Bischofskonferenz beklagt "gefallene Tabus"

Gotteshäuser im Visier

Brandstiftung in Altarräumen, Exkremente in Beichtstühlen oder enthauptete Christusfiguren: Kirchen sind immer häufiger Opfer von Vandalismus. Viele Taten tauchen in der Statistik nicht gesondert auf. Nun fordern Politiker Maßnahmen.

Weihbischof Ansgar Puff besucht die beschädigte Kreuz­erhöhungs­kirche in Wissen (Kreis Alten­kirchen)  / © Jelen (Erzbistum Köln)
Weihbischof Ansgar Puff besucht die beschädigte Kreuz­erhöhungs­kirche in Wissen (Kreis Alten­kirchen) / © Jelen ( Erzbistum Köln )

In Kirchen hierzulande nimmt der Vandalismus nach Beobachtung der katholischen Deutschen Bischofskonferenz drastisch zu. "Was geradezu eskaliert, ist die Qualität der Kirchenvandalismen. Hier sind inzwischen sämtliche Tabus gefallen", sagte ein Sprecher der "Rheinischen Post" am Freitag. Seit einigen Jahren habe man es mit einer "verschärften Dimension" zu tun. So würden Zigarettenstummel "und anderer Unrat" vor Andachtsbildern abgelegt, Gebet- und Gesangbücher mutwillig beschädigt und Kirchenbänke umgestoßen. Zudem sei von einem "Dunkelfeld polizeistatistisch nicht erfasster Kirchenvandalismen" auszugehen.

In vielen Fällen gingen diese in die Polizeistatistiken als bloße Sachbeschädigungen ein. "Es wäre wünschenswert, wenn die staatlichen Profiler bei Vandalismen an Kirchen, christlichen liturgischen Gegenständen, sakralen Statuen und Andachtsbildern noch genauer hinschauen würden", sagte der Sprecher. 2023 und 2024 lag die Zahl der erfassten Fälle von Diebstählen und Sachbeschädigungen rund um Kirchen, Friedhöfe und Gebäude wie Pfarrheime jeweils im mittleren vierstelligen Bereich. Das geht aus einer zuvor veröffentlichten Umfrage der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) unter allen Landeskriminalämtern hervor.

Politik nimmt die Entwicklung ernst

Der religionspolitische Sprecher der Linken, Bodo Ramelow, zeigte sich angesichts dieser Entwicklung alarmiert. "Orte des religiösen Lebens zu zerstören oder gar zu entweihen, sind alarmierende Zeichen von gesellschaftlicher Verrohung und großer Respektlosigkeit", sagte er der Zeitung: Solche Taten beschädigten die ganze Gesellschaft. Ramelow schlug eine bundesweite Erfassung der Fallzahlen vor, um die Dimension einschätzen zu können - "und vor allem dann gezielte Maßnahmen gegen solche Taten zu entwickeln".

Lamya Kaddor, Beauftragte für Religionspolitik bei den Grünen, bezeichnete Vandalismusschäden an Kirchen als "besorgniserregend". Weiter sagte sie: "Angriffe auf religiöse Orte - seien es Kirchen, Moscheen, Tempel oder Synagogen - gehen uns alle an." Es sei traurig, dass Gemeinden vielerorts gezwungen seien, Kirchen aus Sicherheitsgründen zeitweise zu schließen. "Dadurch geht den religiösen Räumen ein Stück ihrer Offenheit und besonderen Atmosphäre verloren."

Vandalismus

Vandalismus bezeichnet eine dem Anschein nach blindwütige Beschädigung oder Verwüstung fremden Eigentums. Geprägt wurde der Begriff in der Französischen Revolution durch Bischof Henri Gregoire von Blois. Der Geistliche prangerte damit 1794 die ausufernde Kunstzerstörung radikaler Gruppen von Arbeitern und Handwerkern an. Das Wort leitet sich ab von einem germanischen Stamm, der im Jahr 455 in Rom einfiel. Die Wendung "wie die Vandalen hausen" ging in den allgemeinen Sprachgebrauch ein.

Vandalismus in Kirchen / © Harald Oppitz (KNA)
Vandalismus in Kirchen / © Harald Oppitz ( KNA )
Quelle:
KNA