Bischöfin Kirsten Fehrs sieht Kirche und Kunst unter einem wachsenden gesellschaftlichen Rechtfertigungsdruck. Dieser sei für sich nicht schlecht, habe aber seine Grenzen, so die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).
"Wer die Kunst zu einer Unterabteilung der politischen Bildung macht oder den Glauben zu einer Schule für anständiges Benehmen, nimmt ihnen das, was sie im Kern ausmacht und was sie für viele Menschen so kostbar macht", schreibt Fehrs in einem am Mittwoch veröffentlichten Gastbeitrag für die Zeitung "Politik & Kultur" des Deutschen Kulturrats (September-Ausgabe).
Kunst und Glaube leisteten einen Beitrag für eine demokratische Kultur: "Aber sie tun dies nicht direkt, unmittelbar, so dass man es schnell vorrechnen und beweisen könnte. Vielmehr entfalten sie ihre gesellschaftlichen Wirkungen indirekt, unbeabsichtigt. Ihr Nutzen liegt auch in ihrer Nutzlosigkeit", so Fehrs.
Mittel-Zweck-Berechnungen sind nicht alles
Wer den Sinn von Kunst und Glaube für die Gesellschaft zur Diskussion stellen wolle, "sollte nicht vorschnell direkte Nutzanwendungen aufzählen, sondern ein Verständnis dafür wecken, dass eine Gesellschaft nicht zuletzt von geistigen Leistungen und seelischen Erfahrungen lebt, die sich nicht in staatlichen oder wirtschaftlichen Mittel-Zweck-Berechnungen einfangen lassen", erklärte die Bischöfin.
Zugleich betonte sie: "Rechtfertigungsdruck mag für die Institutionsverantwortlichen anstrengend sein, ist aber eine demokratische Selbstverständlichkeit. Niemand ist davon ausgenommen, vor der Öffentlichkeit über die Sinnhaftigkeit des eigenen Tuns Auskunft zu geben - auch altehrwürdige kulturelle oder religiöse Einrichtungen nicht."