Das Bistum Sitten ist eine Diözese mit einer reichen Geschichte. Oberhirte des traditionsreichen Bistums mit großem Einfluss auf das Wallis ist seit 2014 Jean-Marie Lovey CRB.
Das Bistum besteht seit dem 4. Jahrhundert. Die ersten Christen kamen wohl über den Großen St. Bernhard ins Wallis, der kürzesten Verbindung zwischen Italien und dem Gebiet am Rhein. Auf der Südseite des Passes hatten die Römer 25 v.Chr. die Militärsiedlung Augusta Praetoria (Aosta) gegründet, im Norden schlugen sie beim keltischen Octodurus (Martinach) bei der Eroberung des Wallis 57 v. Chr. ihr Heerlager auf.
Später bauten sie diesen Ort zum Forum Claudii Vallensium (Markt des Kaisers Claudius im Wallis) aus, das mehrere tausend Einwohner zählte. Hier verkehrten Reisende und Händler, unter ihnen auch Christen. Im römischen Heerlager war nach einem Bericht von Bischof Eucherius von Lyon (5. Jahrhundert) die Thebäische Legion stationiert, die ganz aus Christen bestand. Unter ihrem Anführer Mauritius soll die Legion in der Verfolgung unter Kaiser Diokletian um 302 den Martertod erlitten haben.
Der heilige Bischof Theodul, der erste bekannte Bischof des Wallis, soll die Gebeine des heiligen Mauritius und seinen Gefährten gegen 400 wieder entdeckt haben. Nach einem Bericht ließ er sie an der steilen Felswand bei Augaunum (St-Maurice) beisetzen. Im Jahr 420 wurde über diesem Grab eine kleine Kirche gebaut, 515 gründete der Burgunderkönig Sigismund an diesem Platz die Abtei St-Maurice, die heute eine Territorialabtei und direkt dem apostolischen Stuhl unterstellt ist.
Die Wahrzeichen der Stadt Sitten sind die beiden Hügel Tourbillon und Valeria. Neben der Kathedrale auf Valeria entstand im 12. Jahrhundert auch unten in der Stadt Sitten eine zweite Kathedrale - Notre-Dame-du-Glarier. Diese ist heute Bischofssitz und Von dieser Kirche ist nur noch der romanische Glockenturm erhalten geblieben. Chor und Kirchenschiff wurden im Verlauf der Jahrhunderte öfters zerstört und musste neu aufgebaut werden. Die Kathedrale von Sitten ist die jüngste der mittelalterlichen Kathedralen der Schweiz. Das heutige Bischofshaus vor der Kathedrale wurde 1839-40 erbaut.
Sitten wird Bischofssitz und die Bischöfe Grafen
Theodul und die ersten Bischöfe des Wallis residierten in Octodurus (Martinach), dem Zentrum der römischen Verwaltung. Die Grenzen des Bistums, das den ganzen Kanton Wallis vom Genfersee bis zum Rhonegletscher und einige Pfarreien im Kanton Waadt umfasst, haben sich bis heute nur unwesentlich verändert.
Weil Sedunum (Sitten oder Sion) immer mehr Bedeutung erlangte, verlegte Bischof Heliodor (565-585) den Bischofssitz von Martinach nach Sitten, wo er auch heute noch ist. So ließ sich die Stadt Sitten umrahmt von zwei Hügeln besser verteidigen und war zentraler gelegen. Das Ende des ersten Jahrtausends brachte dem Wallis und dem Bistum Sitten eine Überraschung: Der letzte König von Hochburgund, Rudolf III., schenkte im Jahr 999 die Grafschaft Wallis an Bischof Hugo von Sitten. Seitdem war der jeweilige Bischof auch Graf und damit Landesfürst.
Seit dem 11. Jahrhundert gewannen die Grafen von Savoyen im Unterwallis immer mehr Einfluss. Sie übernahmen auch die Schutzherrschaft über die Abtei St- Maurice und wurden allmählich die größten Grundbesitzer. Das musste unweigerlich zu Konflikten führen, weil die Besitzungen Savoyens und des Bischofs ineinander verschachtelt waren. Kriege, Verhandlungen und Friedensschlüsse zwischen den Wallisern und den Grafen von Savoyen dauerten bis 1417.
