Er suhlt sich im Kot, beißt den Paketboten und rupft ein Huhn des Nachbarn. Hund Kalle bringt Christian Busemann an den Rand des Wahnsinns. Und nicht nur das: Weil er den Vierbeiner gegen den ausdrücklichen Willen seiner Frau angeschafft hat, sorgt das Tier für einen Ehestreit. Es folgen Paarberatung, Selbstreflexion und die Einsicht, sich selbst weiterentwickeln zu müssen. Busemanns Weg zum katholischen Glauben startet.
In seinem kürzlich erschienenen Buch "Jesus, ich und mein verrücktes heiliges Jahr" erzählt der 53-Jährige mit großer Offenheit und viel Selbstironie, wie er beginnt, sich mit Gott zu beschäftigen und schließlich katholisch wird. Ein Schritt, den der dreifache Vater und TV-Autor aus Hamburg immer wieder selbst hinterfragt. "Wer wird denn heutzutage freiwillig und mit wachem Verstand noch Katholik?", fragt er gleich zu Beginn und gibt sich selbst die Antwort: "Äh, ja, ich!"
Busemann pilgert nach Assisi
Busemann wird als Kind in der evangelischen Kirche getauft, später konfirmiert und getraut. Eine regelmäßige Gebetspraxis oder eine bewusste Gottesbeziehung pflegt er aber nicht.
Den ersten Impuls, das zu ändern, gibt eine Pilgerreise nach Assisi 2018. Dort sucht er Spuren seines verstorbenen Vaters - und findet weit mehr. Er trifft Franziskaner und spürt plötzlich, wie sich in seinem Inneren etwas tut: "Dieser Weg hat aber nicht nur nach Assisi geführt, er führte mich auch allmählich wieder zum Christsein."
Spielhaus zur Kapelle umgebaut
Den endgültigen Anstoß bringen 2023 der Hund und die Eheberatung. Busemann beschließt, "von der Pike auf das Christsein zu lernen". Er liest in der Bibel, geht ins Kloster, nimmt an einem Glaubenskurs teil und pilgert drei Tage lang barfuß über eine abgelegene irische Insel. Um sich einen Ort zum Beten zu schaffen, baut er das ehemalige Spielhaus seiner Kinder im heimischen Garten zu einer Kapelle um.
Schließlich tritt er in die katholische Kirche ein und empfängt vom Hamburger Erzbischof Stefan Heße das Sakrament der Firmung. "Ich habe mentale Leitplanken kennengelernt, die mich durch den Alltag und den Stress führen, auf die ich mich immer berufen kann, um klarzukommen in all dem Wahn", resümiert er.
"Tradition spendet mir Kraft"
Dabei steht Busemann nicht unkritisch zur Kirche. Er kennt die die Missbrauchsskandale und die Austrittszahlen. In einem Moment der Schwäche schämt er sich, seinen Glauben zu bekennen - und behauptet auf einer Moselkreuzfahrt kurzerhand, er sei evangelisch.
Seine Coachin Birgit rät ihm: "Wenn du Kirche analysierst, kommst du sicher schnell zu einem eher negativen Ergebnis [...] Aber wenn das Gefühl stimmt, dann ist alles richtig für dich." Und genau das ist sein Zugang: "Die Tradition, die sich über Jahrtausende geformt hat, spendet mir eine unerklärliche Kraft", erklärt Busemann seine Konversion. "Und darin dreht sich alles um Gott, von dem ich nichts weiß und der mir gleichzeitig ganz vertraut ist. In ihm fühle ich mich geborgen, von ihm geliebt, zu ihm gehöre ich."
Zahl der Neu-Katholiken steigt
Busemann ist einer von bundesweit rund 3.900 Erwachsenen, die im vergangenen Jahr neu in die katholische Kirche aufgenommen wurden. Hinzu kommen gut 4.700 Wiederaufnahmen. "Die Zahlen sind klein, aber seit der Corona-Pandemie steigen sie", sagt Pater Christian Modemann, der Busemann begleitet hat. "Die Motivationen sind so unterschiedlich wie die Menschen selbst", so der Leiter der Katholischen Glaubensinformation Hamburg. Manche träten in die Kirche ein wegen eines katholischen Partners, andere wegen ihrer Liebe zur Liturgie – oder weil sie überzeugenden Menschen begegnet seien. Wieder andere hätten im Leben viel erreicht und fragten sich, ob es da nicht noch mehr gibt.
So ging es offenbar auch Busemann. Ein Jahr nach seiner Konversion hat der Neu-Katholik eine Gruppe gefunden, mit der er sich über seinen Glauben austauscht, besucht regelmäßig die Messe und betet in seiner selbstgebauten Kapelle. "Ich gehe meinen Weg weiter. Ich bin ja noch ganz am Anfang", sagt er im Gespräch mit der Katholischen Nachrichtenagentur (KNA). Und Hund Kalle? Der hat inzwischen zehn Stunden Hundeschule absolviert und ist Teil der Familie geworden.