Vatikanexperte erklärt Papst-Kommunikation bei besonderen Anlässen

Die Telegramme des Papstes

Ob E-Mails oder Social Media, neue Medien werden auch im Vatikan genutzt. Der Papst verschickt jedoch auch noch Telegramme und das mehrmals im Monat. Was es mit dieser Tradition auf sich hat, erklärt Vatikanexperte Ulrich Nersinger.

Schild mit der Aufschrift "Poste Vaticane" / © Cineberg (shutterstock)
Schild mit der Aufschrift "Poste Vaticane" / © Cineberg ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: Zu welchen Anlässen schickt der Papst heute noch Telegramme?

 Ulrich Nersinger (Vatikanexperte und Autor): Das sind besondere Anlässe. Wenn der Papst einen Staatsbesuch oder einen Pastoralbesuch macht, überfliegt er gewisse Länder. Wenn er diese Länder überfliegt, sendet er ein Telegramm an das jeweilige Staatsoberhaupt. Das ist ein Höflichkeitsakt. 

Vatikanexperte und Buchautor Ulrich Nersinger. (EWTN)
Vatikanexperte und Buchautor Ulrich Nersinger. / ( EWTN )

Dann gibt es Telegramme, wenn große Katastrophen geschehen sind. Bei denen spricht der Papst der staatlichen Regierung sein Beileid aus, oder auch dem jeweiligen Bischof, in dessen Diözese sich diese Katastrophe ereignet hat.

Ulrich Nersinger

"Obwohl es kaum noch Telegramme gibt, wird mit ihnen eine gewisse Schnelligkeit verbunden."

DOMRADIO.DE: Gibt es bestimmte Vorschriften, wie dieses Telegramm formuliert wird?

Nersinger: Ja, das hat sich so eingebürgert, dass es ein einen bestimmten Sprach- und Schreibmodus gibt, zum Beispiel nur Großbuchstaben. Dann ist es so, dass das Telegramm an sich eine gewisse Dringlichkeit und Bedeutsamkeit vermittelt. 

Obwohl es kaum noch Telegramme gibt, wird mit ihnen eine gewisse Schnelligkeit verbunden. Eine Botschaft, die schnell gesendet wird und damit eine bedeutsame Botschaft ist. Ich denke, das ist das, was wir mit dem Telegramm heute noch verbinden.

DOMRADIO.DE: Anders als bei den sozialen Medien kommt dieses Telegramm bei einer Person an und kann nicht direkt an Millionen andere weiter verschickt werden, oder?

Nersinger: Das ist auch ein Faktor, der mitspielt.

Weihbischof em. Melzer mit dem päpstlichen Telegramm / © Hirschbeck (Erzbistum Köln)
Weihbischof em. Melzer mit dem päpstlichen Telegramm / © Hirschbeck ( Erzbistum Köln )

DOMRADIO.DE: Gab es Telegramme, die es ins kollektive Gedächtnis der Öffentlichkeit geschafft haben?

Nersinger: Ich hoffe es. Ich weiß gar nicht, ob das noch im Bewusstsein der Leute ist. Im Jahre 1977 hat die RAF das Flugzeug "Landshut" entführt. Damals sendete Papst Paul VI. ein Telegramm an den Erzbischof von Köln. 

Telegramm belegt die Bereitschaft Papst Pauls VI. zum Geiselaustausch (Erzbistum Köln)
Telegramm belegt die Bereitschaft Papst Pauls VI. zum Geiselaustausch / ( Erzbistum Köln )

In dem Telegramm erklärte er mehr oder weniger die Bereitschaft, sich selber als Geisel an die Terroristen zur Verfügung stellen, wenn das mögliche sei. Das ist ein sehr außergewöhnliches Telegramm gewesen. Ich kann mich nicht entsinnen, dass es eins ähnlicher Art gegeben hat.

Ulrich Nersinger

"Es gab festgesetzte Zeiten, in denen über Radio Vatikan kodierte Nachrichten an die Nuntiaturen des Papstes in aller Welt gesendet wurden."

DOMRADIO.DE: Mit welcher Methode hat der Vatikan noch Geheimbotschaften verschick?

Nersinger: Es gab die alte Methode, dass man Kuriere entsandte. Papst Pius XI., der von 1922 bis 1939 regierte, hat Radio Vatikan gegründet. Er war auf die Idee gekommen, Radio Vatikan nicht nur als Verkündigungsorgan, als Botschaft an die Gläubigen zu nutzen. 

Es gab festgesetzte Zeiten, in denen über Radio Vatikan kodierte Nachrichten an die Nuntiaturen des Papstes in aller Welt gesendet wurden. Man hat Radio Vatikan damals in doppelter Funktion genutzt.

DOMRADIO.DE: Nutzt man auch heute noch Verschlüsselungsverfahren, um Botschaften geheim zu übermitteln?

Nersinger: So viel ich weiß, gibt es heute noch Kodiergeräte in den Botschaften, die auch genutzt werden. Nachrichten werden nicht mehr über Radio Vatikan, sondern über andere Medien versendet. Aber diese Kodierapparate gibt es noch für besonders wichtige und geheime Nachrichten.

DOMRADIO.DE: Jeder Besucher oder jede Besucherin des Vatikans kann ein Telegramm am Schalter der Vatikanpost aufgeben. Ein Telegramm mit 20 Wörtern nach Deutschland kostet zum Beispiel 7,60 Euro. Aber wie wird das ausgeliefert? Der Telegrammservice in Deutschland ist seit dem 31. Dezember 2022 eingestellt worden. Haben Sie eine Idee, wie die Telegramme die Adressaten erreichen können?

Nersinger: Es ist mir im Grunde schleierhaft. Ich habe mich auch gefragt, wie das geht.

Ich vermute, es gibt noch private Telegrammdienste. Eventuell wird das Telegramm über diese privaten Dienste verschickt wird. Es kann auch sein, dass man das Telegramm nur so nennt und es dann als E-Mail oder Scan verschickt wird.

Wobei es dann kein Telegramm im klassischen Sinn ist. Ich kann mir da wirklich nur vorstellen, dass es entweder mit der Post zugestellt wird oder durch einen privaten Telegrammdienst.

Außer, dass es vielleicht möglich ist, dass die Regierungen noch untereinander über einen Telegrammdienst verfügen. Das wäre auch eine Möglichkeit. Da stehen wir momentan vor einem kleinen Geheimnis, das wir noch entschlüsseln müssen.

Das Interview führte Dagmar Peters.

Die neuen Kurzwellensendungen von Radio Vatikan:

Bis 26. März (Winterzeit)
Russisch, CET 06:00-06:20, UTC 05:00-05:20, 7260 kHz, 9715 kHz
Ukrainisch, CET 06:20-06:40, UTC 05:20-05:40, 7260 kHz, 9715 kHz

Ab 27. März (Sommerzeit)
Ukrainisch, CET 06:40-07:00,UTC 04:40-05:00,  7260 kHz, 9705 kHz
Russisch, CET 07:00-07:20, UTC 05:00-05:20, 7260 kHz, 9705 kHz

Ein altes Radio / © Felipe Mahecha (shutterstock)
Quelle:
DR

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