Pfarrer aus Garmisch will mutmaßlichen Brandstifter treffen

"Er sagte, er sei Gott und alle anderen Teufel"

Fast wäre es zur Katastrophe gekommen: In einer oberbayerischen Kirche hat ein Mann Altäre angezündet. Das beherzte Eingreifen einer Familie verhinderte Schlimmeres. Der Pfarrer der Kirche möchte den Täter treffen, um zu helfen.

Symbolbild Feuerwehr im Einsatz / © FooTToo (shutterstock)
Symbolbild Feuerwehr im Einsatz / © FooTToo ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: Ein polizeibekannter Mann kommt mit nacktem Oberkörper in Ihre Kirche und brennt die Tischdecken von drei Altären an und damit beginnt ein wahrer Krimi. 

Josef Konitzer (Pfarrer der Kirche St. Martin in Garmisch-Partenkirchen): Im wahrsten Sinne des Wortes. Die Angaben zu der Tat stammen einerseits von der Polizei und der Feuerwehr, und andererseits von dem Vater der Familie, der sich zufälligerweise die Kirchen zu dem Zeitpunkt angeschaut hatte. Er und seine zwei Kinder waren vorher in der alten Kirche St. Martin und dann sind sie in die neue gekommen und dort wartete die große Überraschung: Sie mussten gleich versuchen, das Schlimmste zu verhindern und Gott sei Dank ist es ihnen auch gelungen. 

Der verdächtige Brandstifter war ziemlich verwirrt, das sagte mir der Vater der Familie. Der Mann schaute aus wie besessen, war aggressiv und behauptete, er sei Gott und alle andere Teufel und er werde alles niederbrennen. 

Josef Konitzer

"Da kommen einem die Tränen und da fragt man sich schon, warum macht das jemand?"

Zu dem Zeitpunkt brannten schon die Tücher auf den Altären, das Feuer ist auf die Holzplatten der Altäre übergesprungen. In dem Moment ist dann der 19-jährige Sohn an den Täter heran, der Vater hat die Polizei informiert und die Tochter hat die Tücher heruntergerissen und versucht zu löschen. Gott sei Dank ist die Polizei sehr schnell eingetroffen und die Beamten haben versucht, den jungen Menschen, der mit nacktem Oberkörper und einer kurzen Hose in der Kirche drin war, festzusetzen. Er leistete heftigen Widerstand und hat zwei Polizeibeamte verletzt. 

DOMRADIO.DE: Vermutlich stand der Täter unter Drogeneinfluss und war wohl ein Einzeltäter?

Blick auf Sankt Martin in Garmisch-Partenkirchen  / © Sina Ettmer Photography (shutterstock)
Blick auf Sankt Martin in Garmisch-Partenkirchen / © Sina Ettmer Photography ( shutterstock )

Konitzer: Davon gehe ich aus. Wie ich das mitbekommen habe, war der junge Mann schon in der Woche davor der Polizei aufgefallen. Was mich interessieren würde: Was hat tatsächlich dazu beigetragen, dass dieser Mensch so eskaliert ist, dass er sich selber nicht mehr unter der Kontrolle hatte? Ich habe in den Gesprächen mit der Polizei und den Ortskräften meinen Wunsch zum Ausdruck gebracht, dass ich ihn gerne besuchen würde, um ihm zu helfen, das Ganze aufzuarbeiten. Ich glaube, dass unsere christliche Botschaft, niemanden abzuschreiben, ihm helfen kann.

Josef Konitzer

"Ich würde den Mann gerne besuchen, um ihm zu helfen."

DOMRADIO.DE: Was wäre passiert, wenn die Familie nicht eingegriffen hätte?

Konitzer: Fünf Minuten später hätte die Feuerwehr keine Chance mehr gehabt, den Brand zu löschen. Die Kirche ist zu großen Teilen aus Holz, das sieht man zwar von außen nicht, aber die Dachdecke komplett und die Altäre seitlich links und rechts. Es gibt auch Hohlräume, da hätte eine Art Schornsteineffekt entstehen können. 

Wenn diese Altartücher nicht heruntergerissen worden wären, wäre es zu einer Katastrophe gekommen. Wir haben alle damals gestaunt, wie Notre-Dame in Paris gebrannt hatte, obwohl so viele Steine dort verbaut sind. St. Martin in Garmisch ist eine barocke Kirche und drumherum stehen jede Menge Häuser, alle aus Holz. Es möchte sich keiner von uns vorstellen, was hätte passieren können. Wir haben ein großes Glück. 

DOMRADIO.DE: Konnten Sie sich bei Vater, Sohn und Tochter bedanken? 

Konitzer: Ich konnte mich bei denen nur verbal bedanken und hätte sie gerne noch zu uns in die Gemeinde eingeladen. Aber dadurch, dass sie nicht so ganz um die Ecke wohnen, wird es ein bisschen dauern. Ich treffe mich mit Sicherheit noch mit dieser wunderbaren Familie und wir werden miteinander essen gehen. So viel Mut aufzubringen, besonders die Tochter und der Sohn, das war alles andere als einfach. In diesem Augenblick hatte der Brandstifter, das sagte der Vater selber, eine fast unheimliche Stärke. Sein Blick ging durch einen hindurch, er war wie besessen. Bei der Familie ist ein ganz schlimmer Eindruck geblieben. 

Josef Konitzer

"Fünf Minuten später hätte die Feuerwehr keine Chance mehr gehabt."

DOMRADIO.DE: Können Sie sich vorstellen, dass man die Kirche zukünftig außerhalb der Gottesdienstzeiten schließt, um sie zu schützen?

Konitzer: Diese Frage wird mir immer wieder gestellt. Aber wenn man auf die Geschichte unserer Menschheit zurückblickt, in all den schweren Zeiten, etwa der Kriegszeit oder danach, gab es immer wieder Katastrophen aller Art. Die Kirchen wurden nie gesperrt. Uns Garmischern ist es ein Anliegen, dass dieses Gotteshaus für alle zugänglich ist; auch für jene, die keine Christen sind, aber nach Ruhe suchen. Es wäre ein bitterer Schlag, wenn man die Kirche jetzt schließen würde.

DOMRADIO.DE: Wie fühlen Sie sich nach dieser Attacke auf Ihre Kirche? 

Konitzer: Ich bin nicht wütend, aber ich sehr traurig, fast wie gebrochen. Da kommen einem die Tränen und da fragt man sich schon, warum macht das jemand? Was befähigt den Menschen, das zu tun? Was macht ihn so aggressiv? Dem gehe ich noch nach.

Das Interview führte Tobias Fricke.

Quelle:
DR

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