Die Bischöfe am Ende des Mittelalters
Von den Bischöfen des Bistums Sitten zur Zeit des ausgehenden Mittelalters ragen zwei Gestalten heraus: Walter Supersaxo (1475-1482) und Matthäus Schiner (1499-1522).
Nach der Wahl von Walter Supersaxo (uff der Flüe) zum Bischof von Sitten im Jahr 1475 verschlechterte sich das Verhältnis zu Savoyen zusehends. Am 13. November 1475 versuchte das savoysche Heer die Stadt Sitten zu erobern. Im letzten Augenblick erhielten die Walliser Hilfe von eidgenössischen Truppen und es gelang ihnen, die Savoyer zu besiegen und anschließend das Unterwallis zu erobern. Bischof Walter Supersaxo schrieb diesen Sieg der Hilfe Gottes und der Gottesmutter Maria zu und führte zum Dank das Fest "Maria Sieben Freuden" ein, dass bis 1914 jedes Jahr am 13. November im Bistum gefeiert wurde.
Bischof Walter Supersaxo erwarb sich nicht nur als Graf und Präfekt große Verdienste für das Wallis, sondern auch als Hirte seines Bistums. Für seine Diözese gab er 1460 neue Synodalstatuten heraus, stiftete 1471 die St. Barbara Kapelle in der Kathedrale in Sitten, errichtete 1476 die "Herrenbruderschaft" (Jahrzeitstiftung). Um den Wiederaufbau der Kathedrale, die 1418 durch eine Feuerbrunst zerstört worden war, zu vollenden, ordnete er 1481 eine Sammlung im ganzen Bistum an. Von seinem Interesse für Kunst und Wissenschaft zeugen heute noch etwa der gotische Altar in der St. Barbara Kapelle, ein gotischer Kelch und das Brevier für das Bistums Sitten, das er 1482 drucken ließ.
Die Ernennung von Matthäus Schiner zum Bischof von Sitten durch den Papst ohne Befragung des Domkapitels und des Landrates, löste im Wallis nicht eitel Freude aus. Schiner wurde am 13. Oktober 1499 in der deutschen Nationalkirche Anima in Rom zum Bischof geweiht, konnte aber erst Ende Januar 1500 als Bischof und Landesherr in Sitten seinen Einzug halten. Als Landesfürst war Schiner entschlossen, im Wallis für Ruhe und Ordnung zu sorgen. Als Reichsfürst wollte Schiner der Zersplitterung und dem Zerfall in Europa Einhalt gebieten und die Einheit an den zwei Stützen Kaiser und Papst wieder aufbauen.
Der stärkste Feind gegen Kaiser und Papst war der französische König. Gegen diesen kämpfte Schiner mit allen Mitteln. Wegen seiner Treue zu Rom verlieh Papst Julius II. am 7. März 1511 Matthäus Schiner die Kardinalswürde und ernannte ihn einige Monate später zum päpstlichen Legaten. Es gelang Schiner die Eidgenossen für die Sache des Papstes zu gewinnen und die Franzosen 1512 bei Pavia und 1513 bei Novara zu besiegen. Weil Kaiser Maximilian abdanken wollte, reiste Schiner in seinem Auftrag nach England, um mit König Heinrich VIII. wegen der Nachfolge zu verhandeln. Nach dem Tod des Kaisers im Januar 1519 gelang es Kardinal Schiner durch sein diplomatisches Geschick, König Franz I. von Frankreich auszuboten und die Kurfürsten zu bewegen, Karl V., König von Spanien, zum Kaiser zu wählen.
