik und Gesellschaft hineingewirkt habe, wie Woelki erklärt. "Für Dein Wirken wurde Dir immer viel Wertschätzung entgegengebracht", wendet sich der Kölner Erzbischof dem 80-Jährigen zu. Außerdem würdigt er den Papst, der an diesem Sonntag 70 Jahre alt geworden ist. "Empfehlen wir ihn in seinem schweren Amt für den Dienst der Universalkirche der Gottesmutter an!"

Christoph Kardinal Schönborn

"An einem Marienort wie der Kupfergasse müssen wir vor allem Hoffnung haben."

Die Botschaft, die der päpstliche Legat mitgebracht hat, formuliert er indes unmissverständlich in seiner Predigt: "Mein Anliegen ist, Ihnen heute Mut und Hoffnung zu machen, dass es mit den Generationen weitergeht,", richtet er sich mit Bezug auf das Evangelium – im ersten Kapitel des Matthäus-Evangeliums ist vom Stammbaum und der Geburt Jesu die Rede – an die versammelte Gemeinde. Die Frage aber sei, ob auch der Glaube weitergehe. Denn, so der Festprediger, die Generationenfolge sei nicht alles und jede Generation lebe und agiere unter anderen Vorzeichen. "Aber an einem Marienort wie der Kupfergasse müssen wir vor allem Hoffnung haben", betont er mit Nachdruck.

Sankt Maria in der Kupfergasse feiert Jubiläum / © Beatrice Tomasetti (DR)
Sankt Maria in der Kupfergasse feiert Jubiläum / © Beatrice Tomasetti ( DR )
Christoph Kardinal Schönborn

Schönborn nimmt seine Reise nach Köln zum Anlass, zunächst in die eigene Vergangenheit zurückzuschauen und sich daran zu erinnern, dass die Kirche immer schon Krisen ausgesetzt gewesen sei. Auch in der Zeit nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil, als er von 1964-67 drei Jahre in Walberberg katholische Theologie und Philosophie studiert habe – "deshalb bin ich auch mit großer Freude nach Köln gekommen" – nachdem er kurz zuvor mit 18 Jahren in den Dominikanerorden eingetreten war. Vieles habe sich schon damals im Niedergang befunden, konstatiert der Ordensmann aus Wien. So habe nach dem Zweiten Vaticanum eine kritische Exegese in der Kirche Einzug gehalten, nennt er ein konkretes Beispiel und zieht eine Parallele zu den heutigen Krisen in Kirche und Welt. Und er zitiert den Theologen Karl Rahner, der angesichts der Reformbestrebungen des Konzils gesagt habe, dass all dies ohne Bedeutung sei, "wenn nicht unter uns Glaube, Hoffnung und Liebe wachsen". Darum gehe es auch heute wieder angesichts der geforderten Synodalität der Kirche und um neue geistliche Aufbrüche, unterstreicht Schönborn. "Viele von uns haben damals gespürt, dass es so nicht weitergehen kann, wir auf das Wirken des Heiligen Geistes hoffen müssen." 

Europäische Kirche ist in der Krise

Noch zuletzt habe die Bischofssynode in Rom sehr deutlich gezeigt, dass sich die europäische Kirche in einer Krise befinde, vielerorts mangelnde Berufungen beklagt würden. Der Kardinal spricht von einem großen Umbruch und einer zunehmenden Säkularisierung der Gesellschaft. Viele meinten, sie brauchten keinen Glauben mehr, stellt der Alt-Erzbischof von Wien mit Bedauern fest. Sich selbst nimmt er dabei von einer kritischen Reflektion der momentanen Kirchensituation gar nicht aus: "Was ist die Bilanz einer langen Bischofszeit?", fragt er in die Runde. 

