Vatikanexperte gibt Einblicke in die päpstliche Amtseinführung

"Nur eine Ausdeutung des Amtes"

Die offizielle Amtseinführung des Oberhaupts der katholischen Kirche steckt voll Symbolik und Tradition. Über Lämmer auf den Schultern des Papstes und Autobomben in der Via della Conciliazione spricht Vatikanexperte Ulrich Nersinger.

Autor/in:
Carsten Döpp
Papst Leo XIV. erhält während der Messe zur Amtseinführung das Pallium
Papst Leo XIV. erhält während der Messe zur Amtseinführung das Pallium

DOMRADIO.DE: Papst Leo XIV. bekommt heute seine Insignien verliehen. Von welchen Zeichen sprechen wir genau?

Ulrich Nersinger / © privat
Ulrich Nersinger / © privat

Ulrich Nersinger (Vatikanexperte und Autor): Es sind zwei Insignien, das Pallium und der Fischerring. Das Pallium ist eine Wollbinde, die um die Schultern gelegt wird. Es trägt schwarze Kreuze, hat zwei Bänder, wovon eins vorne und eins hinten herunterfällt, und wird mit kostbaren Nadeln festgesteckt. 

Das Pallium ist die ursprüngliche Insignie des Papstes. Später hat er es auch den Metropolitan-Erzbischöfen aus Verbundenheit mit dem Heiligen Stuhl überreicht. Wenn wir an einem besonders hohen Fest zum Beispiel in den Kölner Dom gehen, trägt auch der Erzbischof von Köln dieses Pallium.

DOMRADIO.DE: Woher stammen diese Zeichen und wer stellt sie her?

Nersinger: Das Pallium ist ein Zeichen, das auf die römische Kaiserzeit zurückgeht. Es war ursprünglich ein Teil der Oberbekleidung des römischen Kaisers, das er dem Papst als Zeichen übergeben haben soll. 

Es wird nach dem 21. Januar hergestellt, denn dann werden in der römischen Kirche Sant’Agnese fuori le mura zwei Lämmer geweiht, aus deren Wolle das Pallium unter anderem hergestellt wird. Das steht symbolisch dafür, dass derjenige, der das Pallium trägt, das Lamm und damit die Herde Christi auf den Schultern trägt. 

Der Fischerring soll die Autorität des Petrus, des ersten Papstes, symbolisieren und wird für jeden einzelnen Papst neu angefertigt.

DOMRADIO.DE: Warum ist es wichtig, dass jeder Papst seinen eigenen Fischerring erhält?

Nersinger: Der Ring soll die eigene Persönlichkeit des Papstes ausdrücken. Man sieht heute, dass diese Fischerringe unterschiedlich gestaltet sind. Manche zeigen den Heiligen Petrus mit einem Fischernetz. Diesmal zeigt er vornehmlich das Bildnis des Heiligen Petrus. 

Nach dem Tod des Papstes wird dieser Fischerring ungültig gemacht, indem man mit einem Diamantenschreiber über das Siegel geht. Denn dieser Ring wird auch als Siegelring für die wichtigsten päpstlichen Dokumente benutzt.

Ulrich Nersinger

"Der Heilige Vater wollte den Gläubigen auf irgendeine Weise nah sein"

DOMRADIO.DE: Papst Leo XIV. ist vor dem Einführungsgottesdienst bereits im Papamobil durch die Menge bis zum Petersplatz gefahren. Ist das etwas Besonderes?

Nersinger: Das ist eine Neuerung. Der Heilige Vater hat gewünscht, die Gläubigen begrüßen zu können. Der Petersplatz ist riesig und die Menschen stehen bis in die Via della Conciliazione hinein. 

Natürlich können sie die Messe auf Bildschirmen verfolgen, aber der Heilige Vater wollte den Gläubigen auf irgendeine Weise nah sein. Dafür hat er die Fahrt durch die Reihen der Gläubigen in Kauf genommen.

Ulrich Nersinger

"Alle Macht bekommt der Papst bereits, wenn er die Wahl im Konklave annimmt"

DOMRADIO.DE: Von dieser Fahrt im Papamobil einmal abgesehen: Hatte ein Papst auch schon Sonderwünsche für seine Amtseinführung?

Nersinger: Eigentlich nicht. Man hat diese Einführungsfeier im Laufe der Zeit verändert. Bis 1963 bestand sie eigentlich aus der Krönung der Päpste. Man muss sich vor Augen halten, dass diese Einführungsmesse eigentlich nichts Besonderes ist. Alle Macht bekommt der Papst bereits, wenn er die Wahl im Konklave annimmt. 

Damit bekommt er die gesamte Autorität, die gesamte Vollmacht des Petrus‘. Alles, was heute geschieht, sind ausdeutende Zeichen. Auch die Krönung hat dem Papst früher nichts Neues hinzugegeben, sondern war eine Ausdeutung des Amtes.

DOMRADIO.DE: Der Tag der Amtseinführung ist ganz genau geplant, auch weil so viele prominente Gäste in der Stadt sind. Gab es auch schon Amtseinführungen, bei denen dieser Ablauf durcheinandergeraten ist?

Nersinger: Da fällt mir nur ein Ereignis ein: 1978 bin ich mit einem Schulkameraden spontan zur Amtseinführung von Johannes Paul I. nach Rom gefahren. Bei dieser Feier waren auch Staatsgäste anwesend, die nicht sehr beliebt waren – etwa der argentinische General Videla. Gegen ihn gab es Proteste in Rom. 

Bei der Feier sahen wir auf einmal, dass am Anfang der Via della Conciliazione Autobomben gezündet wurden. Wir hörten Detonationen und sahen Rauch hochsteigen. In den 1970er Jahren, den sogenannten "Anni di piombo", gab es in Italien viele Entführungen und Ermordungen, deshalb war das schon fast nichts Besonderes mehr. Die Menge auf dem Petersplatz hat jedenfalls wenig aufgeregt reagiert, weil das in der damaligen Zeit, so schlimm es klingt, fast normal war.

DOMRADIO.DE: Was passiert nach der Amtseinführung? Gibt es für die prominenten Gäste ein gemeinsames Mittagessen, oder ein Zusammentreffen mit dem Papst?

Nersinger: Wir wissen, dass der Papst nach der Messe in St. Peter vor der Confessio am Grab des Heiligen Petrus Aufstellung nimmt und die Staatsoberhäupter und offiziellen Delegationen begrüßt. Was danach geschieht, ist vermutlich den einzelnen Delegationen überlassen.

Das Interview führt Carsten Döpp.

Robert Francis Prevost (Papst Leo XIV.)

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Robert Francis Prevost gilt als ein Kardinal der Mitte. Obwohl US-Amerikaner ist der Ordensmann in Rom, der Kurie und der Weltkirche zu Hause. Zuletzt leitete der 69-Jährige die Vatikanbehörde für Bischöfe, quasi die Personalabteilung der katholischen Weltkirche. In dieser Funktion war Prevost in den vergangenen zwei Jahren zuständig für einen Großteil der Bischofsernennungen weltweit.

Papst Leo XIV / ©  Andrew Medichini/AP (dpa)
Papst Leo XIV / © Andrew Medichini/AP ( dpa )
Quelle:
DR

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