Kardinal Schiner war aber nicht nur Politiker und Diplomat, sondern vor allem Bischof. In einer zeitgenössischen Chronik wird berichtet, wie er 1503 "durch das Land gfaren, allenhalben zu visitieren und zu firmen". Unnachsichtig schritt er ein gegen rohe Sitten und Gotteslästerung und verlangte überall würdige Gottesdienste. Durch seine großzügige Unterstützung der Neubauten oder Renovationen von Gotteshäusern hat er Wertvolles geschaffen. Es wäre nicht schwer, über 100 Kirchen, Kapellen oder Stiftungen im Wallis, in der Eidgenossenschaft, in der Grafschaft Vigevano und im Bistum Novara aufzuzählen, die er reich beschenkt hat. Auch die Schulen in Sitten und in den Pfarreien hat er eifrig gefördert.
Schiner war auch einer der eifrigsten Kardinäle, die sich für die Erneuerung der Kirche an Haupt und Gliedern einsetzte. Im 5. Laterankonzil, das am 11. April 1513 eröffnet wurde, wählte man ihn mit sieben anderen Kardinälen in die Reformkommission. Das ausführliche Reformdekret wurde mit 130 zu 10 Stimmen angenommen, blieb aber wirkungslos auf dem Papier.
Kardinal Schiner unterstützte anfänglich Luther in seinen Reformbestrebungen und auch mit Zwingli in Zürich verband ihn eine enge Freundschaft. Als Schiner aber merkte, dass die Reformatoren nicht nur die Missstände in der Kirche bekämpften sondern auch am Glaubensgut rüttelten, stellt er sich entschieden auf die Seite der katholischen Kirche. Auf dem Reichstag zu Worms im Januar 1521 trat Schiner entschieden gegen Luther auf. Doch die päpstliche Bannbulle und das kaiserliche Edikt konnte die Kirchenspaltung nicht mehr verhindern.
Nach dem plötzlichen Tod von Papst Leo X. am 1. Dezember 1521 eilte Schiner nach Rom zum Konklave, das am 27. Dezember eröffnet wurde. Das Kardinalskollegium war in eine kaiserliche und eine französische Partei gespalten. Im 10. Wahlgang erhielt Schiner die zweitgrösste Stimmenzahl. Als er merkte, dass er die Stimmen der französischen Kardinäle nie erhalten würde,
schlug er den abwesenden Kardinal von Tortosa, Hadrian von Utrecht, vor, der am 9. Januar 1522 zum Papst gewählt wurde. Es war der letzte nicht italienische Papst bis Johannes Paul II. Eifrig arbeitete Schiner zusammen mit dem neuen Papst an den endlich fälligen Reformbestrebungen. Er starb jedoch in der Nacht auf den 1. Oktober 1522 an der Pest, ein Jahr später folgte Papst Hadrian VI.
Die Glaubenskrise und ihre Überwindung
Der Landrat des Wallis befasste sich 1524 zum erstenmal mit der "lutterischen sect". Manche sahen in der Reformation ein radikales Mittel, um die weltliche Macht des Bischofs zu beseitigen. Andere waren über die kirchlichen Missstände erbittert und erhofften von der Reformation die langersehnte Erneuerung des religiösen Lebens. In Sitten, Siders und Leuk entstanden starke protestantische Gemeinschaften, besonders in den Kreisen der Magistraten und vornehmen Familien.
Die Nachfolger von Kardinal Matthäus Schiner auf dem Bischofsstuhl zu Sitten waren schwache und nachgiebige Naturen, die es nicht wagten, den Neugläubigen energisch entgegenzutreten. Viele Geistliche waren ungenügend ausgebildet, führten ein skandalöses Leben und vernachlässigten ihre Pflichten. Doch obwohl das einfach Volk die Missstände in ihrer Kirche missfielen, hielt es ihr die Treue.
Welchen Einfluss die protestantischen Kreise hatten, zeigt die Tatsache, dass dem päpstlichen Nuntius, der das Bistum besuchen wollte, das Betreten der Stadt Sitten verwehrt wurde. Auf Drängen der Gommer Boten beschloss der Landrat 1550, beim katholischen Glauben zu bleiben. Als die Beschlüsse der großen Landsgemeinden in Sitten 1603 und in Visp 1604, beim alten Glauben zu bleiben, nicht energisch durchgeführt wurden, kam es beinahe zum Bürgerkrieg zwischen den vier oberen romtreuen Zenden Goms, Brig, Visp und Raron gegen die Reformierten in den drei unteren Zenden Leuk, Siders und Sitten.
