DOMRADIO.DE: Warum ist Bildung Kernauftrag der Kirche?
Rainer Maria Kardinal Woelki (Erzbischof von Köln): Bildung ist die Basis, auf der alles andere wächst, die Persönlichkeitsentfaltung eines jeden Menschen. Es ist unser Auftrag, dem Menschen als Ebenbild Gottes zu verhelfen, dass er seine persönliche Identität findet. Dazu gehört die Entfaltung aller Talente und aller Anlagen, die ein Mensch mitbekommen hat. Es geht neben einer Wissensvermittlung vor allem um eine Herzensbildung und um eine Wertebildung. Mit dem Evangelium und mit unserem christlichen Glauben haben wir einen Schatz, den wir weitergeben müssen, weil von unseren christlichen Werten unsere Gesellschaft lebt und sich gestalten lässt.
DOMRADIO.DE: Warum baut das Erzbistum Köln eine Schule ausrechnet in einem Kölner Stadtteil wie Kalk?
Woelki: Weil das hier ein Stadtteil mit sehr heterogener Bevölkerung ist. Es gibt viele Kinder und Jugendliche, die hier aufwachsen und die aufgrund der sozialen Situation, in der ihre Familien sind, nicht zu den Privilegierten unserer Gesellschaft zu zählen sind. Ich habe das in Berlin mitbekommen, was das bedeutet, wenn Menschen keinen Schulabschuss schaffen oder durch unser staatliches Schulsystem fallen.
Wir haben damals eine Gruppe von Engagierten gebildet, die dazu beigetragen hat, dass die Leute, die keinen Schulabschluss hatten, ihn mit einem speziellen Konzept nachholen konnten, weil ihnen damit die notwendige Zeit gegeben wurde. Wenn Menschen aus bildungsfernen Milieus kommen, dürfen Kinder und Jugendliche dafür nicht bestraft werden. Sie müssen mit all dem, was der liebe Gott ihnen mitgegeben hat, gefördert werden. Deshalb versuchen wir gerade hier Menschen eine Zukunft und gesellschaftliche Teilhabe zu geben. An einer guten Schulausbildung, an einer guten Bildung ist alles andere mit gelegen.
DOMRADIO.DE: Es ist es knapp zehn Jahre her, dass Sie hier in Kalk die Idee hatten, eine Schule zu bauen. Heute stehen wir hier in dem neuen Schulgebäude, wo die ersten Kinder herumlaufen. Welchen Eindruck haben Sie?
Woelki: Das Herz dieser Schule sind natürlich die Kinder und die Jugendlichen, sind die Lehrerinnen und Lehrer und alle, die hier arbeiten. Sie bringen Farbe und Lebendigkeit in dieses Schulgebäude hinein. Das überzeugt mich und das beeindruckt mich. Ich denke, dass wir auch von der Architektur her, auch von der Nachhaltigkeit her, auf die wir von Anfang an geachtet haben, wirklich etwas geschaffen haben, das sich in unserer Stadt Köln und darüber hinaus sehen lassen kann.
Das Interview führt Alexander Foxius.