Abtei Fontenay

Abtei Fontenay / © Massimo Santi (shutterstock)

Die Abtei Fontenay, im französischen Burgung gelegen, wurde im Jahr 1118 gegründet und besticht durch ihre schlichte, schnörkellose Architektur. Das Kloster gehört zu den frühesten Einöd-Gründungen des Zisterzienserordens, der 1098 in Citeaux bei Dijon als Reformbewegung des Benediktinerordens entstanden war. 

Die eigentliche Initialzündung zur Erneuerung des Benediktinertums fiel 1112 mit dem Eintritt eines jungen Adligen zusammen, nach dem später ein ganzes Jahrhundert benannt werden sollte: Bernhard von Clairvaux (1090-1153). Charismatisch, konzeptionell denkend, verhalf er der "charta caritatis", der strengen Satzung der Zisterzienser, in kürzester Zeit zum Durchbruch in ganz Europa. Scharenweise folgten junge Männer dem neuen Ruf nach totaler Armut und Abgeschiedenheit. Die Mönche rodeten und beackerten ihr Land selbst - auch in Fontetay.

Jeder Stein hier hat eine Funktion. Die Wärmestube liegt neben dem Skriptorium, der Schreibstube - damit die Finger nicht zu klamm wurden. Vom Kreuzgang führt ein Durchgang direkt zur Feldarbeit; vom Dormitorium, dem Schlafsaal, in den Chor der Kirche sind es nur ein paar Schritte - schließlich ging das Chorgebet ab 1 Uhr nachts los. Der Schlafsaal ist ein Meisterwerk an monumentaler Schlichtheit. Hier lagen bis zu 300 Mönche, über 56 Meter in Reihe ausgestreckt auf einfachen Strohmatten. 

Die Kirche, karg und schmucklos, kaum aufwendiger als die Schmiede. Ein riesiger Leerbau zur höheren Ehre Gottes - zelebrierter Verzicht. Ornamente, Prachtentfaltung sucht man hier vergebens. Jeglicher figürliche Schmuck ist für Bernhard ein Übel, da er die Fantasie anrege und so den Blick auf Gott verstelle. In nur acht Jahren mit dem Vermögen eines aus England vertriebenen Bischofs erbaut, wurde die Basilika 1147 von Papst Eugen III., einst selbst Mönch in Clairvaux, geweiht - in Anwesenheit von zehn Kardinälen, acht Bischöfen, von Bernhard von Clairvaux und Hunderten von Mönchen; der größte Aufmarsch in der Geschichte der abgeschiedenen Abtei.

Papst Innozenz III. (1198-1216) nannte die Abtei ein "Weltwunder". Den Alltag aber regierte eine alle Lebensbereiche umfassende Kargheit, oder, wie es ein mittelalterlicher Chronist beschreibt: "Die Zisterzienser treten die Blumen der Welt mit den Füßen des Vergessens, sehen Reichtümer und Ehre als Mist an, schlagen mit der Faust des Gewissens in das Gesicht vergänglicher Dinge." Für diese Konsequenz wurden sie in der Regel auch nicht älter als 35 Jahre.

Die Disziplin verfiel, als die französische Krone seit Mitte des 16. Jahrhunderts weltliche Äbte einsetzte, auswärtige Adlige, die das längst reich gewordene Kloster als persönliche Pfründe bewirtschaften ließen. 1745 wurde das Refektorium, der große Speisesaal der Mönche, abgerissen - der wohl schmerzlichste Verlust, den die karge Harmonie der zisterziensischen Idealabtei in mehr als acht Jahrhunderten hinnehmen musste. Auch die Gründungscharta von Fontenay ging wahrscheinlich in dieser Zeit verloren. Sie wurde erst 1864 wiedergefunden - bei einem Buchhändler am Pariser Seine-Ufer.

Schon 1790 vor dem Klostersturm der Französischen Revolution, verließ der letzte Mönch Fontenay. Der spirituelle Schatz des 12. Jahrhunderts wurde zur Papierfabrik umfunktioniert - ein Umstand, dem die Gemäuer letztlich ihr Überleben verdanken.

1820 erwarb die Familie Montgolfier das Anwesen. Es war auch ein Nachkomme der Familie, Édouard Aynard, der die modernen Fabrikgebäude 1906 abreißen und den ursprünglichen Zustand wieder herstellen ließ. Heute dient das ehemalige Kloster - bereits seit 1981 Bestandteil des Unesco-Weltkulturerbes, immer noch in Familienbesitz und topgepflegt - nicht selten als Kino-Kulisse; etwa für die Schlusssequenz der Depardieu-Verfilmung des "Cyrano de Bergerac". (KNA)