Wohlfahrtsverbände wollen schnellen Ausbau von Wohnraum

Mehr Wohnungslose

In Deutschland sind deutlich mehr Menschen wegen Wohnungslosigkeit untergebracht, als bislang angenommen. Ende Januar lebten rund 474.700 Personen in überlassenem Wohnraum, Sammelunterkünften oder Einrichtungen für Wohnungslose.

Autor/in:
Christoph Arens und Birgit Wilke
Wohnungen in Deutschland / © ArTono (shutterstock)

Das teilte das Statistische Bundesamt am Dienstag unter Berufung auf Daten der Kommunen mit. Das waren acht Prozent mehr als im Vorjahr. Die Wohlfahrtsverbände Caritas und Diakonie sprachen von einem alarmierenden Zeichen.

Der Anstieg sei aber vermutlich auf Verbesserungen der Datenmeldungen im vierten Jahr seit der Einführung der Statistik zurückzuführen, hieß es. Obdachlose Personen, die ohne jede Unterkunft auf der Straße leben sowie Formen von verdeckter Wohnungslosigkeit seien nicht berücksichtigt.

137.800 Betroffene kommen aus der Ukraine

Schutzsuchende aus der Ukraine stellen zwar nach wie vor die größte Gruppe (29 Prozent), jedoch fiel der Anstieg nicht so stark aus wie in den vergangenen Jahren. Zum Stichtag 31. Januar 2025 wurden 137.800 geflüchtete Ukrainerinnen und Ukrainer in der Statistik erfasst (2024: 136.900). Insgesamt wurden 409.000 Personen mit ausländischer Staatsangehörigkeit gemeldet (2024: 377.900), ihr Anteil an allen untergebrachten wohnungslosen Personen liegt wie im Vorjahr bei 86 Prozent. Der Anteil von Personen mit deutscher Staatsangehörigkeit liegt mit 65.700 Personen (2024: 61.500) weiterhin bei rund 14 Prozent.

41 Prozent der gemeldeten Personen waren jünger als 25 Jahre (2024: 40 Prozent). Der Anteil der Betroffenen im Alter ab 65 Jahren blieb mit rund 5 Prozent unverändert. Im Durchschnitt waren die am Stichtag 31. Januar untergebrachten Personen 31 Jahre alt. 56 Prozent waren Männer.

Paare mit Kindern am häufigsten untergebracht

Die wohnungslosen Personen leben in verschiedenen Haushalts- beziehungsweise Familienkonstellationen: Personen in Paarhaushalten mit Kindern bildeten mit 163.400 Betroffenen (gut 34 Prozent) die größte Gruppe. Fast ebenso viele Personen (159.800 oder knapp 34 Prozent) waren alleinstehend, knapp 17 Prozent oder 79.000 Personen waren in Alleinerziehenden-Haushalten, 7 Prozent oder 33.400 Personen in sonstigen Mehrpersonenhaushalten und 4 Prozent beziehungsweise 17.300 Personen in Paarhaushalten ohne Kinder untergebracht.

Im Bundesländervergleich waren im bevölkerungsreichsten Land Nordrhein-Westfalen mit 117.900 Personen die meisten Personen wegen Wohnungslosigkeit untergebracht, gefolgt von Baden-Württemberg mit 94.600 Personen und Berlin mit 53.600 Personen. Am wenigsten untergebrachte Wohnungslose wurden in Thüringen (3.000), Sachsen-Anhalt (1.200) und Mecklenburg-Vorpommern (700 Personen) gemeldet.

Bezahlbare Wohnungen

Der Deutsche Caritasverband fordert gemeinsam mit der Katholischen Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe, Bund sowie Länder und Kommunen auf, den Ausbau bezahlbarer Wohnungen voranzutreiben. Gemeinsam mit den sozialen Trägern solle erreicht werden, dass Menschen ihre Wohnung möglichst nicht verlieren oder sie bei Verlust der Wohnung schnellstmöglich Ersatz erhalten, so der Verband. 

Die drohende Wohnungslosigkeit habe mittlerweile die Mitte der Gesellschaft erreicht. Oft seien es Krisensituationen wie der Verlust des Partners, von Arbeit und Einkommen, Krankheiten oder andere Lebenskrisen, die dazu führten, dass Menschen ihre bisherige Wohnung und damit ihr Zuhause verlören.

Familien mit Kindern

Die Diakonie bezeichnete die Wohnungslosigkeit als eines der drängendsten sozialpolitischen Probleme in Deutschland. "Wir dürfen nicht hinnehmen, dass so viele Menschen in unserem Land über keine eigene Wohnung verfügen - darunter viele Familien mit Kindern", erklärte die Bundesvorständin Sozialpolitik der Diakonie Deutschland, Elke Ronneberger. 

Und: "Wir dürfen nicht hinnehmen, dass so viele Menschen in unserem Land über keine eigene Wohnung verfügen - darunter viele Familien mit Kindern." Die eigene Wohnung sei zentral für ein sicheres und selbstbestimmtes Leben. Bund und Länder müssten deshalb dafür sorgen, dass wohnungslose Menschen wieder in eigenen Wohnraum kommen - nicht nur in Notunterkünfte.

Diakonie Deutschland

Die Diakonie ist der soziale Dienst der evangelischen Kirchen. Sie versteht ihren Auftrag als gelebte Nächstenliebe und setzt sich für Menschen ein, die am Rande der Gesellschaft stehen, die auf Hilfe angewiesen oder benachteiligt sind. Neben dieser Hilfe versteht sie sich als Anwältin der Schwachen und benennt öffentlich die Ursachen von sozialer Not gegenüber Politik und Gesellschaft. Diese Aufgabe nimmt sie gemeinsam mit anderen Spitzenverbänden der freien Wohlfahrtspflege wahr.

Diakonie (Symbolbild) / © Tobias Arhelger (shutterstock)
Diakonie (Symbolbild) / © Tobias Arhelger ( shutterstock )
Quelle:
KNA