Vatikan-Institutionen im Porträt: Das Glaubensdikasterium

Von der Inquisition zum modernen Ministerium

Im Sommer stellt DOMRADIO.DE gemeinsam mit Radio Vatikan die Institutionen des Heiligen Stuhls vor. Das Glaubensdikasterium galt über Jahrhunderte als wichtigste Einrichtung mit einem wechselhaften Ruf. Was sind seine Aufgaben heute?

Autor/in:
Stefan von Kempis und Stefanie Stahlhofen
Der Sitz des Glaubensdikasteriums, direkt neben dem Petersdom / © Romano Siciliani (KNA)
Der Sitz des Glaubensdikasteriums, direkt neben dem Petersdom / © Romano Siciliani ( KNA )

Entstanden ist das Dikasterium aus der berüchtigten römischen Inquisition. Braucht die Kirche im 21. Jahrhundert überhaupt so einen Apparat, der die Rechtgläubigkeit überwacht? 

Kardinal Victor Manuel Fernandez, Präfekt des Dikasteriums für die Glaubenslehre / © Paolo Galosi/Romano Siciliani/KNA (KNA)
Kardinal Victor Manuel Fernandez, Präfekt des Dikasteriums für die Glaubenslehre / © Paolo Galosi/Romano Siciliani/KNA ( KNA )

Unbedingt. Die Sorge um die rechte Lehre spielt ja schon an den Anfängen des Christentums eine Rolle und wird im Neuen Testament erwähnt. Die Synoden und Konzilien der ersten Jahrhunderte – zum Beispiel das Konzil von Nizäa vor genau 1700 Jahren – haben sich genau dieses Ziel gesetzt: Den Glauben unverfälscht in die Zukunft zu tragen. Der argentinische Kardinal Victor Manuel Fernandez ist Chef, also Präfekt des Dikasteriums. Er sagt: Es geht nicht nur darum Irrtümer im Glauben zu verhindern, sondern auch bestimmte Entscheidungen zu vermeiden, die "den Geist auslöschen", weil sie zwar formal korrekt seien, aber den Reichtum des Glaubens untergraben würden. Das Glaubensdikasterium soll also auch die Vielfalt des Glaubens bewahren und nicht nur die eine, richtige Lehre vorgeben.

Dabei hatte die Glaubensbehörde im Laufe der Jahrhunderte nicht immer den besten Ruf …

Was auch daran liegt, dass sie während der Gegenreformation eingerichtet wurde, in einer Zeit als es darum ging, die Lehren Luthers abzuwehren. 1542 hatte die Institution ihren ersten Auftritt als Kardinalskommission zur Überwachung von Glaubensangelegenheiten mit dem Titel "Heilige Römische Universalinquisition". Die ursprüngliche Aufgabe war es damals Fälle von Häresie und Schisma zu bearbeiten, bald kamen dann auch Fragen der Moral- und Sittenlehre hinzu. Im "Heiligen Offizium" wurde auch lange Zeit der Index verbotener Bücher erstellt, den es jetzt allerdings nicht mehr gibt. 

Der deutsche Theologe Joseph Ratzinger war als Kardinal Präfekt der Glaubenskongregation – und wurde später zu Papst Benedikt XVI. gewählt. Er öffnete die Archive der damaligen Kongregation, die seit der Kurienreform von Papst Franziskus nicht mehr "Kongregation" sondern "Dikasterium" heißt. Ihren historischen Vorrang hat sie durch diese Reform allerdings weitgehend eingebüßt. 

Wie ist das Glaubensdikasterium aufgebaut? 

Es gibt zwei Abteilungen: Lehre und Disziplin. Dazu kommen die Päpstliche Bibelkommission und die Internationale Theologische Kommission. Beide sind im Dikasterium angesiedelt, arbeiten aber nach jeweils eigenen Statuten. Ebenfalls beim Dikasterium angesiedelt ist die päpstliche Kommission zum Schutz von Minderjährigen. Natürlich führt das Dikasterium viele Symposien und Studientage durch und veröffentlicht immer wieder mal Dokumente zu Glaubensfragen, zuletzt Ende Januar eine sogenannte "Note" zum Thema Künstliche Intelligenz.

Sitz des Dikasteriums ist ein großer Palazzo gleich links neben dem Petersdom – und das ist das selbe Gebäude, in dem der neue Papst Leo XIV. derzeit noch übergangsweise wohnt.  

 

Quelle:
VN