Sankt Maria in der Kupfergasse feiert Jubiläum / © Beatrice Tomasetti (DR)
Sankt Maria in der Kupfergasse feiert Jubiläum / © Beatrice Tomasetti ( DR )

Bei seinem Abschied sei ihm viel Wohlwollen und Liebe entgegengebracht worden, selbst der Bundespräsident sei gekommen. Doch diese Anerkennung täusche nicht darüber hinweg, dass die Menschen der Kirche den Rücken kehrten und allein im letzten Jahr 87.000 Katholiken in Österreich aus der Kirche ausgetreten und inzwischen 30 Prozent der Bevölkerung ohne ein religiöses Bekenntnis seien. Diesem "Niedergang" sei nur mit dem Appell zu begegnen: "Tretet wieder in die Kirche ein!" 

Christoph Kardinal Schönborn

"Wer wäre geeigneter, uns ein Leben nach dem Evangelium zu zeigen als Maria!"

Aber eine Neuevangelisierung könne es nur mit einer wachsenden Zahl an Glaubenszeuginnen und -zeugen geben. Es besorge ihn, so Schönborn weiter, wenn die Werte des Evangeliums nicht mehr das gesellschaftliche Leben prägten. "Wer wäre geeigneter, uns ein Leben nach dem Evangelium zu zeigen als Maria!", ruft er daher den Menschen in der Kupfergasse entgegen und will dazu ermutigen, sich ihr auch weiterhin anzuvertrauen. Es gäbe kein Land, in dem Maria nicht verehrt würde, "weil sie eine Zeugin der Wahrheit ist". Die Generationenfolge habe in ihr einen neuen Anfang genommen, argumentiert er. Nicht umsonst sei sie die Mutter der Barmherzigkeit, weil ihr so viele vertrauten und mit ihren Anliegen und Sorgen zu ihr kämen. "Das lässt uns hoffen." 

Daher sei auch die Einladung am Torbogen der Kirche "Geh nicht vorbei, ohne ein 'Ave' zu beten" so wichtig. So wie Maria unter dem Kreuz gestanden habe, gebe es kein Leid in der Welt, an dem Maria nicht Anteil nehme und dabei stehe. Und darum gehe es doch, formuliert Kardinal Schönborn, nicht wegzuschauen, sondern aufmerksam zu sein und hinzusehen. "Auch wenn wir nicht alles Leid lösen können." Marias Rat, was er euch sagt, das tut, gelte. Wer sich ihr anvertraue, dürfe schließlich auf das ewige Leben hoffen.

Lichterprozession mit der Schwarzen Muttergottes zum Abschluss

Nach dem Gottesdienst setzen sich mehrere hundert Menschen betend und mit Kerzen in den Händen vor der Kirche in Bewegung. Sie begleiten die Schwarze Muttergottes durch die Breite Straße über den Berlich bis zur Mariensäule am Gereonsdriesch und zurück zur Kupfergasse, wo die schwere und in neue Gewänder gekleidete Holzfigur vor der Wallfahrtskirche auf einem Podest abgestellt wird und Kardinal Schönborn abschließend den päpstlichen Segen erteilt.

Sankt Maria in der Kupfergasse feiert Jubiläum / © Beatrice Tomasetti (DR)
Sankt Maria in der Kupfergasse feiert Jubiläum / © Beatrice Tomasetti ( DR )

Für Pfarrer Monsignore Dr. Thomas Vollmer geht an diesem Abend die letzte von ihm verantwortete Festwoche zu Ehren der Schwarzen Muttergottes zu Ende. Denn zum 1. Oktober geht der Wallfahrtsdirektor der Kupfergasse in den Ruhestand und wird von Pfarrer René Stockhausen abgelöst. Für sein priesterliches Wirken an diesem Marienort dankt Kardinal Woelki ihm mit herzlichen Worten. Thomas Vollmer sei immer ein Mann der Kirche gewesen, denn er liebe die Kirche, für sie habe er alles gegeben – nicht zuletzt seine Gesundheit. 

Dann dankt der Erzbischof allen, die diese Festwoche mitgestaltet und mitgefeiert haben. Er dankt Gott, "denn er hat uns Maria geschenkt, damit wir alle zu marianischen Menschen werden", und er dankt noch einmal Kardinal Schönborn. Abschließend stimmt er ein letztes "Salve Regina" an, das alle nach einer fast dreistündigen Feier froh und sichtlich bewegt aus voller Kehle mitsingen.

Quelle:
DR

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