Erstmals seit 13 Jahren wieder Messe mit Papst in Castel Gandolfo

"Geschwisterlichkeit reißt Mauern und Zäune ein"

Jahre haben die Bewohner von Castel Gandolfo auf diesen Moment gewartet: Dass wieder ein Papst in ihrer Pfarrkirche zu ihnen spricht. Nun hat Papst Leo XIV. dort mit ihnen Messe gefeiert. Die Predigt hatte es in sich.

Papst Leo XIV. winkt den Gläubigen zu, als er zur Feier einer Messe in der Kirche St. Thomas von Villanova in Castel Gandolfo ankommt. / © Marco Iacobucci/IPA via ZUMA Press (dpa)
Papst Leo XIV. winkt den Gläubigen zu, als er zur Feier einer Messe in der Kirche St. Thomas von Villanova in Castel Gandolfo ankommt. / © Marco Iacobucci/IPA via ZUMA Press ( dpa )

Papst Leo XIV. hat am Sonntag in der Pfarrkirche von Castel Gandolfo die Messe gefeiert. Rund 2.000 Menschen begrüßten das Kirchenoberhaupt auf dem zentralen Platz, an dem sowohl der Papstpalast als auch die vom Barockarchitekten Bernini erbaute Pfarrkirche liegen. Ein großes Aufgebot von Polizei- und Sicherheitskräften hatte den Zugang zu der Kleinstadt in den Albaner Bergen weitgehend abgeriegelt. Zuletzt hatte Papst Benedikt XVI. am 15. August 2012 an gleicher Stelle eine Gemeindemesse gefeiert.

"Ein Herz haben, das sich anrühren lässt"

In seiner Predigt sprach der Papst über das Gleichnis vom barmherzigen Samariter und sagte: "Diese Erzählung fordert uns auch heute noch heraus, sie hinterfragt unser Leben, erschüttert die Ruhe unseres eingeschlafenen oder unaufmerksamen Gewissens und provoziert angesichts der Gefahr eines bequemen Glaubens, der sich mit der äußeren Befolgung des Gesetzes zufriedengibt, aber unfähig ist, so mitfühlend zu empfinden und zu handeln wie Gott."

Der Papst rief seine Zuhörer auf, sie sollten "ein Herz haben, das sich anrühren lässt, einen Blick, der sieht und nicht vorüber schweift, zwei Hände, die helfen und Wunden lindern, starke Schultern, die die Last der Bedürftigen tragen." 

"Revolution der Liebe"

Der Papst deutete das Evangelium zudem mit Blick auf die aktuelle Weltlage und sagte: "Wir brauchen diese Revolution der Liebe." Es gehe um "all jene, die in Unheil, Leid und Armut versinken; der Weg der vielen Menschen, die von Schwierigkeiten belastet oder von den Umständen ihres Lebens verwundet sind; der Weg all derer, die 'absteigen', bis sie sich verlieren und ganz am Boden sind; und es ist der Weg vieler Völker, die entblößt, ausgeraubt und geplündert wurden, Opfer unterdrückender politischer Systeme, einer Wirtschaft, die sie in die Armut zwingt, des Krieges, der ihre Träume und ihr Leben zerstört."

"Manchmal begnügen wir uns damit, einfach unsere Pflicht zu tun, oder wir betrachten nur diejenigen als unsere Nächsten, die zu unserem Umkreis gehören, die genauso denken wie wir, die dieselbe Nationalität oder Religion haben; aber Jesus kehrt diese Sichtweise um." Die Nächstenliebe schaffe "echte Geschwisterlichkeit, reißt Mauern und Zäune ein".

Die Auslegung des Papstes unterschied sich deutlich von Ausführungen des US-amerikanischen Vizepräsidenten J.D. Vance. Dieser hatte am 30. Januar in einem Interview erklärt, es sei ein "altes christliches Prinzip", dass man zuerst seine Familie, dann seine Gemeinde und seine Landsleute liebe und erst danach den Rest der Welt in den Blick nehme. Die Äußerungen des katholischen Politikers waren seither von mehreren Theologen als falsche Auslegung der christlichen Lehre kritisiert worden.

Gebete für Frieden

Anschließend grüßte der Papst einzeln alle auf dem Platz versammelten Gruppen. Zum Schluss rief er eindringlich dazu auf, angesichts der anhaltenden Kriege um Frieden zu beten und "für alle, die wegen Gewalt und Kriegen leiden und in Not sind."

Mehrere tausend Menschen applaudierten dem Papst auf dem Ortsplatz, immer wieder war der Ruf "Viva il Papa!" zu hören. Anders als frühere Päpste sprach der Papst nicht vom Balkon des Papstpalastes, sondern stand während des Mittagsgebets vor dem leicht erhöhten Eingangstor der Residenz.

Castel Gandolfo

Die päpstliche Residenz in Castel Gandolfo (shutterstock)
Die päpstliche Residenz in Castel Gandolfo / ( shutterstock )

Die "Päpstlichen Villen von Castel Gandolfo" sind seit fast 400 Jahren Sommersitz der Päpste. Das oberhalb des Albaner Sees 30 Kilometer südöstlich von Rom gelegene Städtchen zählt zu den "Castelli Romani". In diesen höher gelegenen Ortschaften haben schon seit der Antike wohlhabende Römer ihre Sommervillen.

Die Päpstliche Sommerresidenz umfasst drei Villen sowie Park- und Gartenanlagen. Den heutigen "Apostolischen Palast", einen schlichten Barockbau, in dem sich das Appartement des Papstes mit Blick auf den Albaner See befindet, erwarb 1596 Papst Clemens VIII. (1592-1605).

Quelle:
KNA