Die Gegenreform begann, als Papst Clemens VIII. 1602 die Kapuziner der Savoyerprovinz beaufragte, das Wallis zu "missionieren". Diese Bestrebungen wurden unterstützt vom heiligen Franz von Sales, Bischof von Genf (1602-1622) und von Adrian II. von Riedmatten (1604-1613), Bischof von Sitten. Die Kapuziner gründeten Klöster, 1610 in St-Maurice und 1628 in Sitten. Die katholischen Kantone der Schweiz schickten zwischen 1604 und 1620 mehrere Priester ins Wallis. Unter ihnen ragte Melchior Suter, Stadtpfarrer von Luzern, hervor, der 1604 nach Ernen kam. Er berief die Jesuiten, die 1606 in Ernen eine Lateinschule gründeten, die schon bald 50 Schüler zählte, aber 1615 mit der Schule in Venthôn bei Siders vereinigt wurde. 1625 entstanden die Kollegien in Sitten und Brig. 1657 gründeten die Kapuziner auch in Brig ein Kloster, das aber 1662 wieder aufgegeben wurde. Das heutige Kapuzinerkloster in Brig-Glis wurde 1944 gegründet.
Nachdem der katholische Glaube im ganze Wallis wieder gefestigt war, begann im ganzen Land eine rege Bautätigkeit. Allein im Zenden Goms wurden zwischen 1650 und 1750 mehr als 100 Kirchen und Kapellen errichtet oder im Stil des Barock umgebaut.
Der Anschluss an die Schweiz
Die Französische Revolution weckte im Unterwallis neue Hoffnungen auf "Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit". Denn nachdem die Walliser unter Bischof Walter Supersaxo 1475 das Gebiet unterhalb Sitten dem Grafen von Savoyen entrissen hatten, betrachteten die oberen fünf Zenden das Unterwallis als Untertanenland und setzen dort Vögte ein, die sehr oft das Land ausbeuteten. Als Frankreich den Anschluss des Wallis an die Helvetische Republik erzwang und von allen Bürgern den Eid auf die neue Verfassung verlangte, wurde die Unzufriedenheit im Lande noch größer. Obwohl der Bischof in einem Hirtenbrief erklärte, die Gläubigen dürften diesen Eid "ohne Furcht und mit ruhigem Gewissen" ablegen, wuchs die Spannung im oberen Teil des Wallis.
Am 13. April 1799 versammelten sich die Gommer in Ernen und schworen, den Glauben zu verteidigen und den Franzosen keine Soldaten zu stellen. In der Nacht vom 21. auf den 22. April riefen im ganze Oberwallis die Sturmglocken zum Kampf gegen die Franzosen. Die Freiheitskämpfer drangen bis Siders vor, zogen sich dann aber in den Pfynwald zurück, wo sie am 28. Mai von den Franzosen vernichtend geschlagen wurden. Die Franzosen besetzen das ganze Land und plünderten die meisten Dörfer bis hinauf nach Münster. Im Jahr 1802 wurde das Wallis eine "freie und unabhängige Republik unter den Schutze Frankreichs, Italiens und Helvetiens".
1798 hatte der Bischof auf seine Rechte und Titel als "Graf und Präfekt des Wallis" verzichtet. In der Verfassung von 1802 wurde die römisch-katholische Religion als Staatsreligion anerkannt, und dem Bischof wurde als einzigem Geistlichen ein Sitz im Landrat gewährt.
