Sind die Demokraten für US-Katholiken noch wählbar?

"Es findet keine inhaltliche Profilierung statt"

Seit einem halben Jahr ist Donald Trump erneut US-Präsident. Die unterlegenen Demokraten suchen seitdem nach ihrer politischen Ausrichtung. Benjamin Dahlke sieht die katholischen Wähler in einer Schlüsselposition. Ein Gastkommentar.

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Prof. Dr. Benjamin Dahlke
Joe Biden und Kamala Harris / © Chip Somodevilla/Pool Getty Images/AP (dpa)
Joe Biden und Kamala Harris / © Chip Somodevilla/Pool Getty Images/AP ( dpa )

Fast täglich berichten die Medien über US-Präsident Donald Trump und seinen Stellvertreter JD Vance. Aktuell geht es vor allem um jene Zölle, mittels derer die amerikanische Industrie vor Konkurrenz geschützt werden soll, oder die Kriege in Gaza und der Ukraine. 

Während die beiden Republikaner die öffentliche Wahrnehmung dominieren, ist von der Demokratischen Partei nur wenig zu hören. Dabei sind inzwischen mehrere Monate vergangen, seit sie die Präsidentschaftswahl verloren hat – ziemlich unerwartet und überraschend deutlich. Gerade das mag erklären, warum die Partei in eine Art Schockstarre gefallen ist. Sie betreibt momentan weder konstruktive Oppositionsarbeit, noch hat sie sich personell erneuert.

Personelle Erneuerung?

Zu ihren bekanntesten Gesichtern zählt weiterhin Nancy Pelosi, lange Zeit Sprecherin des Repräsentantenhauses, die inzwischen über 85 Jahre alt ist. Außerdem ist die Trump unterlegene Präsidentschaftskandidatin Kamala Harris unverändert präsent und hält sich offen, Ende 2028 erneut anzutreten. Kürzlich kündigte sie nämlich an, sich nicht als Gouverneurin des Bundesstaates Kalifornien bewerben zu wollen. Welche Rolle Harris künftig innerhalb der Partei spielen möchte, führte sie dabei nicht aus. Das stellt insofern ein Problem dar, als es mögliche andere Bewerber für eine Nominierung vorsichtig sein lässt. 

Bislang ist aber nicht nur die personelle Erneuerung ausgeblieben; es findet auch keine inhaltliche Profilierung statt. Wofür stehen eigentlich die Demokraten? Welche wirtschaftspolitischen oder geostrategischen Konzepte bieten sie als Alternative zur aktuellen Regierung an?

Harris und die Katholischen Wähler

Mit Blick auf die nächsten Präsidentschaftswahlen wäre außerdem zu klären, wie das Verhältnis zum Katholizismus aussehen soll. Immerhin handelt es sich um eine erhebliche Wählergruppe, die zu vernachlässigen ein Fehler wäre. Traditionell galten die Republikaner als Partei der gesellschaftlich tonangebenden, alteingesessenen White Anglo Saxon Protestants. Unweigerlich wandten sich die katholischen Migranten, die häufig einfachen Berufen nachgingen und gewerkschaftlich organisiert waren, deshalb den Demokraten zu. Einige machten sogar in der Partei Karriere: John F. Kennedy und Joseph Biden stammten aus irischen Einwandererfamilien und besuchten auch als Präsidenten regelmäßig die Messe. Beide konnten mehrheitlich die Stimmen der Katholikinnen und Katholiken für sich verbuchen. 

Kamala Harris, die einer liberalen Baptistengemeinde angehört, gelang das hingegen nicht. Lediglich 43 Prozent der katholischen Wähler stimmten für sie, 55 Prozent hingegen für Trump – obwohl er sich als konfessionsloser Christ bezeichnet. Selbst die spanischsprechenden Kirchenmitglieder mit Wurzeln in Südamerika, die sogenannten Latinos, haben zu 41 Prozent und damit in erstaunlichem Maße den Kandidaten der Republikaner gewählt. Besonders interessant: Je häufiger der Messbesuch, desto höher war im Jahr 2024 die Wahrscheinlichkeit, für Trump zu stimmen. 

Themen für Katholiken

Den Strategen der Demokraten sollte das zu denken geben. Schließlich vertritt ihre Partei vielfach Positionen, die nicht im Einklang mit der kirchlichen Lehre stehen. Offenkundig ist das in Bezug auf die Abtreibung. Harris baute ihre Kampagne maßgeblich auf deren weitreichender Freigabe auf. Wem das Thema Lebensschutz wichtig war, musste geradezu republikanisch wählen. Würde die Demokratische Partei in diesem Punkt moderater werden, könnte sich das durchaus ändern. Zudem gibt es viele weitere Themen, mit denen sie Katholikinnen und Katholiken ansprechen kann: zum einen die Bewahrung der Schöpfung, die angesichts vieler kostspieliger Naturkatastrophen ein im Alltag relevantes Thema ist, zum anderen eine geordnete Migration, ohne welche die US-Wirtschaft gar nicht auskommt. Beide Anliegen finden auch in den Stellungnahmen von Papst Franziskus und Papst Leo XIV. Unterstützung. 

Momentan sieht es allerdings nicht so aus, als würde sich die Demokratische Partei in die Mitte des politischen Spektrums bewegen. Stattdessen ist mit den Democratic Socialists of America ihr linker, eher kirchenkritischer Flügel medial stark präsent. Ihm gehören Bernie Sanders, einflussreicher Senator aus Vermont, und die New Yorker Abgeordnete Alexandria Ocasio-Cortez an. Für Furore sorgt außerdem der junge Muslim Zohran Kwame Mamdani.

Wohin geht es?

Im November tritt er in New York als Bürgermeisterkandidat an und ist ebenfalls Mitglied der Democratic Socialists of America. Mamdani fordert etwa einen kostenlosen öffentlichen Nahverkehr, einen Mietpreisdeckel sowie die Verdoppelung des Mindestlohns bis zum Jahr 2030. Seine Nominierung hat das Parteiestablishment aufgeschreckt und dazu veranlasst, den vormaligen Gouverneur Andrew Cuomo, einen Katholiken, als unabhängigen Kandidaten ins Rennen zu schicken.

In welche Richtung sich die Demokraten in den Vereinigten Staaten bewegen, lässt sich derzeit also kaum absehen. Selbstverständlich ist es keine Strategie, allein auf die Fehler der Republikaner zu setzen und bloß abzuwarten. Vielmehr sollte die Partei überlegen, wie sie stärker an die Mitte der Gesellschaft Anschluss finden kann, denn schließlich werden dort die Wahlen gewonnen.

Benjamin Dahlke / © Dr. Christian Klenk/KU Eichstätt-Ingolstadt
Benjamin Dahlke / © Dr. Christian Klenk/KU Eichstätt-Ingolstadt

Zum Autor: Benjamin Dahlke ist USA-Experte und Professor für Dogmatik an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt.

Quelle:
DR

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