Bischof Meier wünscht scharfes Auge der Kirche bei Richterwahl

Kirche sollte sich Kandidaten ansehen

Bei gesellschaftlichen Grundsatzfragen muss sich die Kirche einmischen. Dieser Meinung ist jedenfalls Augsburgs Bischof Bertram Meier. Dies gilt demnach auch für die Wahl von Richtern für das Bundesverfassungsgericht.

Bertram Meier / © Dieter Mayr (KNA)
Bertram Meier / © Dieter Mayr ( KNA )

Der Augsburger Bischof Bertram Meier hält eine Einmischung der Kirchen in Sachen Verfassungsrichterwahl für geboten.

"Wir sollten als Kirche nicht Parteipolitik machen, uns nicht in Personalsachen groß einmischen. Aber wenn es um Grundsatzfragen geht, hat die Kirche meines Erachtens den Auftrag, sich einzumischen", sagte Meier dem Ingolstädter "Donaukurier" (Wochenende). 

Dies gelte etwa beim Thema Migration. "Oder aktuell bei der Diskussion um die Besetzung des Bundesverfassungsgerichtes. Da sollte es Aufgabe der Kirche sein, Kandidaten sich näher anzuschauen und dort, wo der Lebensschutz relativiert wird, eine solche Wahl zu hinterfragen."

Die Juristin Frauke Brosius-Gersdorf am 15. April 2024 in Berlin, während sie den Abschlussbericht der Kommission zur reproduktiven Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin vorstellte. / © Britta Pedersen (dpa)
Die Juristin Frauke Brosius-Gersdorf am 15. April 2024 in Berlin, während sie den Abschlussbericht der Kommission zur reproduktiven Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin vorstellte. / © Britta Pedersen ( dpa )

Der Bischof ergänzte: "Es ist wichtig, aber nicht in einem polemischen Ton, sondern sich in den Diskurs einzumischen. Ich bin fest davon überzeugt, dass dies auch weiterhin unsere Aufgabe sein wird. Sonst hätte Jesus die Bergpredigt nicht halten müssen. Das Christentum hatte gerade am Anfang eine große politische Sprengkraft. Denken wir zum Beispiel an das Thema Ehe, an das Thema der Sklaven. Bis hinein in die Gestaltung der Gesellschaft, die Sonntagskultur und so weiter. Wenn es um Grundlinien geht, da sind wir auch im ökumenischen Schulterschluss als Kirchen gefordert, klar Position zu beziehen."

Am 11. Juli war die Wahl neuer Richter fürs Bundesverfassungsgericht geplatzt. An der von der SPD vorgeschlagenen Kandidatin Frauke Brosius-Gersdorf waren Vorbehalte in der Unionsfraktion laut geworden. Hintergrund ist vor allem Brosius-Gersdorfs Haltung zur Menschenwürde von ungeborenen Kindern. Im Zentrum der Kritik stand unter anderem ein Satz der Verfassungsrechtlerin in einem Kommissionsbericht zum Thema Abtreibung aus dem vergangenen Jahr: "Es gibt gute Gründe dafür, dass die Menschenwürdegarantie erst ab Geburt gilt."

"Bitte keine Kreuzzüge führen"

Meier äußerte sich auch zum jüngsten Anti-Kruzifix-Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs. Dieses hatte am 9. Juli entschieden, ein staatliches Gymnasium hätte ein großes Kruzifix im Eingangsbereich auf die Forderung zweier Schülerinnen hin abnehmen müssen. 

"Wir müssen sensibel mit der Botschaft des Kreuzes bei uns umgehen", so Meier. "Also bitte keine Kreuzzüge führen, aber klarmachen, dass das Kreuz nicht nur Folterinstrument ist, sondern ein Lebenszeichen. Es ist ein starkes Symbol für einen Humanismus, der das Leid, das Sterben, den Tod ernst nimmt."

Zur Finanzpolitik in seinem Bistum erklärte Meier: "Ich möchte hier einen Stil der Partizipation groß werden lassen. Was wollen wir weiter haben, worauf wollen wir verzichten, was wollen wir verstärken?" 

Das Bistum Augsburg besitze um die 4.000 kirchlichen Immobilien, "die werden wir nicht alle halten können. Da möchte ich darum bitten, dass die Menschen Verständnis haben. Wir schauen uns die pastorale Situation vor Ort an. Gerade an Kirchen heranzugehen, ist das Delikateste, da hängt viel Herzblut dran. Als Erstes werden wir uns aber Pfarrheime und Bildungshäuser genauer anschauen."

Bundesverfassungsgericht

Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe wacht über die Einhaltung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland. Seit seiner Gründung im Jahr 1951 hat das Gericht dazu beigetragen, der freiheitlich-demokratischen Grundordnung Ansehen und Wirkung zu verschaffen. Das gilt vor allem für die Durchsetzung der Grundrechte. Zur Beachtung des Grundgesetzes sind alle staatlichen Stellen verpflichtet. Kommt es dabei zum Streit, kann das Bundesverfassungsgericht angerufen werden. Seine Entscheidung ist unanfechtbar. An seine Rechtsprechung sind alle übrigen Staatsorgane gebunden.

Außenansicht Bundesverfassungsgericht / © Harald Oppitz (KNA)
Außenansicht Bundesverfassungsgericht / © Harald Oppitz ( KNA )
Quelle:
KNA