Die unersättliche Habgier der neuen Herren lastete schwer auf dem Land. Die Kapuzinerklöster von St-Maurice und Sitten wurden aufgehoben und mehrere Feiertage abgeschafft. Diese kirchenfeindlichen Maßnahmen des Regimes verbitterten die Walliser vollends. Das Land atmete auf, als Napoleon gestürzt wurde, und sein Kaiserreich zusammenbrach. 1815 trat das Wallis als 22. Kanton der Schweizerischen Eidgenossenschaft bei. Nach der neuen Verfassung hatte der Bischof von Sitten im Landrat vier Stimmen, gleichviel wie jeder Bezirk.
Schwierigkeiten zwischen Kirche und Staat im 19. Jahrhundert
Bis zu Beginn des 19. Jahrhunderts war das Schulwesen fast ausschließlich Sache der Kirche. Erst 1825 begann sich der Staat um den Primarschulunterricht zu kümmern. Eine Umfrage ergab, dass im Oberwallis 52 Geistliche unterrichteten und nur 11 Laien, im Unterwallis dagegen 90 Laien und nur 7 Geistliche. In den meisten Pfarreischulen stand neben der Christenlehre nur Lesen, Schreiben und Rechnen auf dem Programm. Ein Dekret von 1827 führte die allgemeine Schulpflicht der Kinder im Alter von 7 bis 14 Jahren ein und sah in allen Pfarreien die Gründung von Schulen mit einer Dauer von mindestens fünf Monaten und Ausbildungskurse für Lehrer vor.
Als 1831 mehr als zwei Drittel des Schweizervolkes und elf Kantone eine neue liberale Verfassung angenommen hatten, witterten auch die Liberalen im Unterwallis Morgenluft. Das Ringen um eine neue Kantonsverfassung steigerte sich so sehr, dass es 1839 im Wallis zwei Verfassungen, zwei Parlamente und zwei Regierungen gab. Trotz Vermittlungsversuchen durch die Eidgenossenschaft kam es 1840 zum Bürgerkrieg, der von den Liberalen gewonnen wurde.
Erst unter Bischof Adrian Jardinier kam 1879 ein Konkordat zu Stande. Der Staat verpflichtete sich die gesetzlichen Bestimmungen gegen die Kirche aufzuheben und für die geraubten Kirchengüter im Wert von über einer Million einen symbolischen Betrag von 55'000 Franken zu leisten. Der Heilige Stuhl verweigerte zwar die Zustimmung zu diesem Vertrag, erlaubte aber dem Bischof, alle Beteiligten von den Kirchenstrafen loszusprechen. Der Friede zwischen Kirche und Staat wurde am ersten Fastensonntag 1881 im ganzen Bistum mit einem "Te Deum" gefeiert.
Das Bistum im 20. und 21. Jahrhundert
Jules-Maurice Abbet (1901-1918) war der letzte Bischof von Sitten, der vom Großen Rat gewählt wurde. Seine große Sorge galt
den Priestern, für die er Priesterberufskasse gründete. Während seiner Amtszeit wurden mehr als 30 Kirchen und Kapellen gebaut und mehrere Pfarreien gegründet.
Viktor Bieler (1919-1952) war bischöflicher Kanzler und Professor für Kirchenrecht und Kirchengeschichte am Priesterseminar in Sitten, bevor er am 26. Mai 1919 zum Bischof von Sitten, ernannt wurde - nachdem das Dormkapitel und der Große Rat auf ihr Wahlrecht verzichtet hatten. 1926 führte er eine Diözesan-Synode durch -die erste nach 1626!- und gab neue Synodalstatuten heraus. Nach dem Einmarsch der Nazis in Österreich gewährte er den Jesuiten vom Canisianum in Innsbruck Asyl, damit sie den Universitätsbetrieb in Sitten weiter führen konnten. Er ließ die Kathedrale in Sitten vergrößern und renovieren und schrieb eine Abhandlung über die Beziehungen von Kirche und Staat.
Franziskus Nestor Adam (1952-1977) trat 1922 als Novize bei den Chorherren vom Großen St. Bernhard ein. Er war Novizenmeister auf den Großen St. Bernhard, Rektor und Probst, bevor er am 18. August 1952 zum 81. Bischof von Sitten ernannt wurde. Sein Episkopat wurde geprägt durch das zweite Vatikanische Konzil 1962-1965 und die Diözesan-Synode 1972- 1976, an der erstmals auch die Laien teilnehmen konnten.
