Kölner Generalvikar berichtet von großer Dankbarkeit in Myanmar

"Wir sind gemeinsam katholisch"

Myanmar sei wunderschön, sagt Guido Assmann nach seiner ersten Reise in das Land. Der Kölner Generalvikar hat jedoch auch großes Leid und Not erlebt. Die Kirche hilft den Betroffenen vor Ort, auch durch Spenden des Erzbistums.

Autor/in:
Alexander Foxius
Myanmar, Rangun: Menschen beten in einem Gottesdienst (Archiv) / © Paul Haring (KNA)
Myanmar, Rangun: Menschen beten in einem Gottesdienst (Archiv) / © Paul Haring ( KNA )

DOMRADIO.DE: Sie waren Ende August zu einem Solidaritätsbesuch in Myanmar. Wie haben Sie das Spannungsfeld zwischen der Schönheit des Landes und der Not, die dort herrscht, erlebt?

Guido Assmann / © Harald Oppitz (KNA)
Guido Assmann / © Harald Oppitz ( KNA )

Monsignore Guido Assmann (Generalvikar des Erzbistums Köln): Es war eine weite Reise bis Myanmar. Dort ist zur Zeit Regenzeit. Als wir ankamen, mussten wir uns an die hohen Temperaturen und die Schwüle der Luft gewöhnen. Aber es war alles grün. Die Bäume und die Landschaft waren so schön, dass wir zwischendurch mal gesagt haben, hier könnte man wunderbar Urlaub machen. 

Wenn man jedoch die Menschen hört, die dort leben, entsteht ein anderes Bild. Wir sind Menschen begegnet, die uns von dem schlimmen Erdbeben im März mit vielen Tausenden Toten erzählt haben. 

Wir konnten auch Obdachlose besuchen und mit ihnen sprechen. Wir hörten von der Militärregierung, die seit 2021 gegen die eigene Bevölkerung kämpft und nichts für die Menschen tut. Das Einzige was die Regierung macht, ist, junge Männer ins Militär zu ziehen, Bomben auf Dörfer zu werfen und Häuser abzubrennen. Das ist schon eine große Spannung. Man muss das im Kopf erst mal richtig sortieren.

Guido Assmann

"Auch wenn sie nicht viel hatten, wurde Tee gereicht, eine Mahlzeit bereitet oder Obst hingestellt."

DOMRADIO.DE: Gab es eine Begegnung, die sie besonders beeindruckt hat?

Assmann: Zunächst hatten wir einige Gespräche mit Bischöfen und anderen Verantwortlichen aus den verschiedenen Bistümern geführt. Das war der Anfang. Dann haben wir verschiedene Hilfsprojekte besuchen können. Die Verantwortlichen haben uns begleitet und zu bestimmten Projekte geführt, bei denen Menschen beispielsweise eine kleine Unterkunft bekamen. 

In einer großen Halle wurden für die Flüchtlinge des Bürgerkrieges Zwischenwände eingerichtet. Viele Menschen vom Land sind in die großen Städte gegangen, wo im Moment keine Kampfhandlungen sind. Nur dort konnten wir hin. In andere Bereiche konnten wir aus Sicherheitsgründen nicht hin. 

Wir haben an einem Tag viele Einrichtungen besucht, in denen Menschen in kleinen Behausungen untergekommen sind. Diese bestehen aus Bambusstäben und einem Bambusdach, damit die Feuchtigkeit sie nicht nass macht. Auf ungefähr vier Quadratmetern lebt eine ganze Familie – und daneben die Nächste. Es sind 80 Familien auf einem Grundstück.

Die Unterkünfte wurden von Buddhisten an ihren Tempeln zur Verfügung gestellt. Die katholische Kirche ist dort klein. Sie teilt auch mit Hilfe der Mittel des Erzbistums Köln Lebensmittel aus. Trotz dieser Armut drücken die Menschen eine Freundlichkeit aus. Wo wir hinkamen, erlebten wir eine große Gastfreundschaft. Auch wenn sie nicht viel hatten, wurde Tee gereicht, eine Mahlzeit bereitet oder Obst hingestellt.

Guido Assmann

"Wir haben eine große Dankbarkeit gespürt, die uns fast ein bisschen beschämt hat, weil wir nur die Botschafter waren." 

