Für mehr außenpolitische Zuversicht hat der frühere NRW-Ministerpräsident Armin Laschet am Mittwochabend im Münsteraner St.-Paulus-Dom geworben. Im Rahmen der Vortragsreihe DomGedanken sprach der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Deutschen Bundestags unter der Überschrift "Europa wird gelingen".
Doch zunächst ging Laschet auf die aktuelle weltpolitische Lage ein. Die Bilder aus Washington hätten in dieser Woche wieder einmal gezeigt, dass inzwischen auch dort – wie an vielen Orten in der Welt – das Recht des Stärkeren eine größere Rolle spiele als geltendes Recht. Im Vergleich zu früher habe sich auch der Verhandlungsstil verändert: "Früher hat man ein Foto gemacht und sich danach zum persönlichen Gespräch zurückgezogen. Heute wird live übertragen, wie der eine über den anderen im Oval Office redet. Und jeder spricht in Echtzeit auch für seine eigene Öffentlichkeit. Jeder will in seinem eigenen Land gut dastehen und spricht nicht so offen, wie es nötig wäre, um sich zu vertrauen und Lösungen zu finden", kritisierte Laschet. Die Bilder aus dem Weißen Haus hätten ebenso deutlich gemacht, dass jeder einzelne europäische Staats- und Regierungschef allein zu schwach sei: "Meistens braucht es erst eine Krise, damit Europa erkennt, dass wir uns diese kleinen Streitigkeiten untereinander nicht mehr leisten können."
Dieses Bild übertrug Laschet auch auf andere politische und gesellschaftliche Themen: "Es täte unserer Politik und unseren Debatten gut, wenn man nicht jede Frage moralisch überhöhen würde, und diejenigen, die das anders sehen, in die Ecke stellt. Wir müssen zu einer Kultur kommen, in der man andere Meinungen auch zulässt", forderte er. Diese inneren Diskussionen seien auch deshalb wichtig, damit Populisten es nicht schafften, die Menschen mit Verkürzungen gegeneinander aufzubringen.
Der frühere CDU-Chef erinnerte an die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg: Nach 60 Millionen Kriegstoten und sechs Millionen ermordeten Juden in Europa hätte jeder verstehen können, wenn die anderen Länder gesagt hätten: "Mit diesen Deutschen reden wir die nächsten 20 Jahre nicht mehr." Stattdessen habe der damalige französische Außenminister Robert Schuman gesagt: "Wir reichen den Deutschen die Hand. Wir arbeiten nur noch gemeinsam, für eine europäische Zukunft." Dieser gigantische Schritt habe 80 Jahre Frieden in Europa erst möglich gemacht.
Gerade in Krisenzeiten sei die Angst, dass alles schiefgehen könne, nichts, was uns fern sei, sagte Laschet. "Aber es gab immer wieder Menschen, die darauf vertraut haben, dass wir es zum Guten wenden können." In einer instabilen Weltlage wie heute seien Menschen mit Grundüberzeugungen wichtig, um Halt zu geben. Auch der Glaube könne einem Zuversicht geben: "Die christliche Botschaft ist das Beste, was man der Menschheit anbieten kann. Wenn sich jeder daran halten würde, Nächstenliebe zu pflegen, Respekt vor der Würde des anderen als Gottes Ebenbild zu haben: Dann hätten wir keine Kriege mehr."
Die Vortragsreihe der DomGedanken steht in diesem Jahr unter dem Leitwort "Zukunft Deutschland – Bestehen in einer gefahrvollen Welt". Nächste Rednerin ist am Mittwoch, 27. August, die frühere deutsche Botschafterin beim Heiligen Stuhl, Dr. Annette Schavan. Ihr Thema lautet: "Die Kraft der Religionen und ihr Gestaltungspotential für eine friedliche Welt."
Alle Veranstaltungen überträgt das Bistum Münster live auf www.bistum-muenster.de sowie auf www.paulusdom.de, außerdem auf dem Facebook- und dem Youtube-Kanal des Bistums Münster. Die Veranstaltungsreihe wird durch Evonik Industries ermöglicht.