Heinrich Kardinal Schwery (1977-1995) war elf Jahre lang Professor am Kollegium in Sitten und einige Jahre auch Direktor des Kleinen Seminars, bevor er am 22. Juli 1977 zum Bischof von Sitten ernannt wurde. Die Bischofsweihe empfing er am 17. September 1977. Während zwei Amtsperioden war er Präsident der Schweizerischen Bischofskonferenz. Wie seine Vorgänger visitierte er mehrmals alle Pfarreien, organisierte die Seelsorgsregionen und führte 1992 im Bistum das Ständige Diakonat ein. Zu den schmerzlichen Ereignissen während seines Episkopates zählte zweifellos die Auseinandersetzung mit den Traditionalisten unter Erzbischof Marcel Lefèvre, der in Ecône ein Seminar gründete. Trotz intensiven und langjährigen Verhandlungen kam es 1988 zum Schisma mit Rom, weil Lefèvre die Beschlüsse des zweiten Vatikanischen Konzils nicht annehmen wollte. Zu den Höhepunkten in seiner Zeit als Bischof gehörte sicherlich der Empfang von Papst Johannes Paul II. in Sitten zum Abschluss dessen Besuchs in der Schweiz am 16./17. Juni 1984. Am 29. Juni 1991 wurde Schwery von Papst Johannes Paul II. zum Kardinal kreiert. Er ist der zweite Kardinal des Bistum Sitten. Nach 18-jähriger Amtszeit trat Kardinal Heinrich Schwery 1995 als Bischof von Sitten zurück.
Auf ihn folgte Norbert Brunner (1995-2014). Brunner studierte Moraltheologie und Kirchenrecht, war Lehrer und Internats-Vizepräfekt am Kollegium Schwyz, bevor er ins Wallis zurückkehrte, wo ihn Bischof Nestor Adam 1972 zum bischöflichen Kanzler ernannte, was er bis 1987 blieb. Da Adams Nachfolger, Heinrich Schwery, die ganze bischöfliche Verwaltung umstrukturieren wollte, ernannte er Brunner zum Finanzverwalter des Bistums und gleichzeitig zum Domherrn an der Kathedrale. 1991 wurde Brunner Generalvikar des Bistums und damit der Stellvertreter des Walliser Oberhirten. Durch diese Tätigkeit in der Diözese verschaffte er sich einen umfassenden Überblick aller Aufgaben im Bistum.
Nach Schwerys gesundheitlich bedingtem Rücktritt ernannte ihn Papst Johannes Paul II. 1995 zum Bischof von Sitten. Er selber charakterisierte sich als "weder konservativ noch progressiv". Schwerpunkte setzte Bischof Brunner mit einer vertieften Tätigkeit in der Familienseelsorge, in einer erneuerten, auch mit Laien bestrittenen Seelsorge und in der Katechese sowie der Regelung des Religionsunterrichtes mit dem Erziehungsdepartement.
Er unterstrich in einem Interview, dass er, wenn es darum gehe, Gutes zu bewahren, eher als konservativ einzustufen sei, in der Praxis aber je nach Situation durchaus progressiv handeln und entscheiden könne. Dass sich Brunner nicht so leicht schubladisieren ließ, zeigte sich schon kurz nach seiner Weihe, als er sagte, dass er die Abschaffung des priesterlichen Zölibats und die Priesterweihe für verheiratete Männer (viri probati) aus "theologischen Gründen und von der Kirchenverfassung her für möglich" halte.
2013 gab Brunner seinen Rücktritt bekannt, den Papst Franziskus 2014 annahm. Seither lebt der AltBischof im Domherrenhaus in Sitten, von wo er regelmässige Aushilfen in den Pfarreien im Unter- und Oberwallis übernimmt.
Seit 2014 wird das Bistum Sitten von Bischof Jean-Marie Lovey geleitet.