Mgr.
Jean Scarcella

ehem. Abt von Saint-Maurice in der Schweiz
Jean Scarcella, von 2015-2025 Abt von Saint-Maurice in der Schweiz (SBK)

Jean Scarcella, geboren am 28. Dezember 1951 in Montreux, war zehn Jahre lang (2015-2025) Abt der geschichtsträchtigen Territorialabtei Saint-Maurice in der Westschweiz. Der Abt der Territorialabtei Saint-Maurice ist qua Amt Mitglied der Bischofskonferenz.

Scarcella legte am 5. Oktober 1985 die ewige Profess ab. Die Priesterweihe erfolgte am 31. März 1990. Ab 1990 war er Vikar in Aigle VD, bevor er 1992 als Pfarrer nach Bex VD wechselte. Gleichzeitig war er Mitarbeiter am Westschweizer Zentrum für Liturgie und Seelsorge "La Pelouse" in Bex. 2006 folgte die Ernennung zum Liturgieverantwortlichen und etwas später jene zum Rektor der Basilika von Saint-Maurice. Gleichzeitig nahm er sein Amt als Pfarrer in Bex weiterhin wahr, bis er 2009 zum Prior ernannt wurde. Als Prior war er die rechte Hand des vormaligen Abtes Joseph Roduit. 

Er wurde von den Chorherren am 10. April 2015 zum 95. Abt gewählt. Papst Franziskus bestätigte die Wahl am 22. Mai bestätigt. Jean Scarcella folgte am 1. August 2015 auf Joseph Roduit, genau für das Jubiläum "1.500 Jahre Kloster Saint-Maurice". Sein Wahlspruch lautet: "Deus semper major" ("Gott ist immer der Größte"). 

Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch

Scarcella ist einer von sechs Bischöfen, denen der Vatikan Fehlverhalten im Umgang mit Meldungen über sexuellen Missbrauch vorgeworfen hat. Das geht aus einem Schreiben der Vatikanbehörde für die Bischöfe hervor, über das die Schweizer Bischofskonferenz selbst auf ihrer Webseite informiert. Demnach hat das Dikasterium unter Leitung (des späteren Papstes) Kardinal Robert Francis Prevost das Verhalten der betreffenden Bischöfe als "nicht korrekt erachtet". 

Dem Vatikan-Schreiben vorausgegangen war eine kircheninterne Voruntersuchung, deren Ergebnisbericht die Schweizer Bischofskonferenz Anfang 2024 nach Rom gesandt hatte. Laut dem am 20. Juni diesen Jahres veröffentlichten Bericht gab es zwischen 1960 und 2024 mindestens 67 Fälle sexualisierter Gewalt. 

Im Umgang mit Missbrauchsvorwürfen stellt der Bericht dem Kloster ein schlechtes Zeugnis aus. So bescheinigt sie ihm eine "defensive Haltung", die zuallererst darauf abgezielt habe, den Ruf der Abtei zu schützen. Verdächtigte oder denunzierte Chorherren seien versetzt worden; "die Verantwortlichen der Abtei bemühen sich, die Handlungen der beschuldigten Kollegen zu vertuschen, sie zu verharmlosen, indem sie ein verschwommenes oder euphemistisches Vokabular benutzen", so die Autoren des Berichts.

Abtei kündigt Aktionsplan an

Als Konsequenz darauf bot Abt Scarcella Papst Leo XIV. seinen Rücktritt an, was dieser begrüßte. Scarcella trat im Juni 2025 zurück. Die Abtei bat daraufhin "bedingungslos um Vergebung" und kündigte einen Aktionsplan an. 

Die Schweizer Bischofskonferenz begrüßte den Rücktritt von Jean Scarcella. In einer Mitteilung heißt es, man danke Scarcella für seine zehnjährige Mitarbeit im Kreis der Bischofskonferenz. "Abt Jean Scarcella hatte die Veröffentlichung des Berichts am 20. Juni abgewartet und sich nun entschlossen, zurückzutreten, damit sein Nachfolger die im Bericht geforderten Reformen und Erneuerungen in Angriff nehmen kann", so die Schweizer Bischofskonferenz.

In einer eigenen Erklärung betonte Scarcella, er trete zurück, weil er im "persönlichen Gebet und im konstruktiven Dialog" die Gewissheit gewonnen habe, dass nun andere den Aktionsplan umsetzen müssten. "Im März dieses Jahres wollte ich wieder in mein Amt eingesetzt werden, um die Aufnahme der Schlussfolgerungen des Berichts zu übernehmen", schrieb er. Doch es sei "nunmehr Aufgabe lebendiger Kräfte", "die in unserem Aktionsplan beschlossenen Maßnahmen umzusetzen".

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Quelle:
KNA , SBK