Papstsohn Cesare Borgia vor 550 Jahren geboren

Auf der Überholspur der Macht

Auch die römische Opposition hat mächtig mitgestrickt am Mythos der Borgia, als rücksichtslos, verschlagen, zügellos, gierig, gewalttätig. Sie erscheinen zuweilen wie Figuren aus dem Setzkasten eines US-Drehbuchautors.

Porträt von Cesare Borgia / © Romano Siciliani (KNA)
Porträt von Cesare Borgia / © Romano Siciliani ( KNA )

Die Borgia - oder Borja nach ihrer spanischen Herkunft - sind so etwas wie die "Bad Guys" der Kirchengeschichte: Rodrigo, der aus seinem Ämterkauf keinerlei Hehl machte und dessen Pontifikat als Alexander VI. (1492-1503) zu den dunkelsten der Papstgeschichte zählt. Papsttochter Lucrezia (1480-1519), bis heute gleichsam der Inbegriff einer intriganten Giftmischerin. Und Papstsohn Cesare (1475-1507), der in Rom ein Schreckensregiment führte, militärisch halb Italien unterwarf und so gewaltsam starb, wie er lebte.

Erzbischof mit 16, Kardinal mit 18, Feldherr mit 23, Herrscher über weite Teile Italiens - tot mit 31: ein Leben auf der Überholspur. Das Leben eines brutalen Hochbegabten; eines Papstsohnes, der glaubte - vielleicht glauben musste, ihm sei alles erlaubt. Vor 550 Jahren, am 13. September 1475, wurde Cesare Borgia geboren.

Die Illustration soll Lucrezia Borgia (m.) neben ihrem Bruder Cesare (l.) und Papst Alexander VI. zeigen / © Everett Historical (shutterstock)
Die Illustration soll Lucrezia Borgia (m.) neben ihrem Bruder Cesare (l.) und Papst Alexander VI. zeigen / © Everett Historical ( shutterstock )

Schon am Tag seines Amtsantritts im August 1492 entrollte Papst Alexander VI., mit bürgerlich-spanischem Namen Rodrigo Borja, sein Regierungsprogramm - indem er seinen unehelichen Sohn Cesare zum Erzbischof von Valencia ernannte. Durch unverhohlene Bestechung des Kardinalkollegiums ins Amt gelangt, verwandte das Enfant terrible der Papstgeschichte bald fast seine gesamte Energie darauf, den vier Kindern seiner Geliebten Vannozza de Catanei möglichst umfassende Besitzungen des Kirchenstaates zuzuschanzen.

Vetternwirtschaft in Vollendung

Nicht nur, dass Alexander VI. die sprichwörtliche Vetternwirtschaft der Epoche zur höchsten Vollendung führte. Mit grenzenloser Nachsicht ließ er auch den wegen seiner Brutalität berüchtigten Sohn Cesare gewähren. Schon bald unterwarf sich der 1498 in den Laienstand zurückversetzte Cesare im Wechselspiel zwischen Papst und französischer Krone als Söldnerführer (Condottiere) und "Herzog der Romagna" halb Italien.

Und das "System Borgia" funktionierte. Für prächtige Bauvorhaben, Intrigen und Feldzüge wurde das Vermögen des Heiligen Stuhls verschleudert, zur Geldbeschaffung Kardinalshüte an die Reichen der Welt verschachert. In Rom konnte Cesare schalten und walten. Einem Verfasser von Schmähschriften wurden der Überlieferung zufolge Hand und Zunge abgeschnitten. Wer sich dem Sohn des Papstes in den Weg stellte, so heißt es, wurde erdrosselt, erstochen oder in den Kerker der Engelsburg geworfen.

Brudermord und weitere blutige Details

Seinen vom Vater noch mehr geliebten älteren Bruder Juan soll Cesare 1497 gemeuchelt haben; den zweiten Ehemann seiner Schwester auch, da er eine "zu schlechte Partie" abgegeben habe. Den päpstlichen Kämmerer schließlich sogar dergestalt, dass Alexander VI. persönlich von einem Blutspritzer im Gesicht getroffen worden sein soll. Es sind jene Geschichten von Dolchen, Gift und Leichen im nächtlichen Tiber, die bis heute ein Zwielicht auf das Papsttum der Epoche werfen. Der 1498 auf päpstliches Geheiß verbrannte Bußprediger Girolamo Savorarola nannte Rom eine "Kloake der Verdorbenheit".

Nach dem Heiligen Jahr 1500 lief alles auf die Borgias zu. Doch gerade, als der Traum vom eigenen Königreich in Mittelitalien zum Greifen nahe schien, brach er wie ein Kartenhaus zusammen. Im August 1503 erkrankten Alexander VI. und Cesare so plötzlich wie gleichzeitig. Der Sohn kam knapp mit dem Leben davon, der Vater nicht. "Römisches Fieber", so lautet die wahrscheinliche Todesursache. Allerdings streuten die Gegner auch das Gerücht, die beiden seien Opfer ihres eigenen Giftanschlags auf einen Kardinal der Gegenpartei geworden.

Die schützende Hand verdorrt

Kaum war die schützende Hand verdorrt und mit dem Rovere-Papst Julius II. ein mächtiger Rivale gewählt, fielen die unterworfenen Territorien Mittelitaliens von Cesare ab. Er verließ Rom, geriet durch Verrat für drei Jahre in spanische Gefangenschaft und floh schließlich zu seinem Schwager, dem König von Navarra. Am 12. März 1507 endete das wilde Leben des Cesare Borgia; durch Gewalt natürlich. Bei der Belagerung der nordspanischen Stadt Viana rannte er in einen tödlichen Hinterhalt. Sehenden Auges und mit Todesverachtung, wie die Quellen wissen wollen.

War Lucrezia Borgia eine Giftmischerin?  / © Pim Pic (shutterstock)
War Lucrezia Borgia eine Giftmischerin? / © Pim Pic ( shutterstock )

Zweifellos war Cesare kein Humanist, sondern ein gewissenloser und brutaler Herrscher. Dem beeindruckten Zeitgenossen Niccolo Macchiavelli diente er als Vorbild für das staatstheoretische Werk "Il principe" (Der Fürst). Dennoch fand zuletzt zumindest ein gewisses Umdenken in seiner historischen Bewertung statt - vor allem, da die Überlieferung nicht zuletzt auf Zerrbildern politischer Gegner basiert.

Denn ja: Auch die römische Opposition hat mächtig mitgestrickt am Mythos der Borgia als rücksichtslos, verschlagen, bestechlich, zügellos, gierig und gewalttätig. Für Autorinnen und Künstler wurden sie freilich erst dadurch eine bleibende Inspirationsquelle.

Zölibat

Das Wort "Zölibat" kommt von dem lateinischen Ausdruck caelebs, was so viel bedeutet wie ehelos. Der Begriff "Zölibat" bezeichnet die von Priestern und Mönchen zahlreicher Religionen geforderte Ehelosigkeit und den Verzicht auf jede Form der sexuellen Betätigung. Begründet wird der Zölibat in erster Linie mit dem Hinweis darauf, dass Jesus Christus selbst ehelos war und die Ehelosigkeit "um des Himmelreiches willen" für diejenigen empfahl "die es erfassen können" (Mt 19,12).

Zölibat: Debatte dauert an / © Katharina Ebel (KNA)
Zölibat: Debatte dauert an / © Katharina Ebel ( KNA )
Quelle:
KNA