USA reagiert auf Mordanschlag auf evangelikalen Influencer

"Er liebte die offene Debatte"

Für die einen war er eine Hassfigur, für die anderen ein Verteidiger konservativer Werte. Das tödliche Attentat auf den Influencer Charlie Kirk wühlt das christliche Amerika auf. Auch US-Präsident Donald Trump würdigt Kirks Engagement.

Autor/in:
Tobias Käufer
Ein Foto des getöteten rechtskonservativen Podcasters Charlie Kirk steht im Utah State Capitol / © Madeleine Kelly/ZUMA Press Wire (dpa)
Ein Foto des getöteten rechtskonservativen Podcasters Charlie Kirk steht im Utah State Capitol / © Madeleine Kelly/ZUMA Press Wire ( dpa )

Das letzte Wort, das Charlie Kirk (31) über die Lippen kam, war "Gewalt". Videos von dem brutalen Attentat auf dem Campus der Utah Valley University zeigen den Vorfall mit Schüssen auf den Influencer aus verschiedenen Perspektiven. Der Täter war bisher flüchtig.

Wenige Stunden später gibt US-Präsident Donald Trump bekannt, Kirk sei seinen schweren Verletzungen erlegen. Kirk war ein christlicher Influencer mit riesiger Reichweite. Wie schwer sich die Medien mit einer Einordnung tun, zeigten die ersten Schlagzeilen nach dem Anschlag. 

Charlie Kirk / © Alex Brandon/AP (dpa)
Charlie Kirk / © Alex Brandon/AP ( dpa )

Je nach politischer Ausrichtung war Kirk konservativ, rechts, rechtsextrem oder christlich-nationalistisch. Er vertrat Überzeugungen, die gemeinhin als erzkonservativ bezeichnet werden. Er kritisierte die Gender-Ideologie, Schwangerschaftsabbrüche, warb für das traditionelle Familien-Bild, bestehend aus miteinander verheiratetem Mann, Frau und Kindern und für freien Waffenbesitz.

Roll back an Universitäten

Konservative christliche Werte waren ihm so wichtig, dass er vor über zehn Jahren damit begann, in den bis dato meist von linken Vereinigungen dominierten Studentenschaften der US-Universitäten oder High Schools eine Gegenbewegung aufzubauen. "Turning Point" hieß die Organisation, die zu einer mächtigen Jugendbewegung heranwuchs. Er fühle, dass die Jugend "auf der Suche" sei, sagte Kirk zum Erfolg seiner Organisation. 

Kirk machte das Spannungsfeld von christlichen Überzeugungen inmitten gegensätzlicher liberaler und konservativer Kirchen-Strömungen zu einem Geschäftsmodell, was ihn wiederum zum Multimillionär machte. Und zum gefragten internationalen Gesprächspartner: In Brasilien hatte er direkte Kontakte zur Familie des rechtspopulistischen Ex-Präsidenten Jair Bolsonaro, in Argentinien zum libertären Präsidenten Javier Milei.

Für Trump wurde Kirk indes zum Konstrukteur einer konservativen politischen Jugendbewegung. "Man sagt, die Jugend sei linksliberal, vielleicht war sie das, aber jetzt ist sie das nicht mehr", sagte Trump in einer Rede im vergangenen Wahlkampf.

Millionen Follower

Am Tag seiner Ermordung verteilte Kirk auf dem Campus die roten Base Caps mit der Aufschrift "Make America Great Again", dem Leitspruch der MAGA-Bewegung. In den großen sozialen Netzwerken X (5,5 Millionen Follower) oder Instagram (8 Millionen) kam man nicht mehr an Kirk vorbei. Millionen folgten seiner "Charlie Kirk Show". 

Mit Vertretern der katholischen Kirche diskutierte er über den richtigen Weg zum Glauben. Das Wichtigste sei, dass die Menschen zu Jesus finden, die Kirche wolle sie aber zum Katholizismus bringen, kritisierte er aus evangelikaler Perspektive. Katholische Vertreter hielten dem entgegen, genau das habe Jesus gewollt, denn die katholische Kirche sei die Kirche Jesu.

Die Polizei sperrt einen Bereich ab, nachdem Charlie Kirk, Geschäftsführer und Mitbegründer der konservativen Jugendorganisation Turning Point USA, angeschossen wurde / © Tess Crowley/The Deseret News/AP (dpa)
Die Polizei sperrt einen Bereich ab, nachdem Charlie Kirk, Geschäftsführer und Mitbegründer der konservativen Jugendorganisation Turning Point USA, angeschossen wurde / © Tess Crowley/The Deseret News/AP ( dpa )

In den sozialen Netzwerken posteten Anhänger Bilder, die Kirk mit seiner Frau Erika und den beiden Kindern als Bilderbuchfamilie zeigen. Wenig später machen mit künstlicher Intelligenz erzeugte Bilder ihren Weg durch das Netz, die ihn als Märtyrer präsentieren: Mit amerikanischer Flagge und der Bibel in der Hand. Sie wurden millionenfach geteilt.

Erinnerung an Martin Luther King

Bei CNN erinnerte David Axelrod, der ehemalige Berater von Ex-Präsident Barack Obama, an die Stimmung in den USA nach der Ermordung des Bürgerrechtlers und Predigers Martin Luther King im Jahr 1968. Mike Johnson, republikanischer Sprecher des Repräsentantenhauses, sagte bei CNN, Kirk habe niemanden gehasst, stattdessen "liebte er die offene Debatte". Er sei ein Verfechter der Idee des freien Marktes der Ideen gewesen. 

US-Vizepräsident JD Vance kommentierte bei X, Kirks Veranstaltungen seien einer der wenigen Orte gewesen, an denen ein offener und ehrlicher Dialog zwischen Linken und Rechten stattgefunden habe.

Donald Trump / © Jae C. Hong (dpa)
Donald Trump / © Jae C. Hong ( dpa )

Am Abend meldete sich Präsident Trump zu Wort und machte die "radikale Linke" für den Anschlag verantwortlich. Das Monster, das ihn angegriffen habe, habe das ganze Land angegriffen. Kirks Vermächtnis werde für immer bestehen bleiben. Und dann sprach Trump das Wort aus, das Kirks Anhänger nun zigtausendfach in den sozialen Netzwerken teilen: "Er ist ein Märtyrer für Wahrheit und Freiheit."

Wurzeln der evangelikalen Bewegung

Die evangelikale Bewegung hat ihre Wurzeln im Pietismus und Methodismus sowie in der deutschen Erweckungsbewegung des 19. Jahrhunderts, für die etwa Ludwig Hofacker in Württemberg und Johann Hinrich Wichern in Hamburg stehen. Vorläufer der heutigen Organisationsvielfalt im evangelikalen Bereich sind Bibel- und Missionsgesellschaften, die Christlichen Vereine Junger Männer und Frauen sowie die evangelischen Gemeinschaften, die sich 1888 in Gnadau bei Magdeburg zu einer ersten Pfingstkonferenz versammelten. Einen Schub erlebte die evangelikale Bewegung in der zweiten Hälfte des 20.

Symbolbild: Gottesdienst einer evangelikalen Glaubensgemeinschaft / © Paul shuang (shutterstock)
Symbolbild: Gottesdienst einer evangelikalen Glaubensgemeinschaft / © Paul shuang ( shutterstock )
Quelle:
KNA