Unsere Hilfe aus dem Erzbistum Köln ist gut angekommen. Wir haben eine große Dankbarkeit gespürt, die uns fast ein bisschen beschämt hat, weil wir nur die Botschafter waren. Diesen Dank möchte ich gerne an alle im Erzbistum Köln weitergeben. Das Geld kommt an.

Guido Assmann

"Dieser Gedanke der Partnerschaft ist enorm wichtig. Wir sind nicht die Reichen, die Geld dorthin schicken."

DOMRADIO.DE: Was kann man aus diesem Land für Deutschland adaptieren oder lernen?

Assmann: Der Gedanke der Partnerschaft ist enorm wichtig. Wir sind nicht nur die Reichen, die Geld dorthin schicken. Das ist aber ein ganz wichtiger Aspekt. Das wird uns in der Weltkirche und auch in Myanmar anerkannt. Wir haben auf dieser Solidaritätsreise immer versucht zu sagen, dass wir voneinander lernen können und gemeinsam katholisch sind. Das erleben wir trotz Sprachschwierigkeiten und großer Entfernung.

Die Fröhlichkeit der Menschen und dass sie nicht aufgeben, ist beeindruckend. Nach dem Wechsel zur Militärregierung, der Corona-Pandemie und dem Erdbeben fragen sich manche: Wo ist Gott? Wenn die Kirche dann da ist, kann sie Antworten geben. 

Vorher gab es zwischen den Buddhisten und Katholiken beziehungsweise Christen nicht so viel Kontakt. Die Tempelanlagen der Buddhisten sind auch teilweise zerstört wurden. Sie haben große Gelände und stellen diese für die Obdachlosen des Erdbebens zur Verfügung. Die katholische Kirche sorgt sich um die Menschen in diesen Auffanglagern. Das sind 80 bis 100 Familien mit an die sieben Personen. Die müssen versorgt werden. 

Guido Assmann

"Das gute Antlitz Jesu, wird durch das Tun der Kirche sichtbar." 

Die katholische Kirche geht hin und verteilt Lebensmittel. Einige Buddhisten sagen, die Katholiken und Christen helfen anderen. Diese Wahrnehmung, das gute Antlitz Jesu, wird durch das Tun der Kirche sichtbar. Da habe ich gedacht, wenn uns das gelingt, ein bisschen davon anzunehmen, dann ist das schön. 

Wir haben viele junge Menschen gesehen. Es ist ein Land mit vielen Kindern, aber wir haben kaum Jungs gesehen. Die Jungs verstecken sich im Moment vielfach im Dschungel. Auch die Eltern versuchen, die Jungs irgendwo zu verstecken. Das Militär kommt abends in die Häuser und fragt nach ihren Söhnen. Die Eltern sagen, dass sie nicht wissen, wo sie sind. 

Das Militär droht den Eltern mit Gefängnis, wenn der Sohn am Morgen nicht da ist. Das Militär macht Straßenkontrollen. Wenn sie den Jungen auf der Straße aufschnappen, muss er zum Militär und ist am nächsten Tag an der Front. Die Eltern wissen nicht, ob sie die Kinder wiedersehen. 

In so einer Situation den Glauben zu haben, Gespräche mit Priestern und andere Gläubigen zu führen, ist eine Hilfe. Es war schön, auch wenn es manche Sprachbarrieren gibt. Wir sind gemeinsam katholisch. Dieses Gefühl zu haben, ist wunderschön. Wir sind keine Sekte, sondern können auf der ganzen Welt die Botschaft Jesu leben.

Das Interview führte Alexander Foxius.

Hintergrund: Myanmar

Der in Südostasien gelegene Staat Myanmar ist auch unter seinem älteren Namen Burma beziehungsweise Birma bekannt. Das Land grenzt an Thailand, Laos, China, Indien und Bangladesch. Größte Stadt ist die am Irrawady-Delta gelegene 5-Millionen-Einwohner-Metropole Rangun/Yangon. Regierungssitz ist seit 2005 Naypyidaw im Zentrum des Landes.

Myanmar: Demonstranten halten Portraits von Aung San Suu Kyi hoch / © Daniel Ceng Shou-Yi (dpa)
Myanmar: Demonstranten halten Portraits von Aung San Suu Kyi hoch / © Daniel Ceng Shou-Yi ( dpa )
Quelle:
DR

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